Im Sog der Angst
stapelte sich auf einem Nachttisch.
Er ließ sie auf einem der Betten Platz nehmen. »Was macht das Studium?«
»Es ist schwer, sich zu konzentrieren.«
»Gehen Sie im Herbst zurück nach Boston?«
»Wer weiß.«<
»Das hier muss nicht kompliziert werden, Kelly.«
»Glauben Sie?«, sagte sie und lachte hilflos.
»Wie lange haben Sie vor, so zu leben? Sich um Ihre Mutter zu kümmern?«
Kellys dunkle Augen blitzten. »Ich kümmere mich nicht um sie. Sie ist … man kann sich nicht um sie kümmern, man kann sie nur beobachten.«
»Dafür sorgen, dass sie sich nicht wehtut.«
»Egal was.«
»Sie braucht richtige Hilfe, Kelly«, erklärte ich. »Und Sie müssen Ihr eigenes Leben führen.«
Sie funkelte mich an. Schaum bildete sich in ihren Mundwinkeln. »Wenn Sie so verdammt schlau sind, sagen Sie mir doch, wie ich das tun soll.«
»Rufen wir doch Ihre Tante an …«<
»Eileen ist ein Biest.«
»Sie ist außerdem erwachsen und lebt in Kalifornien. Sie müssen zurück nach Boston gehen.«
»Wie Sie meinen.« Blinzel, blinzel.
»Wir können Ihnen dabei helfen«, sagte ich.
»Sicher können Sie das.«
»Wohin ist Ihr Dad unterwegs?«, fragte Milo.
»Ich scheiß auf Ihre Hilfe - lassen Sie mich in Ruhe.«
»Das T-Shirt«, sagte Milo. »Hat Dad es Ihnen geschenkt?«
Keine Antwort.
»Ich hab ein bisschen recherchiert, Kelly. Habe eine Webseite gefunden, wo er sich für sein Army-Treffen eingetragen hat. Auf der Seite stand allerdings nicht, dass er in einer Einheit der Special Forces war. Ausgebildet als Scharfschütze.«
Kelly schloss die Augen.
Milo sagte: »Ich war selbst in Vietnam und kenne die Einheit. Er war in einigen ziemlich brenzligen Situationen.«
»Davon weiß ich nichts.«
»Ich wette, dass Sie davon etwas wissen, Kelly. Ich wette, Dad hat Ihnen einiges erzählt.«
»Diese Wette würden Sie verlieren.«
»Die andere Sache, die meine Recherche ergeben hat: Offenbar ist niemand in der Lage, einen Beleg dafür zu finden, dass Ihr Vater je mit Metallen gehandelt hat. Wir wissen, womit er in Wirklichkeit seinen Lebensunterhalt verdient hat. Seinen letzten freiberuflichen Job hatte er von einem afrikanischen Gentleman. Hat er Ihnen davon erzählt? Hat er Ihnen gesagt, was er tut, um die Rechnungen zu bezahlen?«
Sie wandte sich von uns ab. »Er war Geschäftsmann. Er hat uns finanziell unterstützt.«
»Und wo ist er jetzt?«
Sie schüttelte den Kopf.
»In Brasilien«, sagte Milo. »Mit einer jungen Frau, die nicht viel älter ist als Sie.«
»Das ist sein gutes Recht«, platzte Kelly heraus. »Er hat sein Bestes gegeben bei … ihr. Meiner Mom. Sie wissen nicht, wie das ist.«
»Mom ist ein zäher Brocken.«
»Mom ist …« Sie warf die Hände in die Luft. »Sie ist, wer sie ist.«
»Das ist genau der Grund, warum Sie nicht dazu gezwungen sein sollten, ihre Krankenschwester zu sein.«
»Ich bin nicht ihre Krankenschwester. Sie wissen nicht, wovon Sie reden.«
»Sehen Sie«, sagte Milo, »es ist nur eine Frage der Zeit. Wir werden weitergraben, und wir werden herausfinden, woher er sein Geld hat und wo er es aufbewahrt. Wenn das passiert, ist der Hahn zur finanziellen Unterstützung Ihrer Mutter abgedreht.«
Kelly sah ihn direkt an. »Warum tun Sie das? Mein Bruder ist tot, und meine Mutter ist krank, und er ist verschwunden. Hab ich nicht mein eigenes Leben verdient?«
»Doch, das haben Sie. Das haben Sie allerdings.«
»Dann lassen Sie mich in Ruhe!«, schrie sie. »Lasst mich alle in Ruhe!« Sie legte sich aufs Bett, rollte sich zusammen, verzog das Gesicht und begann auf die Matratze einzuschlagen.
Milo sah mich hilflos an.
»Gehen wir«, sagte ich.
Wir machten in einem Lokal am Colorado Boulevard Station, um einen Kaffee zu trinken und zu theoretisieren.
»Protais Bumaya hat existiert«, sagte er. »Du hast ihn gesehen, ich habe ihn gesehen. Aber nirgendwo gibt es irgendwelche Unterlagen darüber, dass er eingereist oder ausgereist ist, und diese Namen, die er uns gegeben hat - seine angeblichen Freunde? Gibt’s nicht. Ich hab mir vorher nie die Mühe gemacht, das zu überprüfen. Der Typ hat mich hinters Licht geführt.«
»Er hat sich wahrscheinlich an eine Art diplomatischer Mission drangehängt.«
Er zielte mit einem Zeigefinger auf mich. »Noch ein Treffer. Tatsächlich ist im vergangenen Monat eine Handelsdelegation aus Ruanda durchs Land gezogen. Bumayas Name stand nicht auf der Liste, aber was soll das schon heißen? Und Mr. McKenzie, der vormalige Konsul
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