Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
erledigen.«
    »Danke.« Marsh brachte seine Teetasse mit einem Fingernagel zum Klingen. »Es ist furchtbar.«
    »Gibt es irgendwas, was Sie uns über Ihre Schwester sagen können, das uns weiterhelfen könnte?«
    Ping, ping. »Was würden Sie gern wissen?«
    »Fangen wir doch damit an, wann Christi nach L.A. gezogen ist.«
    »Das kann ich nicht genau sagen, aber sie hat mich vor ungefähr einem Jahr angerufen, um mir zu sagen, dass sie hier war.«
    »Ihr beide stammt aus Minnesota?«
    »Aus Baudette, Minnesota«, sagte Marsh. »Die Walleye-Hauptstadt der Welt. Leute, die sich irgendwie dorthin verirren, werden zusammen mit Willie Walleye fotografiert.«
    »Mit einem Fisch.«
    »Ein dreizehn Meter hohes Modell von einem Fisch. Ich bin da so schnell weg, wie ich konnte. Hab an der Oregon State studiert, ein paar Jahre in Portland an einer Grundschule unterrichtet, bis ich genug Geld gespart hatte, um wieder an die Universität zu gehen und Geschichte zu studieren.«
    »Geschichte«, wiederholte Milo.
    »Wer die Vergangenheit vergisst, ist dazu verdammt … und so weiter.«
    »Spielte die Tatsache, dass Sie in Santa Barbara studieren, eine Rolle bei der Entscheidung Ihrer Schwester, nach Kalifornien zu ziehen?«, fragte ich.
    »Es wäre nett, wenn ich ja sagen könnte«, erwiderte Marsh, »aber ich bezweifle es stark. Wir haben uns in dem ganzen Jahr genau zweimal getroffen. Und vielleicht dreioder viermal telefoniert. Und wir standen schon lange nicht mehr miteinander in Verbindung, bevor Christi Minnesota verließ.«
    »Diese beiden Male«, sagte ich.
    »Das war hier in L.A. Ich nahm an Symposien teil und hab sie angerufen. Eigentlich hab ich sie dreimal angerufen, aber einmal war sie beschäftigt.«
    »Beschäftigt womit?«, fragte Milo.
    »Das hat sie nicht gesagt.«
    »Wo haben Sie sie getroffen?«
    »Wir haben in meinem Hotel zu Abend gegessen.«
    »In welchem Hotel?«
    »Ist das wichtig?«, fragte Marsh.
    »Alles könnte wichtig sein, Sir.«
    »Sie sind der Fachmann … mal sehen, eins war das Holiday Inn in Pasadena, das andere war das Holiday Inn in Westwood. Christi hat mich im Hotelcafé getroffen und war völlig unpassend angezogen. Für eine Zusammenkunft von Akademikern, meine ich. Sie hat zwar an keiner Veranstaltung teilgenommen, aber das … in dem Hotel wimmelte es von Akademikern.«
    »Und sie sah nicht akademisch aus«, sagte Milo.
    »Ganz und gar nicht.«
    »Inwiefern unpassend?«, fragte ich.
    »Ich möchte wirklich nicht schlecht von meiner Schwester sprechen.«
    »Ich verstehe.«
    Marsh schnippte noch ein paarmal gegen seine Tasse. »Beide Male trug sie rückenfreie Oberteile, sehr, sehr kurze Röcke, Pfennigabsätze und jede Menge Make-up.« Marsh seufzte. »Es standen lauter Dozenten herum, die Leute starrten sie an. Beim ersten Mal hab ich nichts gesagt, weil ich mir dachte, dass sie nicht wusste, was sie da erwartete. Beim zweiten Mal hab ich ihr gegenüber eine Bemerkung gemacht, und das Essen war eine sehr angespannte Angelegenheit. Sie kürzte es ab, verkündete, sie müsse gehen, und marschierte einfach raus, ohne sich zu verabschieden. Ich hab nicht versucht, ihr zu folgen. Später hab ich begriffen, dass ich mich wie ein zimperlicher Trottel benommen hatte, und sie angerufen, um mich zu entschuldigen, aber sie hat nicht zurückgerufen. Ich hab’s noch mal versucht, aber zu der Zeit war der Anschluss schon stillgelegt. Einen Monat später meldete sie sich bei mir und erwähnte unsere letzte Begegnung mit keinem Wort. Ich fragte sie nach ihrer neuen Nummer, aber sie sagte, dass sie im Voraus bezahlte Mobiltelefone benutzte - Wegwerfapparate, so dass es keinen Sinn hatte, sich die Nummer zu merken. Davon hatte ich noch nie gehört.«
    »Hat sie gesagt, warum sie diese Apparate benutzt?«
    »Sie sagte, es sei einfacher. Ich nahm an, das sollte heißen, dass ihre Kreditwürdigkeit für einen Festnetzanschluss nicht ausreichte. Oder dass sie keine dauerhafte Wohnung hatte.«
    »Dass sie auf der Straße lebte?«
    »Nein, ich glaube, sie wohnte irgendwo, aber nicht längere Zeit an einem bestimmten Ort. Ich versuchte, das herauszufinden, aber sie weigerte sich, es mir zu sagen. Meiner Meinung nach hieß das, dass sie glaubte, ich wäre damit nicht einverstanden.« Ping, ping. »Das stimmte vermutlich auch. Christi und ich sind sehr unterschiedlich.«
    »Sie hat Sie angerufen, um die Verbindung wieder herzustellen«, sagte ich.
    »Sie brachte es fertig, mich am historischen Seminar ausfindig

Weitere Kostenlose Bücher