Im Sog der Angst
trinken?«
»Nein danke, Ma’am. Ich möchte Ihnen ein paar Namen nennen. Bitte, sagen Sie mir, ob Ihnen irgendeiner davon bekannt vorkommt. Anson Conniff.«
»Nein. Wer ist das?«
»Flora Newsome?«
»Nein.«
»Brian Van Dyne, Roy Nichols?«
»Nein, nein, nein . Wer sind diese Leute?«
»Nicht wichtig«, antwortete Milo. »Nichts, worüber Sie sich Gedanken zu machen brauchen. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben.«
»Zeit«, sagte Sheila Quick. »Davon habe ich zu viel.«
20
Sheila Quick wandte uns den Rücken zu, und wir gingen ohne sie zur Tür.
Kurz bevor wir am Wagen ankamen, klingelte Milos Mobiltelefon. Er nahm den Anruf entgegen, wobei das kleine blaue Gerät in seiner großen Hand verschwand. »Sturgis … Oh, hallo. Ja, allerdings, wir sind … genau hier, am Haus … ja … Tatsächlich? … Wo ist das? Wann? … Klar, das wäre prima. Danke Ma’am, bis gleich.«
Er klappte das Handy zu. »Das war Eileen Paxton, Sheilas ›kleine Schwester‹. Sie ist wegen eines Meetings in Beverly Hills, hatte vor, ihre Schwester zu besuchen, fuhr vorbei, sah uns hineingehen und beschloss zu warten, bis wir fertig sind. Sie würde gern mit uns reden.«
»Worüber?«
»›Familienangelegenheiten‹ hat sie es genannt. Sie ist ein paar Straßen weiter auf der Bedford, ein italienisches Restaurant, Ecke Brighton.«
»Zeit für Tiramisu«, sagte ich.
Er legte die Hand auf seinen Bauch und zog eine Grimasse. »Selbst ich habe meine Grenzen.«
»Du raubst mir meine Illusionen.«
Das italienische Restaurant hieß Pagano, und es standen drei wacklige Tische draußen, die den größten Teil des Bürgersteigs mit Beschlag belegten. Eileen Paxton saß an einem von ihnen; sie trug einen taillierten schwarzen Hosenanzug und hochhackige Riemchensandaletten und trank einen Caffé latte. Sie sah uns, lächelte und wackelte mit dem kleinen Finger. Ihre Haare waren kürzer geschnitten als vor ein paar Tagen, ein bisschen heller gefärbt, und sie hatte etwas mehr Make-up aufgelegt. Sie trug Diamantohrstecker und ein Jadehalsband und sah aus, als feiere sie etwas.
»Ich bin so froh, dass wir uns treffen konnten«, sagte sie.
Milo trat näher auf sie zu und fragte: »Hier oder drinnen?«
»Oh, hier. Ich mag den Rhythmus der Stadt.«
Diese besondere Stadt war eine affektierte Zurschaustellung auffälligen Reichtums. Der Rhythmus wurde bestimmt von Fußgängern, die Power-Walking betrieben, und übergroßen Motoren, die Toxine ausstießen. Milo und ich setzten uns und bestellten Espressi bei einem Kellner mit zu viel Haarfestiger auf dem Kopf und den Augen eines Mannes, der unter Drogen stand. Eileen Paxton sah zufrieden aus, als wäre dies ein ruhiges, beschauliches Lokal zum Mittagessen im Freien.
»Was machte meine Schwester für einen Eindruck auf Sie?«, fragte sie.
Milo sah mich an.
»Sie wirkte ein bisschen deprimiert«, sagte ich.
»Sie müssen wissen, dass das nicht nur daran liegt, was mit Gavin passiert ist. Sheila hat seit langem bestehende psychische Probleme.«
»Eine seit langem bestehende Depression?«
»Depressionen, Zukunftsängste, Versagensängste, alles Mögliche. Sie war schon immer launisch und nervös. Ich bin die Jüngere, aber ich habe mich immer um sie gekümmert. Als sie Jerry heiratete, hatte ich meine Bedenken.«
»Wegen der Ehe?«
»Sheilas wegen, ob sie in der Lage ist, eine Ehe zu führen«, sagte sie. Sie wandte den Kopf rasch ab, zeigte Drogenauge ihre blitzenden Zähne. »Gio, könnte ich wohl ein paar von diesen wunderbaren kleinen Pistazienbiscotti haben? Danke, Sie sind ein richtiger Schatz.« Zurück zu uns: »Man muss Sheila lassen, dass sie an ihrer Ehe gearbeitet hat, und es schien ihr gut zu gehen. Auch wenn sie mit Jerry nicht das große Los gezogen hat.«
»Hat er auch Probleme?«
Sie warf uns einen wütenden Blick zu. »Jerry betrachtet sämtliche Frauen als Freiwild. Er macht alles an, was eine Vagina hat, und vielleicht auch alles, was keine hat, was weiß ich. Er hat mich angemacht. Ich hab’s Sheila nie erzählt, es hätte sie und die Ehe kaputtgemacht, und damit wollte ich mein Gewissen nicht belasten.«
Aber uns erzählst du es.
»Wann ist es dazu gekommen?«, fragte ich.
»Einen Monat nach ihrer Hochzeit. Sie waren kaum zurück aus den Flitterwochen. Ich war ebenfalls verheiratet, und wir verbrachten zu viert ein Wochenende in Arrowhead - die Eltern meines ersten Mannes hatten ein Haus am See, ein tolles Haus mit einem großen
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