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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Psychologen, und er beriet mich und schickte mich zu einem Psychiater, der mir für kurze Zeit ein paar Antidepressiva verschrieb. Nach drei Monaten ging es mir viel besser, und ich setzte die Pillen ab. Nach zwei weiteren Monaten Therapie war ich bereit, auf eigenen Füßen zu stehen. Das hatte mich in die Lage versetzt, eine Beziehung mit Flora einzugehen. Daher wäre ich der Letzte, auf jemanden herabzusehen, der sich einer Psychotherapie unterzieht. Ich nehme an, Flora hat das anders gesehen.«
    »Glauben Sie, es war ihr peinlich?«
    Van Dyne nickte.
    »Haben Sie eine Ahnung«, fragte Milo, »warum sie sich behandeln ließ?«
    »Nicht die geringste. Und glauben Sie mir, ich habe darüber nachgedacht.«
    »Hatte sie sich gut eingefunden?«
    »Ich dachte schon.«
    »Zweifeln Sie jetzt daran?«
    »Ich vermute einfach, dass sie sich nach Hilfe umsah, weil es irgendein Problem gab. Es muss etwas gewesen sein, das Flora als schwerwiegend betrachtete. Flora war nicht der Typ, der um des Redens willen redete.«
    »Etwas Schwerwiegendes?«
    »Etwas ihrer Ansicht nach Schwerwiegendes.«
    »Haben Sie sich hier an der Schule kennen gelernt?«, fragte Milo.
    »Am ersten Unterrichtstag. Ich war gerade vom Valley hierher versetzt worden, und Flora begann mit ihrem Probejahr. Sie wurde einem anderen Lehrer zugeteilt, aber ich war derjenige, der ihr am Ende zeigte, wie der Hase lief. Ein Ding kam zum anderen …«
    Milo zog sein Notizbuch heraus und kritzelte hinein. Er wandte die Augen nicht von dem Blatt ab, als er fragte: »Haben Sie eine Idee, wer Ms. Newsome etwas hätte antun wollen?«
    »Ein Irrer«, erwiderte Van Dyne. »Kein vernünftiger Mensch würde tun, was ich gesehen habe. Es … hat mir den Magen umgedreht.«
    »Hat Flora je davon gesprochen, dass sie vor jemandem Angst hätte?«, fragte Milo. »Jemand, der sie belästigte, ihr nachstieg, etwas in der Art?« Er rückte mit seinem großen Körper näher an Van Dyne heran. Und benutzte ihren Vornamen.
    »Nie. Aber angesichts der Tatsache, dass sie ihre Therapie geheim gehalten hat, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob sie nicht noch etwas anderes verheimlicht hat.«
    »Machte sie je einen verängstigten oder übertrieben nervösen Eindruck?«
    »Zu wissen, dass man nur auf Probe eingestellt ist, kann ein wenig stressig sein. Wer lässt sich schon gerne beurteilen? Aber sie machte sich ausgezeichnet und wäre bestimmt übernommen worden. Schülern etwas beizubringen bedeutete eine Menge für sie. Sie hat zu mir gesagt, dass alles, was sie früher gemacht hat, für sie nur ein Job war, aber das hier wäre ihre Berufung.«
    »In was für Jobs hat sie sonst noch gearbeitet?«, fragte ich.
    »Hauptsächlich Bürojobs. Sie hat als Anwaltsgehilfin in einer Kanzlei gearbeitet, bei der Bewährungshilfe, dann war sie Büroleiterin für eine Softwarefirma, die pleite gegangen ist. Abends hat sie für ihre Prüfungen gelernt.«
    »Die Bewährungshilfe in Downtown?«, fragte Milo.
    »Das hat sie nicht gesagt, nur dass sie dort nicht gern gearbeitet hat. Zu viele unheimliche Gestalten gingen da ein und aus. Ich glaubte, das könnte wichtig sein, und hab es den anderen Detectives erzählt, aber sie schienen nicht meiner Meinung zu sein. Weil Flora dort schon lange nicht mehr gearbeitet hatte.«
    »Unheimliche Gestalten?«
    »Das war ihre Formulierung«, erwiderte Van Dyne. »Sie wollte nicht darüber reden.« Er verschränkte die Hände vor der Brust, als wolle er sein Herz abschirmen. »Sie müssen, was Flora betrifft, verstehen, dass sie kein besonders redseliger Mensch war. Auf den ersten Blick nicht sehr kontaktfreudig oder leidenschaftlich.« Er leckte sich die Lippen. »Sie war sehr … konventionell, eher wie jemand aus der Generation meiner Mutter.«
    »Konservativ.«
    »Ausgesprochen. Deshalb war ich so überrascht, als ich hörte, sie habe eine Therapie gemacht.«
    »Und Sie haben keine Idee«, fragte Milo, »was sie beunruhigt haben könnte?«
    »Sie machte einen glücklichen Eindruck«, antwortete Van Dyne. »Das tat sie wirklich.«
    »Wegen ihrer Hochzeit.«
    »Wegen allem. Sie war sehr reserviert, Lieutenant. Eine altmodische junge Frau.« Van Dynes Finger trennten sich, aber seine Hände blieben auf seiner Brust liegen. »Haben Sie mit ihrer Psychotherapeutin gesprochen? Dr. Mary Lou Koppel, sie ist eine von diesen Leuten, die im Radio auftreten. So hat Flora sie vermutlich gefunden, indem sie sie im Radio gehört hat.«
    »Hätte Flora so etwas wirklich

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