Im Sog der Angst
Eine Frau, die er im Fernsehen gesehen hatte.«
»Das Mädchen, das ich Ihnen gezeigt habe, war real«, erwiderte Milo. »Und sie war am späten Abend in Gavins Wagen oben am Mulholland Drive.«
»Okay«, sagte sie ärgerlich. »Also hat er jemanden gefunden. Jeder findet irgendwann jemanden. Sehen Sie, was mit ihr passiert ist.«
Sie sorgte dafür, dass Milo die Rechnung übernahm, und stolzierte auf ihren Sandaletten davon.
»Was für eine Zimtzicke«, sagte Milo. »Was für eine Familie. Aus welchem Grund hat sie nun mit uns geredet? Um die Quicks schlecht zu machen?«
»Sie verachtet sie«, erklärte ich, »aber das macht ihre Informationen nicht wertlos.«
»Gavins unangemessenes Sexualverhalten? Yeah, er hört sich von Tag zu Tag bescheuerter an.«
»Falls sie mit Jerome Quick Recht hat, hatte Gavin ein Rollenbild. Vielleicht hat Gavin mit einer bestimmten Meinung über Frauen begonnen, und der Unfall hat seine Hemmungen noch schwächer werden lassen. Was mich neugierig macht, ist die Blondine. Gavin hatte Probleme damit, auf Frauen zuzugehen, er hat viel zu dick aufgetragen. Trotzdem war eine attraktive junge Frau bereit, mit ihm intim zu werden. Eine junge Frau in Schuhen für fünfhundert Dollar, die niemand als vermisst gemeldet hat.«
»Eine Prostituierte«, sagte er. »Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
»Ein schwer frustrierter junger Mann könnte auf die Idee kommen, sich Sex zu kaufen. Ein junger Mann aus Beverly Hills könnte das notwendige Geld dafür haben. Besonders bei einem Vater, der seine Zustimmung gibt. Ich weiß, dass sie nicht in den Akten der Sitte auftaucht, aber eine relative Anfängerin, die das Glück hat, nicht verhaftet worden zu sein, würde dort auch nicht auftauchen. Falls sie selbstständig war, würde sie von niemandem vermisst werden. Falls sie für jemanden gearbeitet hat, will derjenige sich vielleicht nicht an die Polzei wenden.«
»Ein Vater, der seine Zustimmung gibt«, sagte er. »Dad steckt Gavin Kohle für eine richtige Nummer zu?«
»Und vielleicht«, erwiderte ich, »wusste Dad auch, wohin er gehen sollte.«
Jerome Quicks Metallhandelsfirma lag ein paar Meilen im Osten von Beverly Hills, am Wilshire Boulevard in der Nähe der La Brea, im zweiten Stock eines leicht beschädigten dreistöckigen Hauses, das zwischen höheren Gebäuden eingekeilt war.
Ein Schild in der leeren Eingangshalle führte mehrere Büroräume auf, die gemietet werden konnten. Die meisten Mieter waren Unternehmen mit Namen, die wenig darüber preisgaben, was sie machten. Quicks Büro lag mitten in einem schlecht beleuchteten Gang mit Linoleumboden. Ein pikanter, aber unangenehmer Geruch - geschmortes Rindfleisch, das seine beste Zeit hinter sich hatte - drang durch die Wände.
Quicks Büro war nicht groß: Ein kleiner, weitgehend leerer Empfangsbereich lag vor einem weiteren, als PRIVAT gekennzeichneten Raum. Der Teppichboden war braun und so abgetreten, dass er glänzte, die Wände mit billigen Paneelen aus Holzimitat verkleidet. Die Empfangssekretärin saß hinter einem billigen Schreibtisch aus Holzimitat. Sie war jung und dünn, mit einem hübschen, aber harten Gesicht, aufs Geratewohl abgeschnittenen, an den Spitzen stahlblau gefärbten Haaren. Ihr Make-up war dick und gräulich, ihr Lippenstift von einem anoxischen Blaugrau. Die gebogenen knallblauen Fingernägel waren fast drei Zentimeter lang. Sie trug einen engen weißen Pullover über einer schwarzen Vinylhose und kaute auf einem Kaugummi herum. Vor ihr lag eine Ausgabe des Buzz Magazine . Das Fehlen anderer Zeitschriften und ihre Überraschung angesichts unseres Auftauchens ließen darauf schließen, dass nicht viele Besucher hierher kamen.
Sie hob eine nachgezogene Augenbraue, als sie Milos Abzeichen sah, aber der Pulsschlag an ihrem Hals blieb langsam und stetig.
»Mr. Quick ist nicht in der Stadt«, sagte sie mit einer überraschend sinnlichen Stimme.
»Wo?«, sagte Milo.
Sie wackelte mit den Schultern. »In San Diego.«
»Ist er viel unterwegs?«
»Dauernd.«
»Schön ruhig für Sie.«
»Mhm-hmh.« Die blauen Fingernägel klopften auf die Zeitschrift. Computer und Schreibmaschine waren nicht zu sehen.
»Sie sind nicht überrascht, dass die Polizei ihn sprechen will«, sagte Milo.
Sie zuckte mit den Achseln. »Klar bin ich das.«
»Ist es das erste Mal, dass die Polizei mit ihm sprechen will?«
»Ich arbeite erst seit ein paar Monaten hier.«
»Sind schon mal Cops hier gewesen?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher