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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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eine eigene Herde mit der grauen Zuchtstute aufzuziehen.
    »Wenn es sich nicht vermeiden läßt, werde ich es tun«, sagte Wolfe.
    Am dritten Tag des Schneesturms waren die Männer vollkommen erschöpft, weil sie nicht genug Schlaf bekamen und Stunde um Stunde unter den unvorstellbarsten Bedingungen im Sattel verbrachten. Jessica kochte ihnen literweise heiße Suppe und hatte immer ein Blech heißes
    Maisbrot im Ofen und eine Kanne Kaffee auf dem Herd. Alles das stand zu jedes Tages- und Nachtzeit in der Küche bereit, weil sie nie vorher genau sagen konnte, wann wieder einer der Männer zitternd vor Kälte und hungrig wie ein Bär nach dem Winterschlaf durch die Hinter tür hereinkommen würde.
    »Geh ins Bett zurück«, sagte Willow zu Jessica.
    »Du stehst schon seit dem Morgengrauen in der Küche. Und jetzt ist es später Nachmittag. Du mußt vollkommen erledigt sein.«
    »Es geht mir bestens. Ich bin stärker, als ich aussehe. Das war schon immer so.«
    Willow betrachtete Jessicas eingefallenes Gesicht und wußte genau, was ihr im Kopf herumging.
    »Den Männern geht es bestimmt gut, Jessi. Die sind daran gewöhnt, sich draußen in der Wildnis zurechtzufinden.«
    Ein unbehagliches Kopfnicken war Jessicas einzige Anwort. Sie wußte nicht genau, wieviel Caleb seiner Frau von den Wölfen erzählt hatte, die draußen im Sturm auf der Jagd waren; ob er erwähnt hatte, daß das weit verstreute Vieh meistens im denkbar ungünstigsten Moment anfing zu kalben. Und dann war da natürlich noch der Sturm, der mit Tausenden von eisigen Zähnen auf Mensch und Vieh losging und ihnen in Sekundenschnelle die Lebenskraft raubte.
    Jessica wußte über diese Probleme bestens Bescheid, denn Wolfe hatte ihr mit seinen einsilbigen Antworten und seinem beredten Schweigen mehr verraten, als er sich vorstellen konnte.
    »Wenn nur der unglückselige Wind endlich nachlassen würde«, sagte Jessica plötzlich.
    »Ja, das wäre eine Erleichterung. Wenigstens schneit es nicht mehr«, sagte Willow und ging ans Fenster. Sie ergriff das Fernglas, das sie auf der Fensterbank abgelegt hatte. Sie schaute hindurch und zählte leise die Pferde, die draußen auf der Weide standen. Wegen der hüfthohen Schneewehen war es unmöglich, sich ganz sicher zu sein, aber sie hatte den Eindruck, daß einige der Tiere fehlten.
    »Was ist denn los?« fragte Jessica und stellte sich neben sie.
    »Mindestens vier unserer Stuten fehlen.«
    »Ishmael wird sie zurückbringen.«
    »Nicht, wenn sie gerade fohlen«, flüsterte Willow. »Ein Hengst nähert sich niemals einer Stute,wenn sie sich von der Herde abgesondert hat, um zu fohlen.« Ein gespanntes Schweigen folgte, bis Willow hinzusetzte: »Ich habe mindestens einen Wolf gesehen. Da sind bestimmt mehrere Rudel unterwegs.«
    Einen Augenblick lang schloß Jessica die Augen. Sie hatte Willows Araberhengst zum ersten Mal gesehen, als die Männer die Pferde auf die Weide hinter dem Haus getrieben hatten. Selbst jetzt noch, als die Stuten ihr dichtes Winterfell trugen und hochschwanger waren, besaßen ihre Formen und Bewegungen eine Eleganz, die Jessica verzauberte. Bei der Vorstellung, daß sich die Stuten inmitten des dichten Schneegestöbers niederließen, um ihre Fohlen zur Welt zu bringen, während hungrige Wölfe sie umkreisten, überkam Jessica ein namenloses Grauen. Während der Geburt waren die Stuten hilflos dem Gesetz des Stärkeren ausgeliefert. Selbst eine Weile nach der Geburt waren sie noch verletzbar wie die Fohlen, die den warmen Mutterleib verlassen und mit der hartgefrorenen Erde vorliebnehmen mußten.
    »Die Fohlen ...«, flüsterte Jessica.
    Willow schaute schweigend durchs Fernglas hinaus.
    »Kannst du die Männer irgendwo erkennen?« fragte Jessica.
    »Nein. Sie sind wahrscheinlich gerade dabei, den Wald nach verstreutem Vieh zu durchkämmen. Als der Wind im Morgengrauen nach Nordosten gedreht hat, muß er die Herde aus dem Eagle Creek Basin vor sich hergetrieben haben.«
    Mit zunehmender Spannung wartete Jessica, während Willow die Weide draußen absuchte, soweit es das langsam einsetzende Schneegestöber zuließ. Als sie mit mühsam unterdrückter Enttäuschung das Fernglas absetzte, ahnte Jessica bereits, daß sie die Stuten nirgends entdecken konnte.
    »Ich kann die graue Stute nirgendwo sehen«, sagte Willow schließlich. »Ich glaube, die Herde hat angefangen zu fohlen.«
    »O Gott, nein«, hauchte Jessica. »Wir dürfen die Stute jetzt einfach nicht verlieren. Wolfe war so erleichtert, als

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