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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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nur einmal, Willow. Nicht genug damit, daß du ein Neugeborenes hast, um das du dich kümmern mußt; dabei wäschst und kochst du auch noch Tag und Nacht für vier ausgewachsene Männer. Und zwischendurch rettest du noch ein paar Fohlen das Leben und schießt auf Wölfe.«
    Willow warf ihm einen seltsamen Blick zu. »Soweit es das Baby und die Brötchen angeht, hast du recht; aber um den Rest hat Jessi sich gekümmert, einschließlich des Abendessens. Wenn jemand irgendwelche Fohlen gerettet hat, dann war sie es und nicht ich. Alles, was ich dazu getan habe, war, ihr meine Kleider und eine Schrotflinte zu
    leihen.«
    »Wovon redest du überhaupt?«
    »Von Jessi. Sie war es, die in den Sturm hinausgezogen ist; nicht
    ich.«
    Wolfes Augen weiteten sich ungläubig. Seine Finger krallten sich so fest um Willows Schultern, daß sie leise stöhnte.
    »Ich habe dich doch da draußen auf Luzifer gesehen«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. »Ich habe genau gesehen, wie dich ein Wolf angesprungen hat. Du hast die Schrotflinte abgefeuert und nachgeladen, während Luzifer wie wild hin und her gesprungen ist, und dabei hast du das Fohlen im Schoß gehalten, so daß ich nicht genau wußte, ob ich den gottverdammten Wolf treffen würde, bevor er dich und das Fohlen mit sich in den Schnee herunterreißt! «
    »Jessi«, sagte Willow mit betonter Langsamkeit. »Jessi, Jessi und nochmals Jessi.«
    Wolfe ließ Willow los und ging dann auf das Schlafzimmer zu, das er mit Jessica teilte.
    »Wenn du nach der vornehmen, kleinen Dame suchst«, sagte Willow nüchtern, »mußt du im Stall nachschauen.«
    Wolfe wirbelte herum. »Wie bitte?«
    »Jessi hat sich Sorgen gemacht, daß die Wölfe in den Stall kommen könnten. Sie weiß genau, wie wichtig dir dieser graue Mustang ist. Genau deshalb ist sie auch in den Schneesturm hinausgeritten, als ich gesehen habe, daß die Stute verschwunden war. Und deshalb sitzt sie jetzt auch mit der Schrotflinte im Arm im Stall. Sie bewacht eure Zukunft, genau wie ich es an ihrer Stelle auch getan hätte.«
    Wolfe starrte Willow fassungslos an und konnte nicht glauben, was er hörte.
    »Ich wollte mich selbst darum kümmern«, fuhr Willow fort. »Aber Jessi wollte mich nicht gehen lassen. Sie sagte, wenn mir etwas zu-stieße, würde Ethan ebenfalls sterben. Wenn ihr dagegen etwas zustieße, würde es niemanden außer ihr treffen.«
    »So etwas Unvernünftiges !«
    »Ist es das tatsächlich? Sie mag vielleicht in einer adligen Familie aufgewachsen sein, aber sie ist ganz bestimmt nicht das nutzlose, kleine Spielzeug, für das du sie hältst.«
    Doch Willow führte bereits Selbstgespräche. Die Tür schlug hinter Wolfe zu, als er zum Stall hinausrannte.

17
    Als die graue Stute Wolfe witterte, wieherte sie leise zur Begrüßung. Er öffnete die Tür der Box und schaute hinein. Ihm stockte der Atem.
    Jessica hatte sich schutzsuchend in einer Ecke zusammengerollt und war fest eingeschlafen. Die Schrotflinte lehnte an der Wand neben ihr, wo sie bequem zu erreichen war. Ein frischgeborenes dunkelbraunes Stutenfohlen kuschelte sich an sie und wärmte sich an ihr. Schweigend dachte Wolfe darüber nach, wie sehr sich das Mädchen, mit dem er in London getanzt hatte, von der jungen Frau unterschied, die jetzt hier vor ihm lag.
    Damals in London war Jessicas Haut makellos wie eine kostbare Perle gewesen. Das Leben in Amerika war seitdem nicht gerade sanft mit ihr umgesprungen. Eine Seite ihres Gesichts zwar zerkratzt und aufgedunsen, und die Haut auf ihren Wangen war immer noch vom Wind gerötet. In London hatte ihr Teint eine frische, beinahe leuchtende Farbe gehabt. Jetzt waren ihre Lippen blaß, und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ränder ab.
    In London war ihr Haar glatt und glänzend gewesen, und in den sorgfältig frisierten Locken funkelte meist eine juwelenbesetzte
    Spange. Jetzt war ihr Haar ungekämmt, vom Wind zerzaust und voller Stroh. In London waren ihre Kleider aus den feinsten Stoffen; die Schnitte kamen vom teuersten Schneider der Stadt, und ihre Röcke waren weich und duftig. In Amerika war sie angezogen wie ein kleiner Junge. Ihre Unterwäsche war aus Flanell, ihr Hemd und ihre Hose aus Leder, und überall auf ihrer Kleidung bis hinunter zu den Stiefeln waren noch die Spuren der harten Arbeit zu erkennen, die sie bei der Geburt des Fohlens geleistet hatte.
    In London schwebte Jessica von einer Teegesellschaft und einem Ball zum anderen und las stets die neuesten Bücher. In Amerika mußte

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