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Im Sog Des Boesen

Titel: Im Sog Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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seinen dunklen Augen an. »Bis auf das.«
    Er setzte die Spitze des Messers oben an ihren Oberschenkel
und beschrieb damit eine Linie. Ihre Haut prickelte, als hätte jemand eine heiße Nagelfeile an ihrem Bein entlanggezogen, auf dem sich an dem kaum wahrnehmbaren Schnitt Blut abzuzeichnen begann.
    »Ein L«, bemerkte sie.
    »Für Loren.« Er nickte, beugte sich vor und leckte das Blut ab, einmal, zweimal, dreimal, bis nichts mehr nachkam. »Ein Kratzer, kaum der Rede wert«, sagte er und grinste sie an. Aus seinem Mundwinkel lief ein blutiges Rinnsal, das rosafarben auf den Boden der Dusche tropfte.
    Die Wunde fing wieder zu bluten an, als Loren Fairy mit einem rauen Frotteehandtuch abrubbelte. Sie beobachtete, wie sich rote Tropfen entlang des Schnitts bildeten.
    »Das ist … So was hab ich noch nie …« Ihr fehlten die Worte. Loren drehte sie um und trocknete ihr Rücken und Po ab.
    »Jetzt bist du bereit.«
    »Ja, das stimmt.«
     
    Später, im Prelude, unterwegs auf den nächtlichen Straßen. »Die Jagd ist besser als der Sex«, sagte Loren. »Findest du nicht auch?«
    »Ist irgendwie fast das Gleiche.«
    Loren streichelte in der Dunkelheit ihre Wange. Seine Hand war, eine Stunde nach der Dusche und eine halbe nach dem Sex, schon wieder kalt. »Ich verstehe genau, was du meinst.«
    Sie fuhren auf der Lafayette Bridge über den Mississippi ins nächtlich erleuchtete St. Paul, dann auf die I-94 und schließlich in westlicher Richtung nach Minneapolis. »Bist du dir sicher?«
    »Ja. Sie hat was mit dem Mord zu tun.«
     
    Die Fenster der Wohnung waren dunkel. Sie warteten auf der Straße; ihr Atem ließ die Scheiben des Wagens beschlagen.
Sie hatten viermal diesen Beobachtungsposten bezogen, und dreimal war Patricia Shockley deutlich früher nach Hause gekommen als Leigh Price. Leigh flirtete und tanzte gern und liebte Gesellschaft, Patricia hingegen, die Intellektuellere, zog sich, für alle sichtbar, zurück.
    Fairy wischte an der beschlagenen Scheibe einen Kreis frei. »Verdammt, hoffentlich kommt sie bald.« Loren wählte einen Oldie-Sender, und im nächsten Moment erklang »One of My Turns« von Pink Floyd.
    Sechs, vielleicht auch acht oder zehn Songs später tauchte Patricia auf, allein, angetrunken, ein wenig wankend.
    »Warte, bis sie in der Wohnung ist; sie muss dich sowieso reinlassen. So können wir sehen, ob Leigh ihr folgt«, erklärte Loren.
    »Ich befürchte eher, dass die sich gerade da oben mit jemandem vergnügt«, sagte Fairy mit einem Blick auf die dunklen Fenster des Hauses.
    Patricia holte mit unsicheren Fingern die Schlüssel aus der Tasche und betrat den Flur.
    »Bereit?«, fragte Loren Fairy.
    Fairy nickte. »Schluss mit den langen Reden. Es ist Zeit zu handeln.«
    »Dann los.«
     
    Sie drückte auf die Klingel, und Patricia fragte über die Gegensprechanlage: »Wer ist da?«
    »Patricia, hier ist …« Sie suchte nach dem Namen, so tief vergraben, dass sie sich kaum noch erinnerte. »Alyssa Austin. Ich habe gerade mit Lucas Davenport gesprochen; von ihm weiß ich ein paar Neuigkeiten … Wir müssen reden.«
    »Mrs. Austin … Ich lasse Sie herein.«
    Sie ging die Treppe hinauf. Schluss mit Reden; jetzt war es Zeit zuzuschlagen und zu fliehen.
    Sie klopfte an Patricias Tür und hörte leise Schritte. Dann
wurde die Tür entriegelt und etwa zehn Zentimeter weit bei vorgelegter Kette geöffnet. Patricia schaute lächelnd heraus.
    »Mrs. Austin, Alyssa«, begrüßte sie sie und löste die Kette. »Kommen Sie herein.«
     
    Fairy trat ein. Dabei ließ sie das Messer vom Jackenärmel in die Hand gleiten. Es hatte einen Plastikgriff und war trocken und warm. Was Patricia sagte, während sie die Kette wieder vorlegte, registrierte sie nicht, obwohl sie nickte und lächelte. In dem Moment, als Patricia sich zu ihr umdrehte, stieß Fairy ihr das Messer in den Bauch.
    Patricia wich im allerletzten Moment mit großen Augen zurück, so dass das Messer auf etwas Hartes traf. Sie gab einen überraschten Laut von sich, bevor sie etwas schwang, etwas Kleines, Schwarzes, vielleicht eine Handtasche? Fairy duckte sich weg und stürzte sich erneut auf Patricia, die ihr in einer Reflexbewegung einen Schlag gegen die Stirn versetzte.
    Wieder ging Fairy auf sie los, und wieder wich Patricia zurück. Diesmal landete sie auf dem Hinterteil. Sie stieß einen lauten Schrei aus, als Fairy sie an den Haaren zu packen versuchte, und trat nach ihr. Bevor Patricia sich herumrollen und aufstehen konnte, drückte Fairy

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