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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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LB. »Habt ihr schon gehört, dass der Alte seinen Sohnemann auf so ’ne Militärschule geschickt hat?«, »Welcher Alte?«, »Nach Afghanistan oder was?«, Reiner, lach doch mal! Die werden ihm kräftig einheizen. Heinz, der Heizer, oder was? Dem Sohn vom Alten, Afghanistan? (Der hatte doch ’ne Gäng? Gäng Bäng!) Nee, dem Alten. Adidas. Gold, oh Gold … Wie der Vater, so der Sohn, runter vom Thron!
    Und der kleine hölzerne Elch sitzt wieder auf der Tischkante, im Spiegelzimmer der »Sexworld«, die später »Club der Engel« heißen wird, und wippt im Takt der großen Bumserei. Das kann doch nicht nur der Hänfling da sein, das muss doch von …, horch, was kommt von draußen rein, wallerie, wallera! GV, GV …, das große Beben in Eden City. Die Gleitcreme wandert über den Tisch. Dildo 1 kippt um. Werd endlich fertig, du alter Bock, und zieh das nächste Mal die Socken aus. Nee, will gar nicht sehen, was drunter ist. » Respekt , das ist sowas wie Konfekt. Alles billig heute.« Und Eckis Elch sieht mit großen Augen, wie Karin im Spiegelzimmer in null Komma nichts zehn, fünfzehn, zwanzig, Jahre älter wird unter dem Bock, der plötzlich auf schwarzen Granit stößt, Schnäppchen / Schnäppchen / jeder trägt sein Päckchen. Und wieder zwanzig, fünfzehn, zehn Jahre jünger. Junges Mädchen, alte Frau. Und draußen regnet es Schrapnelle aus den Wolken.
    Und Ecki himself (Moment, Moment, die Schule brennt, ich war sogar mal auf der Russisch-Olympiade!) wandert durch die Katakomben zum westlichen Rand der Stadt, wo’s den neuen großen FKK-Club gibt. Die legendäre »Love-Burg« liegt in der anderen Richtung und ist nur noch ’ne Grotte, die meisten Zimmer verwaist, die meisten Huren verreist, die Zufahrt vereist. Da muss man ja mal reinschnuppern, wenn es was Neues gibt.
    Im Westen ist auch der Hafen und zwischen den Industriekanälen die Wohnungen, die die Firma des Alten vermietet, wenn das Doktor Sommer wüsste, das Herz tät ihr zerspringen . Ecki hat immer gerne Märchen gelesen. Und hört Hufgetrappel aus der Ferne. Kann ja gar nicht sein! Der Schein lügt. Der Schein hat immer recht. Und nicht weit von den leeren Speichern des alten Hafens der neue große Club. Vom Schnäppchenbumsen hab ich eigentlich nie was gehalten. Bloß gut, dass Donnerstag ist. Am Freitag kommen die Gastrammler. Und am Sonntag die Restrammler. Da sind die Weiden leer und wund. Am Schontag ruht der Verkehr, und die perversen Gedankenverbrecher treibt es um. Restgammler. Wir suchen das Maximum. Und heute? Der frühe Vogel stirbt im Sturm.
    Und Ecki hört das Echo seines Trapsens, weiter immer weiter, und da singt doch jemand. Nachtigall , denkt er.

IV
    Sing, mein Sachse, sing … Was hast du nur für eine hässliche Stimme! Und der nackte Mann kriegt eine aufs blanke Fleisch. Ecki ist sich sicher, dass er da eine Frau hat singen hören.
    Es is een eischen Ding … Das klatscht ganz prima und gibt Striemen, und der Mann singt weiter schief und krumm. Bumm-bumm. (Nee, das ist später.)
    Schon das kleenste Lied, das leecht sich offs Gemiet … Da bekommt er die Dresche seines Lebens und kriecht wimmernd und singend vor der kleinen Vietnamesin rum, die ihn an der Leine führt. »Höre ich: Bitte? Bitte? Höre ich: Bitte?« Und sie steht breitbeinig und nur untenrum (Was für ein Wort. Rudeldumm!) nackt über ihm, und er reißt den Kopf in den Nacken. Nich lang Schnacken, Kopp in ’n Nacken, rufen sie im »Eisenbahner«. Dass die Leine schlaff auf den Boden hängt. Bittebittebitte. Mein Hängebauchschwein. Eine blonde Kanne geht auf mich! Reiner, mach doch mal!
    Und Ecki steht an der offenen Stahltür, Wasser tropft ihm auf den Kopp, aber er glotzt trotzdem. Wird ganz sentimental. Ganz schön was los in den Katakomben. Und oben fahren die mit fremden Menschen vollgestopften Autos durch die abendliche Stadt. Wenn ihr wüsstet, Freunde der Sonne …
    Und um zweiundzwanzig Uhr wird die Tür des Luxus-Stripclubs »Eden« attackiert. Die Disko zwei Straßen weiter gleich mit. Gehört beides den Brüdern R. Manche behaupten, der S. hat seine Finger mit drin. Aber geschwatzt wird viel, ohne Verstand, ohne Sinn. Eine plötzliche Entleerung der Straßen. Die Fieberträume bleiben zu Hause. Das, mein Junge, ist die Realität . Auch der Realmarkt hat bis zweiundzwanzig Uhr geöffnet. Netto. Plus. Spar gibt’s nicht mehr.
    Und Ecki, der eigentlich zum Schnäppchenbumsen will, FKK! FKK! , einmal Eintritt, Getränke frei, Fressen

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