Im Spiegelbild der schwarzen Spinne (German Edition)
überstürzen. Wenn Wolf kommt, sollten wir ihm Rückendeckung geben. Ein gutes Versteck halte ich für eine sichere Strategie.“
Karl warf seine Sporttasche auf den Schreibtisch und zog den Reißverschluss auf. Dann kramte er einige Handfeuerwaffen heraus, prüfte die Magazine und reichte sie uns. Als ich meine mir zugeteilte Waffe in die Hand nahm, spürte ich eine aufkommende Panik. Was sollte ich mit einer tödlichen Waffe? Ich könnte ohnehin nicht auf einen Menschen schießen, doch bevor ich diesen Gedanken zu Ende denken konnte, sagte Karl:
„Wenn ihr zögert, seid ihr tot. Diese Typen haben nur ein Ziel, euren Tod und ihre Drogen. Also… wenn ihr gern Verstecken spielt, dann schreibt euren Freund lieber gleich ab, denn keiner von uns wird überleben. Die einzige Chance, die wir haben, ist das Überraschungsmoment. Wenn sie reinkommen, knallen wir sie ab.“
Danny hielt stolz seine Pistole in der Hand, fühlte sich scheinbar wie Clint Eastwood und nickte mir zu.
„Er hat Recht. Machen wir sie fertig.“
„Wie oft kann ich damit schießen?“, fragte ich Karl.
„Ziel t auf ihre Köpfe. Wir wollen kein Risiko eingehen, dann wird schon alles gut gehen. Sie werden höchstens vier Mann schicken. Es besteht also keine Gefahr für uns.“
Tolle Antwort , dachte ich. Nicht das, was ich erwartet hatte, aber gut, wir waren drei und jede Waffe hatte mehrere Schüsse, also würden wir vier Mann ohne Risiko erschießen können, selbst wenn ich keinen Schuss abgab, oder, um guten Willen zu beweisen, lediglich in die Decke schoss. Was sollte schon passieren. Danny schob die Waffe ein und zog die Schublade des Schreibtisches auf.
„Wir sollten uns umsehen, bevor es losgeht. Vielleicht finden wir etwas.“
Ich nickte und öffnete den Schrank neben der Bürotür, da ich gleich neben dem Eingang stand, als wäre Dannys Vorschlag ein Befehl gewesen. Karl war mit seiner Sporttasche beschä ftigt und reagierte nicht, also warf ich einen Blick in den Schrank. Was ich da sah, verschlug mir den Atem.
„Was ist?“, fragte Danny, der mich offensichtlich beobachtete und erkannt hatte, dass ich möglicherweise einen Geist gesehen hatte.
„Das kann nicht sein“, murmelte ich und zog einen Revolver aus dem Schrank.
„Was ist damit?“, fragte Danny.
Ich hielt die Waffe vor mein Gesicht und prüfte den Griff.
„Das ist sie. Es ist die Waffe meines Bruders.“
Karl blickte auf und sah die Waffe in meiner Hand.
„Das ist eine gewöhnliche Ruger. Davon gibt es unzählige.“
Ich nickte. „Steht auf denen auch der Name meines Bruders drauf?“
Danny kam zu mir und blickte auf den Griff der Waffe.
„Da steht tatsächlich Wolf drauf. Wie kommt diese Waffe hierher?“
Jetzt hatten wir Karls ungeteilte Aufmerksamkeit.
„Was hast du gesagt?“, sagte er an Danny gerichtet.
Danny nahm die Waffe an sich und hob den Griff in Karls Richtung.
„Es ist eindeutig Wolfs Waffe. Er war hier.“
Karl überlegte kurz und meinte dann:
„Verdammt. Das Treffen muss früher stattgefunden haben.“
„Ja“, kam eine Stimme von hinten. „Weil dieser Trottel zwei Stunden zu früh hier war.“
Wir alle drehten uns zum Schreibtisch um. Unsere Geisel konnte sprechen. Sie war mittlerweile wach geworden und grinste uns hämisch an.
„Schimpf meinen Bruder nicht einen Trottel“, zeterte ich bele idigt.
Karl ging zu dem Mann und packte ihn am Haar. Er riss seinen Kopf nach hinten und ging nah an ihn heran.
„Was weißt du?“
Der Mann wurde kreidebleich und wurde sich seiner voreiligen Aussage bewusst. Er stotterte:
„Ich weiß nur, dass er hier war. Der Boss hat ihn mitgeno mmen.“
Karl zog den Kopf des Mannes noch fester nach hinten, sein eiserner Griff machte mir Angst. Schließlich wollte ich nicht mit ansehen, wie er ihm den Kopf abriss. Dann schrie Karl ihn an:
„Wo ist er jetzt? Wo ist das Kokain?“
„Ich weiß nicht. Vermutlich hat er ihn in den Zirkel gebracht. Das Kokain hatte er nicht dabei.“
Karl packte den Mann hart an den Schultern und riss ihn in die Höhe, dann schlug er ihm mit der rechten Faust brachial in den Magen, sodass der arme Mann sich vor Schmerz, wie eine Schnecke, zusammen zog. Er stöhnte und tat mir leid. Ich wollte eingreifen, hatte aber Angst vor Karls Reaktion, also hielt ich mich zurück und blickte verzweifelt zu Danny, der ebenso schockiert und ängstlich dreinblickte wie ich.
Ich warf ihm mit einem Blick ein -Was tun wir jetzt- zu und wartete vergeblich auf eine Reaktion.
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