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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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haben wir mit Ihrer Schwester darüber gesprochen.«
    »Im Ernst? Sheila muss die Wände hochgegangen sein. Sie hat der Frau die Schuld daran gegeben, stimmt’s?«
    »Ganz genau, Ma’am.«
    »So ist sie immer mit Stress umgegangen«, erklärte Paxton. »Meine arme Schwester lebt auf einem anderen Planeten - nun ja, das war ein Teil von dem, was ich Ihnen sagen wollte. Aber das war nur Gavins größtes Problem, es gab noch andere.«
    »Andere Frauen, denen er nachgestellt hat?«
    »Ich weiß von mindestens einer weiteren Frau, die er belästigt hat, und ich würde annehmen, es gab noch mehr. Weil diese Art von Verhalten einem Muster folgt, stimmt’s?«
    »Klar«, sagte Milo. »Wer war das andere Opfer?«
    »Gavin hatte eine Freundin - eine reiche Tochter aus den Flats, ich bin ihr nur einmal begegnet, ein dünnes kleines blondes Ding mit einer Hakennase. Ich fand sie etwas hochnäsig. Ihr Vater ist ein berühmter Jingleschreiber. Gavin ist ihr gegenüber sexuell aggressiv geworden, und sie hat ihm den Laufpass gegeben.«
    »Woher wissen Sie das, Ma’am?«
    »Weil Gavin es mir gesagt hat.«
    »Gavin hat mit Ihnen über seine persönlichen Probleme geredet?«
    »Von Zeit zu Zeit.« Paxton lächelte und streichelte ihren Hals. »Die junge Tante mit dem Durchblick. Ihm gefiel, dass ich im Filmgeschäft bin, mehr mit der Popkultur zu tun habe als seine Eltern. Wir haben dann und wann miteinander geplaudert. Von der kleinen Miss Beverly Hills - ich meine, ihr Name war Katya, irgendwas in der Art - hat er mir erzählt, als wir alle zum Essen aus waren - ein Stück weiter an derselben Straße im Il Principe, das Essen ist göttlich.«
    »Muss ich mal ausprobieren«, sagte Milo. »Ein Abendessen im Familienkreis?«
    »Gavin, Sheila und ich. Jerry war auf Reisen. Wie üblich.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Ähm, ich würde sagen ein halbes Jahr, vielleicht mehr. Jedenfalls saßen wir da und genossen das fabelhafte Essen - sie bereiten Seebarsch im Holzofen zu, machen ihre eigene Pasta -, und plötzlich fühlt sich Sheila nicht wohl - eine andere Sache, die für Sheila typisch ist, sie kann nichts genießen, nicht mal ein gutes Essen, ohne zu leiden -, und sie rannte auf die Damentoilette und blieb dort eine ganze Weile. Gavin fing an, mit mir zu reden, er hatte den ganzen Abend einen ziemlich angespannten Eindruck gemacht. Ich hab es schließlich aus ihm rausgeholt. Er hatte seine Freundin verloren, weil sie nicht an Sex interessiert war. Er nannte sie eine ›zwanghafte Jungfrau‹.«
    Sie nahm eins der abgekauten Plätzchen zwischen ihre Zeigefinger. Rollte es hin und her. Legte es auf ihren Teller. »Ich hab ihn gefragt, was passiert war, und er hat es mir erzählt. Während er es erzählte, redete er sich regelrecht in Rage. Es war klar, dass er wütend und frustriert war.«
    »Über den Verlust seiner Freundin?«
    »Nein, das war ja der Knaller. Er sagte, es sei ihm völlig egal, ob er eine Freundin hätte oder nicht - dass er keinen Sex hatte, regte ihn auf. Das machte ihn wirklich wütend.«
    »Das war nach dem Unfall.«
    »Kurz danach - vielleicht vor acht Monaten. Aber Gavin war schon immer leicht zu frustrieren. Als kleiner Junge hat er wegen aller möglichen Sachen Wutanfälle bekommen.«
    »Leicht erregbar«, sagte ich. »Und jetzt war er ganz außer sich, weil er keinen Sex hatte.«
    »Er sprach über Sex, als wäre es sein Recht . Er sagte, er und das Mädchen, Katya, wären seit der High School immer wieder mal zusammen gewesen, und es würde langsam Zeit, dass sie ihn ranließe. Als gäbe es einen Fahrplan, an den man sich halten müsste. Dann sagte er, alle anderen würden ›sich blind vögeln‹, die ganze Welt wäre ein großes Fickfestival und schwimme in Sperma, und er hätte es auch verdient, darin zu schwimmen, und sie könnte sich einfach zum Teufel scheren, er würde eine andere finden.«
    »Jede Menge Wut«, sagte ich.
    »Er war immer schon unberechenbar, aber nach dem Unfall wurde es schlimmer. Es war, als ob sein emotionales Barometer nicht mehr funktionierte - er tat und sagte einfach, was ihm in den Sinn kam. Ich meine, ich bin seine Tante, und er redet in einer Nische im Il Principe von Sperma und einem Fickfestival. Ich wäre am liebsten im Boden versunken. In dem Lokal essen wichtige Leute.«
    »Hat Gavin laut geredet?«
    »Er wurde immer lauter, und ich musste ihm dauernd sagen, dass er leiser reden sollte. Ich habe versucht, vernünftig mit ihm zu reden, hab ihm gesagt, Frauen wären

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