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Im Sog Des Boesen

Titel: Im Sog Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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sein.
    »Der wird erst spät heimkommen«, teilte ihm die Frau mit. »Er ist unterwegs.«
    »Ich bin von der Polizei«, sagte Lucas. »Ich werde ihm meine Karte unter der Tür durchschieben. Könnten Sie ihn bitten, mich anzurufen, wenn er wiederkommt? Egal, wie spät es ist?«
    »Gut, aber ich geh jetzt selber aus.«
    »Falls Sie ihn hören sollten …«
    »Geht es um den Mord vor der Bar?« Sie lehnte sich gegen den Türrahmen.
    »Ja. Möglicherweise hat Carter mit jemandem gesprochen, den wir finden möchten«, antwortete Lucas.
    »Nicht mit dieser kleinen Fairy, oder?«
    Lucas hob die Augenbrauen. »Doch. Kennen Sie sie?«
    »Nein. Aber mit der trifft Roy sich gerade.«

    »Was?«
    »Sie sind heute Abend verabredet.«
     
    Carter war nach der Arbeit kurz zu Hause gewesen - vermutlich, während Lucas sich mit der Frau im Schnapsladen auseinandersetzte -, hatte sich umgezogen und war die Stufen hinuntergehastet. Auf der Treppe hatte er seiner Nachbarin Jean Brandt, der Goth-Frau, atemlos erzählt: »Stell dir vor, diese Fairy hat mich angerufen. Wir treffen uns.«
    »Wissen Sie, wo er hinwollte?«, fragte Lucas. »Und wie schaut er aus?«
    »Ich hab ein Foto von ihm«, antwortete sie mit sorgenvoll gerunzelter Stirn. Sie holte den Schnappschuss aus ihrer Wohnung und gab ihn Lucas. Darauf waren Jean Brandt und zwei Männer in einem Park zu sehen. »Roy ist der rechts.«
    Lucas hielt das Bild ins Licht. Roy war groß, um die zwei Meter, schmal, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet und hatte rote Haare, helle Augen, knochige Schultern und große Hände. In einem Ohr blitzte oben ein silbernes Piercing.
    »Glauben Sie, er ist in Gefahr?«, fragte Jean.
    »Keine Ahnung - ich würde mich nur gern mit dieser Frau unterhalten«, antwortete Lucas. »Offenbar war sie die Letzte, die Dick Ford lebend gesehen hat.«
    »So wie ich Roy kenne - in puncto Frauen ist er ein bisschen naiv -, lädt er sie in das Lokal ein, das sie seiner Ansicht nach am meisten beeindruckt. Das wäre das November.«
    »An der Lyndale? Ich dachte, das hätte zugemacht.«
    »Neue Leitung; den Namen haben sie beibehalten. Vielleicht geht er mit ihr auch ins Candy’s, aber da tanzt man, und das tut Roy nicht so gern. Außerdem ist es laut. Ich glaube, er möchte sich unterhalten.«
    Lucas bedankte sich und wandte sich der Treppe zu.
    »Wenn Sie wollen, komme ich mit«, bot sie ihm an. »Falls
er nicht im November ist, könnte ich gemeinsame Bekannte fragen. Irgendjemanden treffen wir dort mit Sicherheit.«
    »Gern.«
    Im Wagen erzählte Jean: »Obwohl Roy echt nett ist, hat er bei Frauen einfach keinen Schlag. Keine Ahnung, warum. Diese Fairy hat ihn neulich abends von sich aus angemacht, ihn sogar nach seiner Telefonnummer in der Arbeit gefragt. Seitdem war er völlig aus dem Häuschen und hat nur noch auf einen Anruf von ihr gewartet.«
    »Ihr Name?«
    »Den hat er mir nicht verraten.«
    »Kannte er eine junge Frau namens Frances Austin? Die wurde vermutlich umgebracht; es stand in allen Zeitungen. Sie war eine Goth oder sah zumindest so aus und verkehrte im A1.«
    »Weiß ich nicht. Roy war auch ein Goth und im A1; es könnte also sein.«
    »Kannten Sie sie?«
    »Ich denke nicht. Meine Freunde kommen eher von der South Side und aus Edina. Roy hat sich lieber mit Studenten getroffen.«
    »Kennen Sie Patricia Shockley oder Leigh Price?«
    Ihr Vollmondgesicht leuchtete fast in der Dunkelheit. »Ja. Haben die was mit dem Fall zu tun?«
    Er erklärte ihr die Verbindung zu Frances Austin.
    »Wer in der Gothic-Szene ist, hat Zugang zu allen Goths in den Twin Cities, wahrscheinlich sogar im ganzen Land. Ich kenne also Leigh und Pat auf eine Weise und Roy auf eine andere, aber ob die sich wieder untereinander kennen, weiß ich nicht.«
     
    Das November befand sich in einem holzkohlefarbenen Betonbau mit dem geschwungenen Neonschriftzug »November« über dem Eingang. Auf dem Parkplatz standen zwei
Dutzend Autos. Lucas stellte seinen Porsche einen Block entfernt auf der Straße ab. Als sie den Parkplatz auf dem Weg zum Lokal noch einmal passierten, deutete Jean auf einen ziemlich alten roten Camry und sagte: »Das ist Roys Wagen.«
    »Sehr gut«, erwiderte Lucas.
    Im Innern blieben sie an der Tür stehen, um den Blick durch den Raum schweifen zu lassen - schwarze Kunstledernischen um eine U-förmige Theke mit gedämpftem Licht und eine zwei Meter hohe Schwarzweißfotovergrößerung von Edvard Munchs Der Schrei dahinter. Jean dirigierte Lucas zu einer Nische

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