Im Sog Des Boesen
russisch.«
»Möglich.«
Lucas betrachtete Martina Trenoff genauer: Sie hatte
ebenmäßige Zähne und ein hübsches Lächeln, und mit ein wenig Phantasie konnte er sie sich als Fairy vorstellen. Lippenstift, Make-up, die richtige Kleidung …
»Was wissen Sie über Gothic?«, fragte er.
»Meinen Sie gotisch wie die Kathedrale von Chartres?«
»Wie bitte? Was für eine Kathedrale?«
»In Chartres, Frankreich.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine die Leute, die in schwarzen Klamotten rumlaufen.«
Sie runzelte die Stirn. »Über die weiß ich nichts.«
»Tja, das wär’s dann wohl«, sagte Lucas.
»Hm. Eine Frage hätte ich schon noch erwartet«, erwiderte Martina Trenoff.
»Worüber?«
»Über Alyssas Affären.«
»Hatte sie die?«
»Mehrere … na ja, zwei oder drei. Mit Tänzertypen. Hunter war das genaue Gegenmodell - Flieger bei der Navy, Arbeitstier, manchmal sogar Kirche. Und er hatte ein paar Pfund zu viel auf den Rippen. Ein richtiger Mann eben. Alyssa hält sich für Madonna und steht auf knackige Männerärsche.«
»Tänzerärsche.«
»Ja.«
»Was wollen Sie mir damit sagen?«
»Ich glaube nicht, dass sie etwas mit dem Mord an Frances zu tun hatte. Aber was, wenn es sich tatsächlich um eine Verwechslung handelte und es einer von ihren Lovern war?«
»Kennen Sie welche namentlich?«
»Frank Willett. W-i-l-l-e-t-t. Notieren Sie das«, wies sie ihn an.
Lucas tat ihr den Gefallen. »Wer ist das?«
»Er hat als Trainer in einem ihrer Clubs gearbeitet, der
Model-Typ. Karate, Radrennen, Freeclimbing, Surfen, Skirennen. Die Sorte Mann, bei der man keine Ahnung hat, wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdient.«
»Und wann war diese Affäre?«
»Vor etwa einem Jahr. Hunter hat mir davon erzählt.«
»Er wusste also Bescheid?«
»Nicht von ihr. Die beiden haben in ihrem Haus miteinander geschlafen.« Kurzes Schweigen. »Schrecklich, oder, wenn Leute einander so hintergehen?«
»Ich will nur den Mörder fassen.«
»Wenn die Internet-Informationen über Sie stimmen, können Sie das ziemlich gut.«
»Ja«, erwiderte Lucas, stand auf und reichte ihr zum Abschied die Hand. »Viel Glück im neuen Job.«
»Mit Glück hat das nicht viel zu tun. Ich hole mir die Stelle und arbeite härter als alle andern.«
Lucas schaute ihr nach, wie sie mit einem Blick auf ihre Rolex in die Menschenmenge auf dem Skyway eintauchte.
Sie würde sich bis zum Grab keine Sekunde Ruhe gönnen, dachte er.
Körperlich könnte sie die Fairy sein.
Doch wie sah dann ihre Beziehung zu dem Mann aus, der auf Lucas geschossen hatte? Martina Trenoff schien Alyssa Austins Liebhaber Frank Willett zu verachten. Und den hielt Lucas durchaus für verdächtig.
Die Sorte Mann, von der man nicht weiß, wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdient, lautete Martina Trenoffs Urteil.
Vielleicht sollte er sich mit diesem Willett unterhalten.
DREIZEHN
F airy war in der Küche, als er sie rief. Draußen lugte der Mond hinter den kahlen Ästen der winterlichen Eichen hervor.
»Hallo?«, hörte sie Loren fragen, bevor er eintrat, in neuer Kleidung, Rüschenkragen und grünem, langem Samtumhang wie ein Reisender aus dem neunzehnten Jahrhundert. Er nahm ihre Hand, küsste sie mit kühlen, trockenen Lippen, ließ den Blick über ihren Körper wandern und bemerkte: »Die Shorts stehen dir nicht besonders gut.«
Das war nicht als Kritik gedacht, sondern eher wie der Vorschlag eines Coiffeurs für eine neue Frisur.
»Ich bin gerade beim Möbelrücken«, erklärte Fairy.
»War nur eine Feststellung.« Er neigte den Kopf leicht zur Seite und grinste wie ein französischer Galan aus einer Schmonzette. Sie schluckte, und er merkte es. Seine Fingernägel fühlten sich in ihrer Handfläche an wie Klauen. »Blasse Frauen haben oft Probleme mit den Oberschenkeln«, bemerkte er. »Diese eigentlich attraktive Blässe lässt sie bisweilen plump erscheinen. Ein weich fließendes Kleid in dunklem Grün oder Mint verleiht ihnen atemberaubende Schönheit. Abends schmeichelt ihnen Schwarz oder ein Elfenbeinton - aber natürlich weißt du das selber.«
»Seit wann bist du Modeexperte?«, fragte Fairy.
»Ich interessiere mich für Kleidung«, antwortete Loren, wandte sich dem Piano zu und ließ die Finger über die Tasten gleiten.
»Kannst du Klavier spielen?«
»Ja, klar. Du hast die Noten der Mondscheinsonate …«
Mit einem Blick in den Wandspiegel überprüfte Loren sein Aussehen, nahm auf dem Klavierhocker Platz und spielte eine
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