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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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meinte: Wie fahre ich? Ruf 1-800-LECK MICH an.
    Wir gingen zur Haustür. Der Aufkleber eines Wach- und Sicherheitsdienstes befand sich in der Mitte der schwarz lackierten Tür. Der Druck auf den Klingelknopf löste Glockenklänge aus. Oh-oh-say-can-you-see?
    »Moment!« Eine Frau öffnete die Tür. Sie war groß, jung und hübsch, machte aber einen erschöpften Eindruck; sie hatte ein herzförmiges Gesicht und trug ein hauchdünnes schwarzes Top und Frotteeshorts. Kein BH, nackte Füße. Tolle Beine, mit einer Schnittwunde vom Rasieren an einem glänzenden Schienbein. Ihre weißblonden, glanzlosen Haare waren nachlässig aufgesteckt. Der pinkfarbene Nagellack an ihren Fingernägeln war stark abgesplittert. Der dunklere Lack auf ihren Zehennägeln befand sich in einem noch schlimmeren Zustand. Der Raum hinter ihr war voller Pappkartons. Neue Kartons mit steifen Kanten, die mit braunem Klebeband zugeklebt und mit dem Wort INHALT, gefolgt von drei leeren Linien, gekennzeichnet waren.
    Sie verschränkte die Arme vor großen, weichen Brüsten. »Ja?«
    Milo zeigte ihr seinen Ausweis. »Sind Sie Mrs. Nichols?«
    »Nicht mehr. Sind Sie wegen Roy hier?«
    »Ja, Ma’am.«
    Sie seufzte und winkte uns herein. Bis auf einen knappen Meter hinter der Tür war der gesamte Raum mit den Umzugskartons angefüllt. Eine Kindermatratze stand gegen einen zugebundenen Müllsack gelehnt.
    »Ziehen Sie um?«
    »Sobald die Umzugsleute hier eintreffen. Sie sagen, sie kommen spätestens morgen, aber sie haben schon einen Termin versäumt. Das Haus ist bereits verkauft, ich muss es nächste Woche geräumt haben. Was hat Roy getan?«
    »Sie nehmen an, dass er etwas getan hat?«
    »Sie sind doch hier, stimmt’s? Ich habe nichts getan, und Lorelei auch nicht. Meine Tochter. Sie ist vier Jahre alt, und wenn sie ihr Mittagsschläfchen beendet, muss ich Sie beide rausschmeißen.«
    »Ihr Name, Ma’am?«
    »Ma’am«, sagte sie belustigt. »Ich bin Lisa. Noch heiße ich Nichols. Wahrscheinlich nehme ich wieder meinen Mädchennamen an, Jenrette, den ich immer für deutlich schöner gehalten habe als Nichols. Im Moment habe ich genug andere Sachen, um die ich mich kümmern muss. Was hat er also getan?«
    »Vielleicht gar nichts. Wir wollen nur mit ihm reden.«
    »Dann gehen Sie rüber zu seiner Baustelle. Er arbeitet in Inglewood. An der Manchester, in der Nähe des Forum. Sie renovieren ein Bürogebäude. Ich weiß, dass er viel Geld verdient, aber versuchen Sie mal, einen Penny von ihm zu bekommen. Gott sei Dank sind seine Eltern in Ordnung. Sie wollen, dass Lorelei anständig untergebracht ist, obwohl sie nicht ihre richtige Enkelin ist. Ich hab ihnen gesagt, ich würde in L.A. bleiben, damit sie sie öfter sehen können, wenn sie mir helfen; andernfalls ziehe ich zurück nach Tucson, wo meine Familie wohnt.«
    »Roy hält sein Geld zusammen«, sagte Milo.
    »Roy ist ein richtiger alter Geizhals, außer wenn es um seine Projekte geht.«
    »Was für Projekte?« »Sein Pick-up, seine Sammlung von Single Malt Whiskys, Verschönerungsarbeiten am Haus. Haben Sie es sich richtig angesehen? Er hat nie aufgehört, daran rumzuspielen. Wenn hier nicht so viele Kartons rumstünden, würde ich Ihnen zeigen, wie er die Zimmer nach hinten raus getäfelt hat. Rosenholzpaneele, teures Zeug, in allen drei Schlafzimmern. Er hat es so dunkel gemacht wie ein Bestattungsunternehmen, aber er hat behauptet, es würde den Wiederverkaufswert erhöhen. Und was passiert? Wir bieten das Haus zum Verkauf an, und wir haben einen Käufer, und als Erstes wird er die ganzen Paneele rausreißen.«
    »Das dürfte Roy nicht glücklich gemacht haben«, sagte ich.
    »Es gibt nichts, was Roy glücklich macht.«
    »Ein übellauniger Zeitgenosse.«
    Sie wandte sich mir zu. »Klingt so, als würden Sie ihn kennen.«
    »Ich bin ihm nie begegnet.«
    »Sie Glücklicher.« Milo fragte, ob sie Roy in letzter Zeit gesehen hätte.
    »Seit einem Monat nicht mehr. Er wohnt bei seinen Eltern, vier Querstraßen weiter. Man sollte doch eigentlich erwarten, dass er vorbeikommt, um Lorelei zu sehen.«
    »Kein einziger Besuch?«
    »Ich bringe Lorelei einmal pro Woche vorbei. Manchmal ist Roy da, aber selbst wenn er da ist, spielt er nicht mit ihr. Ihm macht es was aus, dass sie nicht seine Tochter ist.« Ihre Augen verschleierten sich. Sie trat von einem Fuß auf den anderen, nahm die Arme herunter und sah zu Boden. »Hören Sie, ich muss verschiedene Leute anrufen. Warum wollen Sie mir nicht sagen, was

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