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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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rein. Und ist auch nicht mehr weiß. Das Bren liegt auf dem Tisch, zwischen den Scheinen, ein paar der grünen Hunderter sind durch die Hitze des Laufes und der Kammer zu kleinen Röhren verdreht. Wollte er ihm wirklich diese zwanzigtausend anbieten?
    Hätte er rausspazieren können, wenn er sie genommen hätte? Woher hatte der Mann nur seine Informationen? Und wohin sollte er diesen Körper bringen? Er hatte von dem Mann im Krematorium gehört, aber das war nicht sicher. Legenden möglicherweise. Bren Mark 1, tschechoslowakisches Erzeugnis . Er warf die Einzelteile später in verschiedene Kanäle, die den Westen der Stadt zwischen den alten, verschwundenen oder umgebauten Fabriken zerschnitten. Es gab auch noch ein Enfielder Bren, das dem Typus seines Bren fast bis ins Detail glich. Nur der ausklappbare Stützfuß war wohl etwas anders konstruiert. Er hätte in seinen Büchern nachschauen können. Er hatte die Riesenkanone vor vier Jahren von einem Tschechen gekauft. Der Typ war in den Neunzigern auf dem Balkan unterwegs gewesen, hatte alte Russenware und Restbestände der tschechoslowakischen Armee an die Verrückten der dortigen Kriege verkauft. So sagte man. Nie benutzt das Teil, angeblich. Mit Ladestreifen. Die meisten seiner Stücke waren ja vollkommen harmlos. Ein alter Nagant-Revolver mit verkürztem Griff und verkürztem Lauf. Über den hatte er als Kind viel gelesen. Wie der Stahl gehärtet wurde , der Marinedolch , die Roten und die Weißen benutzten jenen legendären Nagant-Revolver beziehungsweise wurde er legendär durch sie. Weißgardisten, Rotgardisten. Er ging zum Regal, um den Körper herum, legte die Hand auf den kühlen Nagant. Er hatte ihn nie ausprobiert. Die Kammern waren geladen, seit er ihn gekauft hatte. Einige seiner Stücke hatten keinen Schlagbolzen, konnten nicht abgeschossen werden und waren auch nicht munitioniert. Die Ruger Blackhawk zum Beispiel. Er geht ein paar Schritte. Legt die Hand auf dieses Metall. Von neunzehnhundertfünfundfünfzig. Magnum-Kaliber. Die Trommel aber leer. Eine Hommage an die alten Westernrevolver, die durch die Westernfilme plötzlich wieder beliebt werden. In Amerika. Er versucht seit einigen Jahren, eine Winchester-Büchse zu bekommen, wie Wyatt Earp, wie Butch Cassidy. Er dreht sich um, blickt auf den Körper, der zwischen den Regalen liegt, schüttelt den Kopf, bewegt seine Schultern, weiß nicht genau, welcher Tag und welche Stunde jetzt ist. Bewegt ganz langsam seinen Arm, bis er seine Glashütte sehen kann. Eins durch.
    Der Oberkörper ist vollkommen verdreht, wie ein S. Die Beine gerade nach hinten gestreckt, die Arme, links und rechts, wie weggeschleudert. Der untere Rücken, der Rumpf flach auf dem Boden, der Oberkörper wie eine menschliche Spirale. Die blutigen Löcher in der Brust. Er weiß nicht, wie viele Schüsse ihn getroffen haben. »Du blöder Idiot.«
    Er geht die paar Schritte zurück zum Regalfach mit dem Nagant-Revolver, nimmt ihn vom Samt. Er weiß noch, wie er für viel Geld all die Samtunterlagen gekauft hat. Säckchen aus Segeltuch neben jeder Waffe, kleine Kisten, die er sich hat anfertigen lassen, große Holzkisten für die größeren Waffen, die Karabiner, die MG, von denen er nicht viele besitzt. Er nimmt den Revolver, zielt auf den Körper und drückt ab. Er muss den Abzug mit aller Kraft durchdrücken. Spürt die mechanischen Vorgänge im Inneren der kleinen Maschine. Wie sich der Zylinder, die Trommel, vorne an den Lauf presst, bevor der Bolzen in die Patrone schlägt. Eine kleine, winzige Detonation nur. Ein PAFF, kaum zu hören. Er sieht den Einschlag auf dem Boden, direkt neben dem Kopf des Mannes, duckt sich, weil er sich vor dem Querschläger fürchtet, aber nichts prallt vom Boden ab, schlägt in sein Fleisch, fährt mit einem Pfeifen in seinen Körper. Der Nagant ist leise, genau wie er es vor Jahren gelesen hat. Die Trommel schließt während des Schussvorganges mit dem Lauf. Das NKWD, der Geheimdienst der verdammten Roten, nutzte diese Kanone mit Schalldämpfern. Hinrichtungen. Stille Exekutionen. Weil die Belgier, die dieses überkonstruierte Schießeisen konstruierten, einen einmaligen Revolver erschaffen wollten. Der seine Detonationen innerhalb des metallenen Gehäuses behielt. Weil Trommel und Lauf durch diese Mechanik eine Einheit bilden. Der einzige Revolver, bei dem ein Schalldämpfer Sinn machte.
    Hans setzt den Lauf an seine Stirn. Keiner würde ihn hier unten hören. Beim ersten Schuss hatte er den

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