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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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getan?«, fragte ich. »Nach einer Sendung, die sie im Radio gehört hat, anrufen und sich einen Termin geben lassen?«
    Darüber dachte Van Dyne nach. »Ich hätte im Vorhinein nicht darauf gewettet, aber wer weiß? Was hat Koppel über Floras Therapie gesagt?«
    »Ich habe noch nicht mit ihr gesprochen«, antwortete Milo.
    »Vielleicht haben Sie mehr Glück als ich.« Van Dyne ließ die Hände in den Schoß fallen. »Ich habe sie ein paar Wochen nach dem Mord angerufen, als ich herausfand, dass Flora bei ihr in Behandlung gewesen war. Ich bin nicht mal sicher, was ich eigentlich wollte. Eine Erinnerung an Flora, nehme ich an. Vielleicht etwas Mitgefühl, es war eine grauenhafte Zeit. Aber, mein Gott, da bin ich wirklich an die Falsche geraten. Sie war alles andere als mitfühlend. Sie sagte, die ärztliche Schweigepf licht gestatte ihr nicht, mit mir zu reden, und legte auf. Sehr kurz angebunden. Kein bisschen therapeutisch.«
    Als wir von der Schule wegfuhren, runzelte Milo die Stirn und zündete sich eine Panatella an. »Sensibler Bursche.«
    »Ist er dir in irgendeiner Weise merkwürdig vorgekommen?«
    »Nicht im kriminellen Sinn, aber ich wäre nicht gern mit ihm zusammen. Zu empfindlich.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Sie arbeitete bei der Bewährungshilfe, wo die Knackis sie nervös machten. Wir reden mit einem der Beteiligten und bekommen eine Information, die nicht in Lorraines Akte war.«
    »Lorraine Ogden und McKinley fanden diesen Umstand offenbar nicht sehr beeindruckend, weil seitdem mehr als ein Jahr vergangen war.«
    »Ich lasse mich leichter beeindrucken.«
    Wir kehrten ins Revier zurück, wo er sich Zugang zu Flora Newsomes Arbeitsunterlagen verschaffte und feststellte, wo das Büro der Bewährungshilfe lag, in dem sie fünf Monate lang als Büroangestellte gearbeitet hatte. Nicht in Downtown, sondern das Büro in North Hollywood. Eine halbe Stunde mit dem Auto vom Tatort entfernt.
    »Sie fällt einem Knastbruder auf, er folgt ihr nach Hause, überwacht ihre Wohnung. Bei ihr einzubrechen wäre für einen Profi keine große Herausforderung.«
    »Und wieder geht eine Resozialisierung schief«, sagte er. »Ich frage mich, was Dr. Koppel davon hält.« Er stand auf, streckte sich und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen.
    »Es gibt noch eine Möglichkeit«, sagte ich. »Der Knastbruder ist Flora nicht nach Hause gefolgt, sie kannte ihn schon. Das wäre der Grund dafür, dass es keine Anzeichen für einen Einbruch gab. Dass er kein Messer mitbringen musste. Vielleicht gab es außer Anpassungsschwierigkeiten noch andere Probleme, die Flora dazu veranlassten, eine Therapie zu machen.«
    »Eine nette, altmodische junge Frau lässt sich mit einem schlimmen Typen ein?«
    »Wenn sie ihrem Freund nichts von der Therapie sagte, könnte sie noch andere Geheimnisse vor ihm gehabt haben.«
    »Treibt es mit einem Knastbruder«, sagte er. »Verbotene Freuden. Schuldgefühle trieben sie in Koppels Arme.« Er starrte mich an. »Du bist wirklich ein kreativer Kopf.«
    Er begleitete mich durch das Revier und hinaus auf die Straße, warf einen Blick auf seine Timex. »Ich glaube, ich versuche mal mein Glück mit Koppel. Solo, weil es so aussieht, als gäbe es Spannungen zwischen euch beiden.«
    »Spannungen.« Ich lächelte.
    »Hey, ich hab ihn voll drauf, euren Jargon.«
    Später am Abend rief er an und sagte: »Wusstest du, dass Seelenklempner ihre Patientenakten nicht aufheben müssen?«
    »Koppel hat keine Unterlagen über Flora Newsomes Behandlung?«
    »Die sind einen Monat nach Newsomes Tod direkt in den Schredder gewandert. Koppel sagt, das sei völlig normal, jeder geschlossene Fall lande auf dem Müll. Andernfalls bekäme sie ein ›Lagerungsproblem‹. Außerdem, behauptet sie, trage es zum Schutz der Schweigepflicht bei, weil niemand ›zufällig‹ auf Patientenakten stoßen könne.«
    »Hat sie sich an irgendwas erinnern können, was Newsome angeht?«
    »Sogar an noch weniger, als sie für Ogden aus dem Hut zog. ›Ich habe so viele Patienten, Lieutenant.‹«
    »Aber diese Patientin wurde ermordet.«
    »Spielt keine Rolle.«
    »Sie hat dir das Leben schwer gemacht«, sagte ich.
    »Nicht an der Oberfläche. Sie war superfreundlich, nettes Lächeln, ungezwungene Art. Sie lässt übrigens Grüße ausrichten. Sagt, du wärst ein echter Gentleman.«
    »Ich bin gerührt. Hat sie dir irgendwas gegeben, womit du was anfangen kannst?«
    »Sie meint, sie könne es nicht mit Sicherheit sagen, aber sie glaube,

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