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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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war fünf Minuten Autofahrt von Mary Lou Koppels Praxis entfernt. Falls Flora Newsome von ihrer Wohnung in Palms aus zur Therapie gefahren war, hätte sie länger gebraucht, aber nicht viel. Zwanzig Minuten bei dichtem Verkehr.
    Die stellvertretende Schulleiterin war eine Schwarze namens Lavinia Robson, die einen Doktor in Erziehungswissenschaften und ein angenehmes Auftreten hatte.
    Sie ließ sich unsere Ausweise zeigen, stellte die richtigen Fragen, drückte einen Knopf an der Gegensprechanlage und bestellte Brian Van Dyne in ihr Büro.
    »Kaffee?«, fragte sie.
    »Nein danke.«
    »Flora war eine nette Person, wir waren alle untröstlich. Gibt es neues Beweismaterial?«
    »Leider nein, Dr. Robson. Aber manchmal ist es ganz hilfreich, einen neuen Blick darauf zu werfen.«
    »Das trifft auch auf die Pädagogik zu - ah, da ist Brian ja.«
    Flora Newsomes früherer Freund war ein großer, schmalschultriger Mann von Mitte dreißig mit schütterem blondem Haar und einem dünnen Schnurrbart, der die Farbe von Haferschleim hatte. Sein Teint verriet eine Abneigung gegen Sonnenschein. Er trug ein grünes Hemd, eine Khakihose, eine braune Wollkrawatte und Wanderschuhe mit Gummisohlen. Eine Brille mit dicken Gläsern verlieh seinen Augen einen erstaunten Blick. Wenn man seinen echten Schock angesichts unserer Anwesenheit hinzunahm, sah er aus wie ein Mann, der auf einem fremden Planeten gelandet war.
    »Flora?«, flüsterte er. »Nach all dieser Zeit?« Seine Stimme klang kraftlos.
    Lavinia Robsons Telefon klingelte. »Brian, Pat kommt heute nicht mehr zurück. Gehen Sie doch mit diesen Herren in ihr Büro.«
    Die abwesende Patricia Rohatyn war die Erziehungsberaterin der Schule. Ihr winziges Büro hatte einen Linoleumboden, enthielt eine Unmenge von Büchern und Spielen und roch nach Radiergummi. Die Klimaanlage klapperte.
    Zwei Stühle in Kindergröße standen vor einem mit Papieren übersäten Schreibtisch. Brian Van Dyne sagte: »Setzen Sie sich schon mal«, und ging einen dritten holen. Er kam zurück und ließ sich uns gegenüber auf einem normal großen Stuhl nieder. Er versuchte nicht, uns zu überragen, sondern sackte zusammen, damit er auf einer Höhe mit uns war.
    »Es ist äußerst seltsam, dass Sie heute hierher gekommen sind«, sagte er. »Ich habe mich erst gestern verlobt.«
    »Meinen Glückwunsch«, erwiderte Milo.
    »Nach Flora war ich lange Zeit nicht in der Stimmung für eine neue Beziehung. Schließlich gab ich dem Drängen meiner Schwester nach und ließ mich von ihr zu einem Rendezvous mit einer Unbekannten bewegen.« Er lächelte wehmütig. »Karen - meine Verlobte - weiß nicht, was mit Flora im Einzelnen passiert ist. Nur dass sie gestorben ist.«
    »Das muss sie auch nicht wissen.«
    »Ganz genau«, sagte Van Dyne. »Ich habe immer noch Schwierigkeiten damit. Daran zu denken. Ich war derjenige, der sie gefunden hat … Was führt Sie zu mir? Haben Sie endlich einen Verdächtigen?«
    Milo schlug die Beine übereinander, wobei er sich bemühte, nicht einen Stapel von Brettspielen umzustoßen. »Wir überprüfen den Fall noch einmal, Sir. Gibt es irgendetwas, das Ihnen eingefallen ist, seitdem die ersten Detectives mit Ihnen gesprochen haben?«
    »Überprüfen«, sagte Van Dyne enttäuscht. »Nein, nichts.« Er rieb sich den Nasenrücken. »Warum ist der Fall wieder aufgerollt worden?«
    »Er ist nie abgeschlossen worden, Sir.«
    »Oh«, sagte Van Dyne. »Klar, natürlich.« Seine Knie stießen gegeneinander.
    Der kleine Stuhl war Gift für meinen Rücken, und ich streckte mich. Milo musste Höllenqualen ausstehen, aber er ließ sich nichts anmerken.
    »Ein Punkt, der bei unserer Überprüfung in den Vordergrund geriet«, sagte Milo, »war die Psychotherapeutin, die Ms. Newman aufsuchte. Detective Ogden sagte mir, dass das eine Überraschung für Sie gewesen sei.«
    »Ich war vollkommen überrascht. Flora hat mir nie etwas davon erzählt. Was seltsam war, weil ich eine Therapie gemacht und ihr davon erzählt hatte.« Van Dyne spielte an seiner Brille herum. »Ich hatte gedacht, wir hätten eine Beziehung, in der man offen über alles spricht.«
    »Sie haben auch eine Therapie gemacht«, sagte Milo.
    Van Dyne lächelte. »Nichts Verrücktes, Lieutenant. Ich war drei Jahre verheiratet und wurde sechs Monate bevor ich Flora traf geschieden. Meine Frau hat mich wegen eines anderen Mannes verlassen, und ich machte eine schwere Zeit durch. Um ehrlich zu sein, war ich ziemlich deprimiert. Ich ging zu einem

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