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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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rausgeht, sieht man die Kolonnen der Häuser. Freude, du schöner Funke. Ein nächtlicher Angler am Hafenbecken. Der Kanal endet in der Pampa. Die Million ist das Ziel. Ich sagte: schweigend. Hoch die Kannen. Der Körper kriecht aus der Kreidezeichnung. Farne der Urzeit. Sie finden Höhlen, tief unter dem Granit. Der Frisör ist gegenüber!
    Mein Bein, mein Bein …, ein Fleischkrampf. Bye-bye, mein Sachsenland. Es geht um wichtigere Dinge. Geschäfte. Standhalten. Neuordnungen. Afghanistan. Halbvolle Geldpipelines. Der Angler weint am Hafenbecken. Reiner, lach doch mal . Dass vor über zehn Jahren die Computer überlebt haben, ist doch ein Wunder. Eine Runde Himbeerkleist! Wildgänse bilden ein V unter den Wolken. Süden, Süden, wo genau liegt der Süden? Im Prinzip haben wir uns alle lieb. Ein Junge in Uniform sitzt auf der Veranda und blickt auf den See. Junger Mann / what have you done.
    Schusslinien werden umgeleitet. S-Bahnen halten am Arbeitsamt und fahren leer weiter . In den Bergen endet die Strecke. Sterben muss ich. Hauptsache heiter.
    Ecki im Blitzlicht. Das blendet, ihr Assis! Ecki im Kühlhaus. Das ist kalt, ihr Assis. Sieht einen Diamanten bei seinem neuen Kumpel unter der Haut, nebenan. Vielleicht die falsche Jahreszeit. Türen brechen, Türen halten stand. Und der kleine Elch sitzt wieder auf dem Nachttisch, mal im Spiegelzimmer, mal im Billigzimmer, mal auf der Bar. Marktkämpfe, Machtwaage. Diskret …
    Der Bohrer bohrt weiter. Die U-Bahn fährt unter der Stadt. Dildo 3 kippt um. Ecki geht über den Naschmarkt.

Der große Coup (Die langen Wege zwischen den Stationen)
    Im Frühjahr neun, auf der Fahrt in die kleine Stadt G., wo er den Mann aus der Hauptstadt treffen wollte, las Hans verschiedene Zeitungen. Er war in einem dieser Regionalzüge unterwegs, die an jedem Dorf hielten, es war Vormittag, und über seine Zeitung hinweg beobachtete er die wenigen Leute, die zustiegen.
    Er blätterte in der Galopprennzeitung, weil er seit einiger Zeit mit dem Gedanken spielte, sich ein Rennpferd zuzulegen. Ein alter Bekannter von ihm aus Berlin hatte seit mehreren Jahren Galopprennpferde in Hoppegarten im Training, die gewannen hin und wieder ein Rennen, und vor ungefähr einem Monat hatte der ihn angerufen und begeistert von dem jüngsten Erfolg eines seiner Pferde erzählt. Das hatte wohl ein sogenanntes Listenrennen gewonnen, da gab es mehr als zwölftausend Preisgeld für den Sieg. Hans war nur ein paarmal zu den Rennen gegangen, damals in Berlin, in den Hoppegarten oder nach Karlshorst zum Trab, ein bisschen zocken, ein bisschen saufen, und in den letzten Jahren nur am ersten Mai auf die städtische Rennbahn, immer viel los am Tag der Arbeit auf der Rennbahn der Stadt, auf der Tribüne mit Sekt und Fresserei, viel hatte er von der Materie nie verstanden, aber die Begeisterung seines alten Bekannten aus der Hauptstadt hatte ihn ein wenig angesteckt. Sein Bekannter hatte ihm erzählt, wie er regelmäßig die Stallungen besuchte, beim Training zusah, mit dem Trainer die Rennen plante. Irgendwas muss man ja machen, wenn man alt wird. Ruhe!, wer flüstert denn da so einen Unsinn in meinem Nischel! Ist eher was für die Zukunft, dachte er, wenn ich mal kürzertrete. Ein Nischel ist ein Kopf . Er legte die Pferderennzeitung wieder weg, nahm sich die städtische Tageszeitung und blätterte und faltete und raschelte mit den Seiten. Er hatte einen Becher Kaffee neben sich auf den freien Sitz gestellt, den hatte er kurz vor der Abfahrt erst beim neuen Starbucks kaufen wollen, das in der alten Wartehalle aufgemacht hatte, war dann aber doch in die kleine Kaffeebude ein paar Meter weiter gegangen, als ihm einfiel, dass dort ja jetzt auch eine Kette drin war; die kleine Kaffeebude mit dem dunklen Winkel, in den er sich oft in den letzten zehn Jahren mit einem guten großen Americano und ein paar Zeitungen und Zeitschriften (Fußball, Boxen, Schach, »Der Spiegel«, Donald Duck) zurückgezogen hatte, war irgendwann in den letzten Monaten übernommen worden (später fand er heraus, dass diese Kette zahlreiche Filialen in ganz Deutschland betrieb und ein paar in Österreich), aber immer noch besser als das amerikanische Syndikat. Dummerweise hatten sie den Laden umgebaut, und sein dunkler Winkel war verschwunden. Er hatte von dort ein paarmal den kleinen Ex-Jockey gesehen, über den sie so einiges erzählten, der in den Abendstunden hereingeschlichen kam, knittriger Trenchcoat, sich ebenfalls einen Americano

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