Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Sog Des Boesen

Titel: Im Sog Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
wisperte sie und zerrte ihn hinaus. Draußen in der Kälte sagte sie lachend: »Und jetzt lauf.«
    Er folgte ihr über die Straße zu ihrem Wagen. Fairy ließ den Motor an, und sie setzten sich in Bewegung.
    »Was war los?«, fragte Roy.

    »Ein alter Freund, den ich nie mehr wiedersehen möchte«, antwortete sie. »Suchen wir uns ein Plätzchen zum Spazierengehen. Wenn er weg ist, können wir zurück in den Club.«
    »Ich weiß noch ein anderes Lokal«, sagte Roy. »Auf der anderen Seite der Stadt, über dem Fluss. Ist allerdings nicht so schön wie das November.«
    »Welches?«
    »Das A1.«
    »Das kenn ich«, sagte sie. »Der Name klingt nach’ner Grillsauce.«
    Sie stellte den Wagen am Fluss ab, vorgeblich, weil sie sich die Beine vertreten wollte. »Im Büro sitz ich den ganzen Tag. Tja, Arbeit, das ist die große amerikanische Tragödie, findest du nicht auch? Wir bräuchten mehr Zeit zum Nachdenken.«
    »Geht mir genauso«, pflichtete Roy ihr schüchtern bei. »Ich wäre gern Schriftsteller. Ideen hätte ich, aber keine Muße, sie umzusetzen. Du hast recht: Man bräuchte mehr Zeit zum Nachdenken. Wenn ich da rauskönnte …« Er trat von einem Fuß auf den anderen, den Kopf gesenkt, die Hände in den Taschen. »Egal.«
    Sie zog ihn auf einen Grasstreifen am Flussufer. »Wenn du’s jetzt nicht tust, klappt es vielleicht nie.«
    »Ja, ich weiß, aber … So alt bin ich noch nicht. Ich lese Schriftstellerbiografien. Viele Autoren haben vor ihrer ersten Veröffentlichung in allen möglichen Jobs gearbeitet und Erfahrungen gesammelt. Genau das mache ich auch. Eigentlich wollte ich zum Militär, aber ich habe …«
    »Was?«
    »Ach, nichts. Jedenfalls nichts Ernstes.«
    Sie blieben unter einer Pyramidenpappel stehen, wo sie dicht an ihn herantrat, ihm tief in die Augen blickte und fragte: »Das Lokal, wo du mit mir hinwillst - ist da nicht erst letztens jemand ermordet worden?«

    »Ja, ein Barkeeper«, bestätigte Roy. »Dick. Er … Ich weiß nichts darüber.«
    »Kanntest du ihn?«
    »Klar, war ein netter Typ. Keine Ahnung, was passiert ist.«
    »Ich hab einen Artikel darüber in der Pioneer Press gelesen. Angeblich bestand eine Verbindung zu der jungen Frau, die verschwunden ist. Wie heißt sie gleich noch mal?«
    »Frances Austin. Die kenn ich auch«, sagte Roy. »Mir stellen sich die Haare auf, wenn ich daran denke. Ich hab im Leben noch keinen Toten gesehen, und jetzt werden plötzlich gleich zwei Leute ermordet.«
    »Die junge Frau … ihr Tod ist doch gar nicht sicher.«
    »Aber wahrscheinlich«, meinte Roy. »In den Zeitungen steht, dass ihr Haus voller Blut war, von ihr …«
    »Wie gut kanntest du sie?«
    »Ich hab sie hin und wieder gesehen. Sie war eine von uns, aus der Gothic-Szene. Einmal sind wir zu ihr nach Hause, haben Pizza gegessen und Spiele gespielt.«
    »Du hast sie also tatsächlich gekannt.«
    »Ja.« Er zuckte die Achseln.
    Sie trat noch näher an ihn heran. »Wie ist sie deiner Meinung nach gestorben?«
    »Wie meinst du das?«
    »Frances Austin. Hast du irgendwelche Gerüchte gehört? Irgendwer muss doch was wissen. Der Mörder läuft immer noch frei herum. Möglicherweise kennst du ihn sogar.«
    Obwohl es ziemlich dunkel war am Fluss, sah sie, wie seine Augen sich weiteten. Er wich einen Schritt zurück. »Sie sagen, Dick …«
    »Dick …?«
    »Es heißt, Dick hätte vor seinem Tod mit’ner Fairy-Goth gesprochen, mit einer wie dir.« Er lächelte verlegen.
    »Einer wie mir?«
    »Ja. Warst du das?«

    Sie ließ die Schultern hängen, erwiderte seinen Blick, ohne zu lächeln. »Du fragst mich …«
    »Weil du dich so für die Morde interessierst …«
    »Ist sie nun tot oder noch am Leben?«
    »Woher soll ich das wissen?« In seiner Stimme schwang Verärgerung, vielleicht auch Angst mit, doch schreiend wegzulaufen wäre nicht gerade männlich gewesen. Und wenn sie nichts mit der Sache zu tun hatte, vergab er die Chance auf die heißeste Frau, mit der er je unterwegs gewesen war … Er nahm etwas in ihren Augen wahr, und sie merkte es.
    Sie schob seufzend die Hand unter die Jacke, auf den trockenen Plastikgriff des Messers.
    »Was?«, fragte er und sah sich um: Sie waren allein. »Wir sollten jetzt lieber gehen …«
    Das Messer drang mühelos in seinen Körper ein, wie in die Brust eines frisch gegrillten Brathähnchens.
    Sie legte auch die andere Hand auf den Messergriff und zog mit aller Kraft nach oben. Er stöhnte auf, versuchte zu fliehen, doch die Beine gaben unter ihm nach. Er

Weitere Kostenlose Bücher