Im Spiegelbild der schwarzen Spinne (German Edition)
Androhung von Waffengewalt wie ein rotes Tuch für diesen Mann, der scheinbar nicht einmal vor dem Tod zurückschreckte. Wolf war es egal. Es gab auf dieser Welt kein menschliches Wesen, das den Tod mehr verdient hatte, als dieser Kerl, der ein offenkundiges Vergnügen am Foltern von Menschen hatte. Wolf drückte ab.
Ein erschreckendes Klicken zeigte das Versagen der vermeintlich rettenden Waffe an. Wolf riss fassungslos die Augen auf, öffnete den Hebel und prüfte die Leuchtpatrone, während Brutus immer näher kam. Wolf schüttelte die Waffe um den Sand herauszubekommen. Sein Einsatz im Treibsand hatte die Waffe beschädigt, der Sand blockierte die Abschussfunktion. Wolf schüttelte, taumelte gleichzeitig zurück und zog die Leuchtpatrone heraus. Brutus hatte bereits bemerkt, dass die Waffe nicht funktionierte, er beschleunigte sein Tempo und rannte auf Wolf zu. Der drückte die Patrone wieder in die Waffe, schloss den Bügel und flog urplötzlich zwei Meter davon. Die Pistole glitt ihm aus der Hand, als Brutus ihn überrannte. Er war so schnell herangekommen, dass Wolf nicht mehr ausweichen konnte. Bevor er sich wieder aufraffen konnte, spürte er den schraubstockartigen Griff von Brutus’ bärenstarken Pranken. Er zog ihn an der Gurgel auf die Beine wie eine Puppe, hob ihn hoch über seinen Kopf, als wäre er federleicht. Wolf würgte und rang nach Luft. Brutus’ eiserner Griff raubte ihm jeglichen Atem, augenblicklich lief er Blau an und röchelte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Mit nebelhaftem Schleier sah er, wie jemand aus dem Haus gerannt kam, eine Waffe in der Hand haltend und auf Brutus anlegte. Peter kam auf sie zu gelaufen und er hatte eine Waffe, die hoffentlich funktionierte. Mit Wolf im Schraubstock drehte sich Brutus um und starrte zu Peter. Er lachte über soviel Dreistigkeit, über den Mut eines lächerlichen Zwerges, sich mit ihm anzulegen. Mit einem Mal ließ er Wolf einfach fallen und stampfte, wie er immer stampfte, auf Peter zu. Er lachte ihn unentwegt aus, obwohl Peter eine Waffe auf ihn gerichtet hielt und lauthals schrie:
„Bleib sofort stehen, oder ich drücke ab, ich schwöre es!“
Brutus wurde immer schneller, stapfte auf ihn zu wie ein Bulldozer. Wolf schrie hinüber:
„Drück endlich ab, sonst hat er dich!“
Wolf rüttelte an seiner Leuchtpistole und versuchte den Sand vollständig zu entfernen, bevor er erneut auf Brutus schießen konnte. Peter zitterte wie Espenlaub, er hatte sichtbar Angst davor, auf einen Menschen zu schießen. Als Brutus unmittelbar vor ihm ankam und zum Schlag ausholte, zog Peter den Abzug.
Klick.
Peter starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Pistole. Die Sicherung. Er hatte die Waffe nicht entsichert. Zwar erreichte er noch den Sicherungshebel, kam allerdings nicht mehr dazu, ihn zu betätigen. Brutus’ Faust traf ihn wie ein Dampfhammer mitten ins Gesicht. Peter sah möglicherweise Sterne, auf jeden Fall aber flog er einen Meter rückwärts durch die Luft und prallte auf dem Boden auf. Ob er den Aufschlag spürte ist nicht bekannt, man darf allerdings vermuten, dass er nichts davon mitbekam.
Brutus drehte sich , zusammen mit seinem breiten Grinsen, wieder zu Wolf um. Als er die Hände zu Fäusten ballte, knackten seine Gelenke so laut, dass Wolf die Augen verdrehte.
„Jetzt zu dir!“ , knurrte Brutus.
Wolf rieb mit der Hand ein letztes Mal über die Leuchtpistole und legte an. Dieses Mal vermied er jede Art der Verzögerung und drückte sofort ab. Brutus hatte keine Chance heranzustürmen und Wolf zu überrumpeln, er stand zu weit entfernt. Zwar hätte sich Wolf nicht gewundert, wenn Brutus der Leuchtpatrone ausgewichen wäre, doch hier hatte er ihm zuviel zugetraut. Brutus war zu ungelenk um dieser kleinen Rakete auszuweichen, letztendlich war auch er nur ein Mensch. Die Leuchtkugel schoss aus der Waffe und prallte nur eine Sekunde später auf Brutus’ Brustkorb. Er wurde zurückgerissen, wankte kurz, erlangte aber sein Gleichgewicht sofort wieder, rieb sich den Brustkorb und warf die zischende Kugel einfach davon. Sein Brustkorb qualmte, seine Haut war an einer Stelle schwarz verbrannt, doch er stürmte ungebremst auf Wolf zu, tobte vor Wut und knirschte mit den Zähnen. Mittlerweile zweifelte Wolf an der Menschlichkeit dieses Wesens. An einer weiteren Kollision hatte er jedenfalls keinerlei Interesse. Für diesen Fall war er vorbereitet. Während die Leuchtkugel im Sand erlosch, zog Wolf einen abgebrochenen Holzstock hervor
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