Im Sog der Angst
kehrte in den Motorradladen zurück und kam in einem kurzärmligen schwarzen Seidenhemd wieder heraus, das lose über derselben Jeans hing.
»Er hat es nicht in den Hosenbund gesteckt«, sagte ich. »Ob er wohl bewaffnet ist?«
»Würde mich nicht wundern.«
Ich legte einen neuen Film ein und fotografierte Degussa und Hacker, als sie in den Explorer stiegen. Der Geländewagen wendete, fuhr auf den Washington Boulevard zurück, an der Inglewood nach Süden und hielt unmittelbar vor dem Culver Boulevard vor einer Bar mit dem Namen Winners am Bordstein.
Eins dieser lehmfarbenen Meisterwerke aus Schlackesteinen mit einem Bud-Schild in dem einzigen, mit Fliegenscheiße übersäten Fenster und einem Transparent über der Tür, das mit HAPPY HOUR COCKTAILS warb. Milo erblickte einen freien Parkplatz auf der anderen Straßenseite, zehn Meter weiter im Norden. Er machte ein illegales Wendemanöver und stellte den Wagen ab.
Ich fotografierte die Vorderseite der Bar.
»Die ist so klein, dass wir sofort auffallen, wenn wir reingehen«, sagte Milo. »Also warten wir einfach.«
Eine Stunde später waren Hacker und Degussa immer noch nicht zum Vorschein gekommen. Nach einer halben Stunde hatte Milo einen kleinen Spaziergang riskiert, um einen Blick auf die Rückseite der Bar zu werfen.
»Der Hinterausgang ist verriegelt. Irgendwann müssen sie vorne rauskommen.«
Während wir dasaßen, rief er Sean Binchy noch zwei Mal an. Bis jetzt war er auf keine Hinweise gestoßen, dass Jerome Quick und Angela Paul irgendwohin geflogen wären.
Jerry und Angie.
Gavin und Christi.
Dass der Apfel nicht weit vom Stamm fiel, hatte hier einen Albtraum ausgelöst, und ich ertappte mich dabei, Mitleid für Quick zu empfinden, egal, was er sonst noch getan hatte.
Milo schimpfte: »Kein Eintrag an der Grenze nach Mexiko, aber was zum Teufel hat das schon zu sagen? Nach dem elften September sollte man doch meinen, dass sie jeden verdammten Wagen registrieren, aber von wegen, es ist immer noch dieser blöde Zufalls scheiß. Womit sie ein dickes fettes Loch lassen, durch das Quick rausmarschieren kann.«
Ich wollte ihn gerade meiner Anteilnahme versichern, als mir eine Bewegung vor dem Winners auffiel.
»Die Party beginnt«, sagte ich.
Hacker und Degussa und zwei Frauen standen auf dem Bürgersteig und warteten darauf, dass ihre Pupillen sich an das Licht gewöhnten.
Eine Blondine, eine Brünette, beide Ende dreißig. Auftoupierte Haare, breite Hüften, schwerer Busen. Die Blondine trug ein schwarzes Top zu einer hautengen Jeans. Das Top der Brünetten war rot. Hochhackige Sandaletten verliehen beiden einen trippelnden, den Hintern schwenkenden Gang. Alkohol machte ihn noch etwas wackliger.
Gesichter, die einmal hübsch gewesen waren, hatten stark unter falschen Entscheidungen gelitten.
Hacker blieb stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden, und Degussa legte seine Arme um beide Frauen. Umfasste ihre Brüste mit den Händen. Die Blondine warf den Kopf in den Nacken und lachte. Die Brünette griff spielerisch nach seinen Geschlechtsteilen.
»Die haben Klasse«, sagte Milo.
Die vier stiegen in den Explorer und kehrten zu Hackers Wohnung zurück, fuhren mit dem Wagen durch ein elektrisch gesteuertes Tor in die Tiefgarage.
»Zeit für die Party«, sagte Milo. »Und ich bin wieder nicht eingeladen.«
43
Der Verwalter des Hauses war ein Mann in den Sechzigern, der Stan Parks hieß. Er trug ein kurzärmliges weißes Hemd und eine graue Hose, seine Haare lichteten sich, und sein Mund verriet Missbilligung. Hinter seinem Schreibtisch hing ein dreißig Jahre altes Ingenieursdiplom von der Caltech. Sein Büro lag im Erdgeschoss neben dem Aufzug, und das Rattern des Lifts erschütterte den Raum in unregelmäßigen Intervallen.
»Hacker hat keinen Mietvertrag«, sagte er, »er bezahlt jeden Monat mit Scheck. Für sich und seinen Mitbewohner.«
»Raymond Degussa?« »Raymond Soundso. Ich sehe nach.« Parks tippte auf die Tasten eines Laptops. »Ja, Degussa.«
»Ist er zur selben Zeit eingezogen wie Hacker?« »Zwei Monate später. Hacker hat es mit mir abgeklärt. Ich hab ihm gesagt, es gäbe keinen Untermieter, der Scheck müsse von ihm kommen, keine geteilten Verpflichtungen.«
»Wie sind sie als Mieter?« »Sie sind okay. Die Monatlichen sind es normalerweise, die einem Schwierigkeiten machen. Ich ziehe Mietverträge vor, aber die Wohnung ist keine unserer besten und hat lange Zeit leer gestanden.«
»Was stimmt damit nicht?«
»Es
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