Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Sommer sterben (German Edition)

Im Sommer sterben (German Edition)

Titel: Im Sommer sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
Vom Netzwerk:
findest …«
    »Scheinst der Sache nicht zu trauen, so wie du klingst?«
    »Weiß nicht, ist nur so eine Vermutung. Ach ja, und der Name der Hebamme, des Pfarrers … einfach alles, was du findest.«
    »Mach ich.«
    »Ich schick dir noch jemanden vorbei, du kannst sicher Hilfe gebrauchen.« Eschenbach sah zu Jagmetti, der seufzend auf seine Hände hinuntersah.
    »Lieber nicht. Ich komme schon alleine zurecht«, kam es ausweichend zurück.
    Eschenbach hatte nichts anderes erwartet. »Doch, Lenz. Claudio Jagmetti heißt er … war noch nie im Archiv. Er kommt gleich runter und hilft dir.«
    »Wenn’s unbedingt sein muss …« Lenz tönte alles andere als begeistert. »Weiß er über mich Bescheid?«
    »Braucht er ja nicht. Ich vertraue ihm, und er kennt den Fall.«
    »Dann halt«, kam es knapp. »Und übrigens, ich wäre froh, wenn ich ein paar Tage freihaben könnte. Ich meine, nachdem wir das Zeug zusammengeschaufelt haben, du weißt ja …«
    »Ich weiß, kein Problem. Und Adlerauge hast du ja unter Kontrolle.« Der Kommissar konnte es nicht lassen, Adlerauge noch mal zu erwähnen. Er grinste und beendete das Gespräch.
    »Und?« Jagmetti hob die Augenbrauen. »Ist er einverstanden?«
    »Er freut sich«, log Eschenbach und lachte. »Drittes Untergeschoss.«
    Jagmetti stand auf.
    »Nehmen Sie die Treppe, Jagmetti. Der Aufzug fährt nur mit Schlüssel ins minus Drei. Lenz schickt jemanden, der Ihnen die Tür öffnet.« Eschenbach überlegte. Sollte er Jagmetti über das »Phänomen Lenz« aufklären? Und war es richtig, dass er den jungen Polizisten auf die Akte Hottiger ansetzte; ausgerechnet auf den Vater von Doris? Der Kommissar verdrängte seine Zweifel und griff nach der Schachtel Zigarillos, die in der obersten Schublade seines Schreibtischs bereitlag. »Lenz ist übrigens nicht Archivar, Jagmetti«, rief er ihm noch nach, bevor der die Bürotür zuziehen konnte. »Er ist der genialste Informationsdienstler, mit dem ich je zusammengearbeitet habe.« Er fand, dass er das Lenz schuldig war.
    »Hab schon verstanden, Chef. Ich soll ja schließlich etwas lernen«, stöhnte Jagmetti, bevor er endgültig die Tür schloss.

25
    Der Kommissar hatte die Vorladung für Ernst Hottiger persönlich aufgesetzt, an die Penn State University in Texas. Das Schreiben war sachlich, fast schon freundlich gehalten, fand er. Am Abend würde es ihn erreichen – via Fax und spätestens zwei Tage später im Original – via FedEx. Vorausgesetzt natürlich, dass Hottiger tatsächlich dort war.
    Max Kubly vom Infodienst war sich seiner Sache sicher gewesen. »Er ist dort … hundertpro«, hatte er beteuert, und Eschenbach glaubte ihm. Schließlich konnte Hottiger nicht ahnen, dass der Kommissar von seinem Kurzaufenthalt in der Schweiz wusste. Die Sache mit dem Ausbildungsplan für Generalstabsoffiziere war illegal gewesen, und vielleicht war Eschenbach gerade deswegen so nervös.
    Eine Kopie des Schreibens schickte der Kommissar an Elisabeth Kobler, eine zweite an Regierungsrätin Sacher. Eine kurze Begründung und eine Notiz zum Stand der Ermittlungen hatte er ebenfalls beigelegt. Dann machte er sich auf den Weg zum Bahnhof.
    Die Fahrt nach Bern setzte Eschenbach zu. Die Klimaanlage funktionierte nicht. Ausgefallen, behauptete der Schaffner, nachdem er in seinem durchgeschwitzten Hemd einen flüchtigen Blick auf Eschenbachs Fahrausweis geworfen hatte. Eschenbach glaubte ihm nicht; entweder hatte man den Wagen nachträglich umgerüstet, mit Klimageräten und dem ganzen technischen Firlefanz, oder er besaß gar keine. Der Kommissar tippte auf Letzteres. Er hatte die Fensterscheiben gleich zu Anfang heruntergezogen – auch ein Zeichen, dass der Schaffner sich irrte oder log. Klimawagen haben plombierte Fenster. Er las die Neue Zürcher Zeitung , die jemand im Abteil liegen gelassen hatte, rauchte und schwitzte.
    In Bern wäre er am liebsten in die Aare gesprungen und hätte sich den Rest des Tages dösend in den Schatten gelegt. Stattdessen kaufte er sich drei Paar Hemden. Hellblaue, im Sommerschlussverkauf bei Loeb. Es gab drei für zwei. Zwei für eines wäre ihm lieber gewesen; oder noch lieber: eines für keines. Aber Sonderangebote lassen sich nicht hinunterrechnen, schon gar nicht mit einem einfachen Dreisatz.
    Am Taxistand suchte er das neueste Modell von Mercedes mit Klimaanlage und getönten Scheiben.
    »Es wird gleich kühl«, versicherte ihm der ältere Herr, der am Steuer saß und ein gemütliches Berndeutsch sprach.

Weitere Kostenlose Bücher