Im Sommer sterben (German Edition)
Streifenkrawatte, das muss Aebischer sein. Eindeutig. Der rote Pullunder mit Strohhut der Pro.
Sie kamen näher. Die gelb-blauen Karos bewegten sich. Beide trugen dunkelblaue Schirmmützen.
Jetzt erkannte Eschenbach unter der einen Kappe blonde Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren und nach hinten abstanden. Die andere war die Puppe.
Sie waren noch etwa zehn Meter entfernt.
»Wer ist der Blondschopf?«, fragte Eschenbach.
»Doris Hottiger. Sie ist hübsch, nicht?«
»Das kann ich von hier aus nicht beurteilen.«
Claudio Jagmetti wurde rot. Er hätte seine flapsige Bemerkung am liebsten zurückgenommen. »Sie arbeitet hier im Club. Assistentin von Aebischer oder so.«
»Oder so was? Seine Geliebte?«
»Nein, die ist doch viel zu jung. Knappe zwanzig, oder so.«
»Aha, oder so.« Eschenbach zog die Augenbrauen hoch. Jagmetti hielt den Wagen an. Es war Viertel nach fünf. Die sengende Hitze hatte nachgelassen, und von den Glarner Alpen her zogen vereinzelt ein paar Wolken auf.
»Herr Kommissar! Wo stecken Sie denn?« Es war der forsche Aebischer, der mit perfekt gebundenem Schlips, Clubemblem auf der Brusttasche und ausgestreckter Hand auf ihn zukam.
»Ich wurde aufgehalten«, kam es mürrisch.
Die Sonne stand nicht mehr so hoch, und Eschenbach spürte ab und zu einen leichten Wind, der die schwüle Luft in Bewegung brachte.
»Sie haben einen tüchtigen Assistenten.« Aebischer deutete auf Jagmetti, der gerade am Kopf der Puppe hantierte.
»Das freut mich.«
»Der hat uns hier recht auf Trab gehalten. Haben alles absperren lassen. Soll ja niemand wissen, dass hier einer umgebracht wurde …«
Und wenn schon, dachte Eschenbach. Ihm war dieser gebräunte Blazer-Manager mit seinen schwarzen Bürstenhaaren, den schmalen Lippen, dem getrimmten Schnauz und seiner Wichtigtuerei zuwider. So zuwider, dass er Mühe hatte, ihn dies nicht merken zu lassen.
»Wer ist die junge Frau dort?« Eschenbach deutete mit dem Kinn in Richtung des Mädchens.
»Doris Hottiger. Meine Assistentin. Sehr tüchtig.«
»Schon lange bei Ihnen?«
»Ein paar Wochen … Part-time. Sie studiert an der Uni in Zürich. Geschichte … oder Deutsch, glaube ich. Irgend so etwas. In den Sommerferien gibt sie Kurse für unsere Kleinen.«
»Aha. Spielt sie auch Golf?«
»Ja, Golfkurse. Sie hat Handicap zwölf.«
»Ist das gut?«
»Sehr gut. Sie hat’s vom Vater.«
»Spielt der auch hier im Club?«
»Nein. Soviel ich weiß, spielt er gar kein Golf.«
Eschenbach runzelte die Stirn. »Und was bitte …«
»Den Sportsgeist …«, unterbrach ihn Aebischer. »Und den Ehrgeiz, meine ich. Das Golfspielen hat sie sich selbst beigebracht.«
»Hat sie noch Geschwister?«, wollte Eschenbach wissen.
»Nein, nur den Vater, die Mutter ist bei der Geburt gestorben … eine tragische Geschichte. Seither lebt er allein, soviel ich weiß.«
»Kannte sie den Toten gut?«
Bei dieser Frage, die offenbar weiter ging als das, worüber Golfer gelegentlich sprachen, stutzte Aebischer.
»Wir kannten ihn alle.«
»Ich meine, kannte sie ihn näher?«
»Ist das jetzt ein Verhör?«
»Nein, aber interessant … Wissen Sie etwas?«
»Nicht direkt.«
»Was heißt das, nicht direkt?«
»Nur Gerüchte. Nichts Genaues. Aber fragen Sie Frau Hottiger doch selbst.« Er deutete hinüber zu dem Mädchen, das sich mit dem Golfpro unterhielt.
Sie gingen auf die beiden zu.
Eschenbach begrüßte nun Johnny, den Golfpro und Doris Hottiger, die ihm ein sonniges Lächeln schenkte. Sie ist wirklich hübsch, dachte er.
»Wussten Sie, dass ein guter Golfspieler beim Abschlag nie seinen Kopf dreht?« Es war Claudio Jagmetti, der ihn mit dieser scheinbaren Golferweisheit belehrte.
»Nein, natürlich nicht. Woher auch.«
»Sehen Sie, Chef … das ist es.«
»Was ist? Kann mir jemand sagen, was ihr hier tut?«
Jagmetti stand hinter der Puppe, die mit blauer Schildmütze, sandfarbenem Poloshirt und türkisfarbenen Shorts bekleidet war. Er stützte die Puppe, damit sie nicht umfiel. Sie war leicht gebückt und hatte beide Arme nach vorne gerichtet.
Vor der Puppe kniete Johnny. Er hatte den Strohhut abgenommen und hielt die Arme der Puppe. Doris stand daneben und dirigierte die beiden. Sie hatte eine weiche, sympathische Stimme. »Ja, so muss er gestanden haben, wenn er das Loch von hier aus anspielen wollte.«
»Und was heißt das jetzt?«, fragte Eschenbach in die Runde.
»Das heißt, dass er …« Jagmetti, der immer noch mit beiden
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