Im Sog der Gefahr
sich ein wenig verfolgt. Die Frauen waren nie hinter ihm her gewesen. Eigentlich wusste er gar nicht, wie er je zu einer so schönen Frau wie Bianca gekommen war – ein weiteres großes Mysterium in seinem Leben.
»Und was
ist
Ihre Art, Professor? Außer sich mit Ihrer Trauer irgendwann selbst ins Grab zu bringen? Und Jahrzehnte mit der Suche nach einem Mörder zu verschwenden, der niemals gefasst werden wird? Ist das
alles
, was Sie vom Leben wollen?« Dunkelblaue Augen sahen ihn eindringlich an, forderten Antworten. »Oder schlägt da doch noch ein Herz in dieser dürren Brust?«
»Ich mache das schon so lange, dass ich nie darüber nachgedacht habe«, gab er ehrlich zu. Bis vor ein paar Tagen. Plötzlich war er müde. Hatte den ständigen Kampf satt, ein Geheimnis zu lüften, das niemanden außer ihn zu interessieren schien. Er holte tief Luft und blickte an seiner hageren Gestalt hinab. »Und ich bin nicht dürr. Ich bin drahtig.«
Mit einem Lächeln auf den Lippen setzte sich Laura aufs Sofa. Sie öffnete ihre Aktentasche. »Lassen Sie uns ein paar grundlegende Fakten durchgehen, für den Fall, dass die Polizei versucht, Ihnen diese Sache anzuhängen.«
»Ich kann nicht glauben, dass eine Staatsanwältin je auf die Idee kommen würde, die Polizei könnte den Falschen jagen.«
Ein klingendes Lachen erfüllte die Luft. »Ich bin Juristin, ich bin nicht dumm. Aber meinen Job kann ich nur machen, wenn ich die Fakten kenne.«
»Sie wollen die ganze Wahrheit?«
»Und nichts als die Wahrheit.«
Thom seufzte schwer und setzte sich, wobei er darauf achtete, dass Lauras Aktentasche zwischen ihnen lag.
Sie erhob ihr Glas. »Auf eine neue Geschäftsbeziehung.«
Klirrend stieß er mit ihr an, trank einen tiefen Schluck von dem kühlen Wein und befand, dass ihm diese Vorstellung recht gut gefiel.
»Wer weiß, was noch daraus wird.«
Beinahe hätte er alles wieder ausgespuckt.
Lautlos schlüpfte Mike ins Haus, schloss die Hintertür und ließ den Riegel einschnappen. Zwischen seinen Einbrüchen war er aufgedrehter als ein Junkie auf der Jagd nach dem nächsten Schuss. Der Zeitpunkt, an dem er Dryzek von seinem Versagen berichten musste, rückte näher, und die Anspannung schnürte ihm derart die Eier ab, dass er sich wie kastriert fühlte. Heißer Schweiß war auf seiner Haut zu eisiger Kälte erstarrt, und er stank nach dem satten, überreifen Aroma der Angst.
Das Geräusch der voll aufgedrehten Dusche prasselte auf seine Sinne ein und weckte eine Mischung aus Dankbarkeit und Selbstekel. Er musste seine Sorgen für eine Stunde vergessen, brauchte Entspannung. Er knöpfte sein Hemd auf und zog es sich über den Kopf, öffnete auf dem Weg durch den Flur die Hose. Aus seiner Gesäßtasche holte er ein Kondom, streifte die Stiefel ab und schlüpfte lautlos in das winzige Badezimmer von Gina Swartz’ Zweizimmerbungalow. Der heiße Wasserdampf verstopfte ihm die Lunge. In der Luft hing der Duft von süßen Erdbeeren. Gina sang laut, und an ihrer Silhouette erkannte er, dass sie damit beschäftigt war, sich die Haare zu waschen. Er warf das Kondom auf die Waschbeckenablage. Leise schob er sich am Vorhang vorbei und bewegte sich vollkommen lautlos, bis er direkt hinter ihr stand. Plötzlich erstarrte sie und stieß mit dem Ellbogen gegen seine Hand, als er den Arm fest um ihre Taille schlang. Sie holte Luft, um zu schreien, aber er legte ihr die andere Hand auf den Mund und presste sie fest an seinen schmerzhaft erregten Körper. Sie biss ihm in die Hand. In einer breiten Bahn rann das Shampoo über ihre Haut, während er sie festhielt und ihr drohend ins Ohr flüsterte: »Ich werde dir nicht wehtun, wenn du
genau
das tust, was ich dir sage.«
Als sie ihn über die Schulter ansah, waren ihre Augen riesig. Vorsichtig ließ er ihren Mund los und versuchte, ihre Reaktion einzuschätzen. Er ließ die Finger in ihr nasses Haar gleiten, dann küsste er ihren Hals. »Ich brauche dich, Gina. Ich brauche dich so sehr, Baby.«
Er hatte nicht vorgehabt, sich so intensiv auf Brent Carvers Ex einzulassen, aber inzwischen fiel es ihm immer schwerer, die Finger von ihr zu lassen. Seit Monaten hatte er keine andere Frau mehr angerührt, hatte es trotz aller Flirterei nicht einmal gewollt. Glitschig und nass drehte sie sich in seinen Armen um. Während er in die leidenschaftliche Hitze ihres Mundes tauchte, wünschte er sich, sie könnten ihre Beziehung öffentlich machen. Aber wenn Brent ihn deswegen nicht umbrachte, würde es
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