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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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darauf gefreut, die Tage mit ihm zu verbringen, mit ihm zu reden und zu schweigen und unter dem klaren amerikanischen Sternenhimmel mit ihm am Lagerfeuer zu sitzen. Doch vor allem hatte sie sich darauf gefreut, Wolfe selbst wiederzusehen.
    »Als ich den Brief bekommen habe, in dem du mich darum gebeten hast, mich hier mit dir zu treffen«, sagte sie, »dachte ich, du hättest deine Verstimmung überwunden.«
    »Meine Verstimmung. Na, wenn das kein vornehmer Ausdruck ist!« Seine Finger berührten ihre warme Haut. Mit einem wilden Fluch zuckte er zusammen. »Ihr kennt mich nicht besonders gut, Mylady. Ich war nicht verstimmt. Ich war stinkwütend. Und das werde ich auch so lange bleiben, bis Ihr erwachsen werdet, unsere Ehe für ungültig erklären laßt und nach England zurückgeht, wo Ihr hingehört.«
    »Da kennst du mich aber schlecht. Du dachtest wohl, ich würde aufgeben und um eine Annullierung unserer Ehe bitten, sobald ich erfahre, daß ich die Reise nach Amerika allein antreten muß.«
    Wolfe stieß ein unterdrücktes Knurren aus. Genau das war sein Plan gewesen. Doch Jessica hatte ihn überrascht. Sie hatte sich selbst um ihre Überfahrt gekümmert. Mit der bescheidenen Mitgift, die ihr nach ihrer Heirat zustand, hatte sie zwei Bedienstete angestellt. Dann hatte sie mutterseelenallein die Überfahrt über den Atlantik angetreten.
    »Ich bezweifle, daß Euch das Reisen mit mir so gut gefallen wird wie die Überfahrt. Nicht daß Ihr etwa wirklich auf Euch allein gestellt gewesen wärt, Mylady. Euer kleiner Hofstaat hat sich bisher um alles gekümmert. Verdammt noch mal, kannst du vielleicht aufpassen, daß mir dein Haar nicht dauernd im Weg ist?« fragte er ärgerlich, als sie eine seidige Locke fallen ließ, die ihm durch die Finger glitt.
    Jessicas Arme waren schwer von der Last ihrer Haare, die sie mit beiden Händen auf dem Kopf zusammenhielt. Während sie die entflohene Locke wieder einfing, sagte sie: »Eine Zofe und zwei Lakaien sind noch lange kein Hofstaat.«
    »In Amerika schon. Eine echte Amerikanerin kümmert sich selbst und ohne fremde Hilfe um sich und ihren Mann.«
    »Betsy hat mir aber erzählt, daß sie in einem Haushalt mit zwanzig Bediensteten gearbeitet hat.«
    »Dann muß Betsy wohl für einen Kredithai gearbeitet haben.«
    »Das glaube ich kaum. Der Mann hat Geld verliehen und nicht mit Fischen gehandelt.«
    Wolfe gab sich redliche Mühe, seinen Drang, laut loszulachen, nicht die Oberhand über seinen Ärger gewinnen zu lassen. Es gelang ihm so gerade. »Ein Kredithai ist eine Art Dieb«, erklärte er.
    »Genau wie jemand, der Geld verleiht.«
    Mühsam unterdrückte Wolfe sein Lachen.
    »Du mußt doch wohl nicht etwa lachen?« Jessicas Stimme verriet, wie erleichtert und glücklich sie war, als sie sich nach ihm umdrehte. »Siehst du? Es ist gar nicht so schlimm, mit mir verheiratet zu sein.«
    Der zurückhaltende Ausdruck in Wolfes Gesicht kehrte sofort wie-der. Alles, was er in diesem Moment vor sich sah, waren ein halboffenes Kleid und die zierlichen Formen eines weiblichen Halses. Wie schade, daß Jessica in Wirklichkeit gar keine Frau war. Sie war eine unterkühlte, verzogene englische Aristokratin. Genau diese Art von Frau hatte er im Laufe seines Lebens zu verachten gelernt. Alles, was diese juwelengeschmückten adligen Damen an ihm interessierte, war die Aussicht, sich zur Abwechslung einmal mit einem Wilden im Bett zu vergnügen.
    »Wolfe«, flüsterte Jessica und schaute ihn fragend an. Sein Gesicht schien plötzlich fremd und unnahbar.
    »Dreh dich um. Wenn ich dieses verdammte Ding nicht rechtzeitig in den Griff bekomme, sind unsere Plätze vielleicht schon besetzt.« »Aber ich bin doch gar nicht richtig fürs Theater angezogen.«
    »Theater?« Wolfe brauchte einen Augenblick, bis er begriff, was sie meinte. »Die Postkutsche. Dafür bist du ja nun leider auch nicht passend angezogen. Deine Röcke allein nehmen die halbe Sitzbank ein.«
    »Postkutsche?«
    »Ja, Mylady«, sagte Wolfe spöttisch. »Ein Fortbewegungsmittel mit vier Rädern, Pferden, einem Kutscher...«
    »Nun hör schon auf. Ich weiß selber, was eine Postkutsche ist«, unterbrach ihn Jessica. »Ich war nur etwas überrascht. Früher sind wir meistens geritten.«
    »Früher warst du auch eine vornehme kleine Dame. Jetzt bist du nur eine einfache Amerikanerin. Wenn du genug davon bekommst, weißt du ja, was du zu tun hast.«
    Wolfe wandte sich wieder den Knöpfen zu. Er sah, daß sie ein goldenes Kettchen trug.

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