Im Stein
stehen. Sexy Coras Titten schwellen in seinen schlimmen Träumen. Die träumt er am Tag, wenn er in der Straßenbahn sitzt, wenn er im Zug sitzt, wenn er im Waschsalon sitzt und auf das runde Fenster schaut, hinter dem sich sein alter Trenchcoat dreht und im schaumigen Wasser wirbelt. Wie schön das ist. »Ich hab auch einen Schwanz. Willst du meinen kleinen Schwanz streicheln? Mach ihn schön hart, dann fick ich dich!«
»Lass mich in Ruhe, du Ledertier, und sag mir, ob du …«
Wer hat ihm erzählt, dass sie am Kurfürstendamm steht? In der Hauptstadt, von der er nur den Hoppegarten kennt. Er ist neunundachtzig in Westberlin gewesen und hat sich den Trenchcoat gekauft. Er denkt, dass das im KaDeWe war, Kaufhaus des Westens, aber sicher ist er sich nicht. Da war seine Karriere grad vorbei, Pause, dachte er damals noch und saß irgendwann mit einem Beutel Bierbüchsen auf einem Zugklo, Flachmänner in den Taschen, während sie draußen in den Gängen und Abteilen auf- und übereinander lagen, im Zug Richtung Westen. Sie sind zu dritt zum Bahnhof gefahren, zu dieser Höhle aus schwarz gewordenem Granit, dunkles schmutziges Glasdach, Tauben flatterten auf, Menschenmassen an den Gleisen, Klirren und Rumpeln der Züge, und da haben sie sich aus den Augen verloren. Er sieht sie noch an ihrer Hand und stolpert in den Zug. Und auf dem Klo war er nicht allein. Zu dritt hockten sie dort auf- und übereinander, bloß gut, dass er so klein ist, Reiter, Ex-Jockey, und da wollen sie auch noch was von seinem Bier abhaben! Finger weg! Aber nur ’n Schluck … Die Tür ist offen, und die Leiber schlängeln sich zu ihm rein, und Hände greifen nach ihm, und er spürt seine alten Narben, Stürze und Brüche, auf der Kloschüssel. Schwitzend. Und halbnackt.
Was soll er bei den Transen? Was können ihm die Transen erzählen? Wo er doch sein Mädchen sucht. Aber er weiß nicht, wo er ist. Und er weiß nicht, wo sie ist. Sie hält sich an ihrer Mutter fest, krallt sich ins Bein ihrer Mutter, die winkt, und sie winkt, und er dreht sich und wendet sich und windet sich zwischen den Leibern und kann nicht einmal springen, der kleine Mann, der Reiter, der Ex, und im KaDeWe ist er so besoffen, dass er alles für einen Trenchcoat ausgibt. Begrüßungsgeld. Ersparnisse. Und er versucht, sich daran zu erinnern. Und ihm fällt ein, wie er vor den Vitrinen mit dem Schmuck und Diamanten gestanden hat. Was für ein hartes und kaltes und wunderschönes Glitzern.
Weil da doch was nicht stimmt. Mit den Jahren, nach all den Jahren. Weil dreiundneunzig zu achtundneunzig wird. Weil das eine Schwein doch das andere Schwein wird. Aber weit oben drüber, über den beiden Schweinen, den Todeskandidaten, er , den er erledigen muss, aber erst, nachdem er sie gefunden hat; weit oben drüber, in seinem Kopf, seinem Hirn, das anschwillt wie Sexy Coras Titten, sitzt er , der Mann mit dem Plan, der Mann mit dem Geld, Mutter, der Mann mit dem Schmott ist da, jawoll, mein Junge, das weiß ich ja , der die Informationen hat, die er braucht, dreiundneunzig, achtundneunzig, und der ihm vielleicht sagen kann, wo genau er jetzt im Kalender steht, zweitausendeins oder zweitausendzehn, und ob die verdammten Mayas nicht doch recht haben. Weil sich die Luft seit Jahren dunkel und feucht anfühlt, wie ein Acker im Herbst.
»Das ist doch Schwachsinn. Wer braucht diesen Scheiß?«
»Warte, warte kurz, ich mach mal leiser, da stimmt was nicht mit der Anlage. Kann ja kein Mensch hören, aushalten. Das muss am …, das klingt ja, als wenn ’ne Horde …«
»Was sagst du , Hans, was sagst du zu dieser Scheiße?«
»Wir sollten mal hin zu unseren serbischen Freunden …, vielleicht, wir sollten ihn uns mal …«
»Und dann? Er hat’s mir persönlich. Mir persönlich. Mir hat er auf den Fuß gepisst!«
»Hat er? Hat er? Ja, hat er.«
»Wolltest du nicht das Ding abstellen? Sind wir auf der Rennbahn?«
»Ellen! Ellen, geh doch mal hinter und zieh einfach den Stecker …, hält ja kein Mensch aus!«
»So ist’s besser. Die Abmachungen, die Abmachungen sind doch klar! Da kann keiner kommen und sagen: Das sind jetzt meine Geschäfte!«
»Natürlich hast du recht. Seine Geschäfte sind keine Geschäfte.«
»Ja. Ja. Jeder weiß doch, dass bei mir alles ruhig läuft. Alles nach Regeln läuft. Regelkunde bei AK. Das weiß doch jeder. Und deshalb kommen sie zu mir. Zimmer, Miete, Kohle, Schutz. Da brauch ich keinen, der meine Mädchen abkassiert.«
»Du sagst es, du
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