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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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vorkommt? Die die Straßen der Landeshauptstadt wieder sauber und volksdeutsch halten wollen. Hallo?
    Und da erzähle ich dem Typen, der mit dem Post-Ost-Belastungssyndrom scheinbar heftig belastet ist, wie der Laden von Micha und Sammy einige Male von den Neonazi-Brigaden zerlegt wurde. Aber die zwei hatten ’ne Schrotflinte. Hab ich ja schon gesagt. Und als dann der Mister Obernazi, kurioserweise kein Ossi, sondern einer ausm Pott, der dort im Osten die Brigaden ideologisch geschult hat …, als der also mal wieder am Rumstänkern war, haben die ihn weggeschossen. Bumm, bumm.
    Ja, sagt der, da haben wir uns wohl alle mächtig verschätzt. Haben wir, sage ich, haben wir.
    Damals ging das Gerücht um, dass sie oben an der Küste, in Rostock, einen Investor aus dem Hessischen radikal aus dem dortigen Markt gedrängt haben. Was auch so war. Also wahr war.
    Ins Messer gelaufen . Die Armeen marschierten an der Strandpromenade auf. Wie will man im Ausland gewinnen. Und ich sag immer zur Claudi, wenn’s um den ganzen alten Kram geht und wenn’s mal was zu lachen geben soll: Wie hieß der Ministerpräsident von MV?
    Was für ’n MV? Wer wird Millionär?
    Mecklenburg-Vorpommern. Applaus für Rudi Geil!
    Und da gab’s Containerpuffs, also damals, die die Mecklenburger Brigade betrieb. Die sich auch untereinander totschoss und abstach und ins Koma prügelte. Kein großer Kuchen. Nur ’n kleiner Kuchen. Rauer Wind an der See. Rauer Wind im Osten. Nix für Randy. Trotz Rudi Geil. Leckt mich doch!
    Und so blieben wir dann doch unter uns, machten wir unsere Geschäfte im Pott. Zuhälter? Ja.
    Ja.

    Sechsundneunzig war ich dann nochmal in der großen Stadt. Hatte ja ’ne Firma, wegen der Steuern.
    Der alte Randy, also ich, wir hatten ’ne Idee vom Sesshaft-Werden. Da hatte ich auch nur noch die Rosie und die Claudi.
    Die große erste Liebe war schon lange weg, aber das darf die Claudi gar nicht hören sowas.
    Karate-Opi hab ich übrigens mal wieder getroffen, als ich meine Mutter im Altersheim in Hagen besucht hab. Da sah’s schon immer aus wie im Osten. Also in Hagen, nicht in dem Altersheim. Das war schon vom Allerfeinsten. Da hatte ich noch gut Kohle.
    Ich hatte sogar zwei Angestellte. In der Ausstattungsfirma. Der Bekannte vom Kuchen-Klaus hat mir das damals vermittelt. Den Auftrag im Osten. Da wollen wir gar nicht drüber reden, was der Klaus da für Prozente für bekommen hat. Na ja, wieder zurück bei den Irren. Ging ja um Geld.
    Meine Jungs sollten da drei Spiegelzimmer einrichten. In der Burg beim Bielefelder, also dem Bekannten vom Klaus, dann noch in so ’nem kleinen Club, und dann gab’s da noch so ’n Typen, der war auch schon damals bekannt und hatte den einen oder anderen Laden in der Stadt oder wollte den einen oder anderen Laden eröffnen, das hab ich jetzt nicht mehr so parat. Heute jedenfalls ist er ’ne große Nummer, ’n guter Unternehmer, was man so hört. Hängt bei den Engeln mit drin. Sein Auftrag ist jedenfalls damals flöten gegangen. Siebenundneunzig!, ruft die Claudi. Ja, ja, kann schon sein.
    Wir waren da in ’ner Vierundzwanzig-Stunden-Kneipe verabredet. Da hingen die alle rum. Der AK, der da gerade in der Wohnungsvermietung groß aufstieg, der Bielefelder kam manchmal, auch ’n paar Immobilienärsche, denn wie das so ist, zog sich das über Tage hin. Ich wollt nur das Geschäft klarmachen. Ein paar Typen kamen da rein, die rannten früher auf der Allee der schönen Augen rum, Mitglieder der diversen Brigaden, waren aber bei irgendwelchen Securities inzwischen. Erkannt haben die mich nicht. Hatte die Haare auch kürzer und ’n Bart. Haben die Mädels immer geschimpft über meinen Bart.
    Es herrschte Frieden in der großen Stadt. Die hatten sich an einen runden Tisch gesetzt. Gar nicht so dumm die Ostpocken. Der runde Tisch des Rotlichts. Irgendwie hatten die’s plötzlich verstanden mit der Demokratie. Schmiedeten einen Pakt. Verteilten die Kuchenkrümel. Jeder mit jedem, und alle für sich.
    Und wie die da gefeiert haben, Darts gespielt um paar hundert Mark, Fressereien aufm Tresen, Sekt und Bier, und ab vier, fünf kamen auch die Mädels rein. So wie bei uns damals, nur ’ne Nummer kleiner.
    Und einmal, als ich da war, springt da der Typ, dem ich mit meiner Firma das Spiegelzimmer einrichten soll in seinem Club, aufn Tresen und singt die Internationale. Steht auf, Verdammte dieser Erde … Da haben die Ostpocken alle im Chor mitgesungen und dann weiter Darts gespielt.
    Und am

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