Im Strudel der Gefuehle
lostrabte.
»Weißt du, seit dem Tag, an dem ich Willow kennengelernt habe, erzählt sie mir genau dasselbe. Das habe ich ihr damals nicht abgenommen. Das nehme ich ihr heute noch nicht ab. Sei vorsichtig mit Luzifer. Der mag den Sturm nicht besonders.«
»Das habe ich auch schon gemerkt. Ich komme noch mal zurück und kümmere mich um die anderen Fohlen.«
»Nein. Bei diesem Sturm und mit den Wölfen ist das einfach zu gefährlich. Bleib am besten zu Hause. Reno ist mir dicht auf den Fersen. Wir suchen dann schon nach den Stuten, die von der Herde getrennt wurden.«
»Und was ist mit dem Vieh? Das braucht ihr doch noch dringender als die Fohlen. Die meisten Pferde gehören sowieso Wolfe.«
Caleb antwortete nicht. Statt dessen schwang er sich mit einer schnellen Bewegung in den Sattel und verschwand im dichten Schneegestöber. Hinter ihm drängten sich die Pferde schutzsuchend aneinander.
Mit der besorgten Stute dicht auf den Fersen ritt Jessica zum Stall zurück. Zuerst wollte die Stute nicht tun, was Jessica von ihr verlangte, aber nach einer Weile ließ sie sich widerwillig in den Stall locken. Jessica führte die Mutter und ihr Neugeborenes in eine leere Box, schleppte einen Eimer Wasser und einen Armvoll Heu heran und schwang sich dann noch einmal mühevoll in den Sattel.
Luzifer gefiel die Idee zuerst gar nicht, den warmen Stall wieder zu verlassen. Nach einem erbitterten Ringen mit seiner Reiterin legte der Wallach schließlich die Ohren an und trabte noch einmal hinaus in den eisigen Wind, der ihn bereits mit seinen scharfen Klauen erwartete.
Der Klang von Revolverschüssen verriet Jessica, wo Caleb zu finden war. Als sie zu ihm stieß, waren die Wölfe bereits allesamt verschwunden. Breitschultrig und mit dem Rücken zu ihr, stand Caleb über einem neugeborenen Fohlen und lud seinen Revolver nach, während seine Augen die dichten, wirbelnden Schneeflocken nach einem weiteren Anzeichen der hungrigen Wölfe absuchten. Als alles still blieb, steckte er die Waffe mit einer schnellen Bewegung weg und beugte sich über das Fohlen, um es auf den Arm zu nehmen. Diesmal war die Stute zahmer. Abgesehen davon, daß sie das Fohlen ununterbrochen beschnupperte, versuchte sie nicht, sich einzumischen.
Als ob die Wölfe genau begriffen hatten, daß Caleb in diesem Moment abgelenkt war, kamen sie gleichzeitig von drei Seiten auf ihn zu.
Bevor Jessica ihn warnen konnte, richtete er sich auf, zog die Waffe und begann im selben Moment auch schon zu feuern. Das Ganze dauerte nur Sekundenbruchteile. Obwohl Jessica ihm schon einmal beim Schießen zugesehen hatte, war sie auch diesmal wieder überrascht von seiner Schnelligkeit.
Die Wölfe stoben in alle Himmelsrichtungen auseinander. Nur zwei dunkle Schatten blieben zurück. Sofort begann er nachzuladen. Dann hörte er ein Geräusch hinter sich und wirbelte mit schußbereiter Waffe in der Hand herum. Seine blaßgrünen Augen funkelten bedrohlich in seinem von Wind und Kälte geröteten Gesicht.
Im selben Augenblick mußte Jessica daran denken, was Wolfe über Reno und Caleb gesagt hatte und darüber, wie gut sie sich ergänzten, wenn es um Schnelligkeit im Umgang mit dem Revolver ging.
»Willy, was zum Teufel tust du hier draußen, und dann ausgerechnet auch noch mit Luzifer! Weiß Caleb, was du hier für einen verdammten Unfug veranstaltest?«
Als Jessica ihr Pferd antrieb, riß ihr der Sturm die Kapuze vom Kopf. Ihre mahagonifarbenen Locken leuchteten im Licht des späten Nachmittags.
»Jessi! Um Himmels willen, weiß Wolfe...«
»Gib mir endlich das Fohlen, bevor es noch am Boden festfriert«, unterbrach sie ihn ungeduldig. Sie war es leid, sich von einem breitschultrigen, sprachlosen Mann nach dem anderen anhören zu müssen, daß sie nach Hause und an den Herd gehörte.
Ungeduldig stopfte sie ihr Haar zurück unter die Kapuze und zog den Kragen fest zu. Kaum war sie damit fertig, setzte Reno ihr auch schon das Fohlen auf den Schoß, dessen lockiges Fell bereits über und über mit Eis bedeckt war. Eine große, braune Stute blieb Reno so dicht auf den Fersen, daß sie ihm beinahe auf die Füße trat.
»Warst du das vorhin mit der Schrotflinte?« fragte er Jessica.
»Ja.«
»Hast du nachgeladen?«
»Wolfe hat mir alles beigebracht, was man über Gewehre wissen muß«, erwiderte sie. »Was glaubst du?«
Reno schenkte ihr ein breites Lächeln. »Ich würde sagen, du hast nachgeladen. Ich habe hier deinen Karabiner. Möchtest du tauschen?«
»Im Gegensatz
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