Im Strudel der Gefuehle
Was zum Teufel hat sich Caleb nur dabei gedacht, als er Willow erlaubt hat, sich in diesem elenden Sturm aus dem Haus zu wagen?
Plötzlich waren keine Wölfe mehr zu sehen. Wie eine Rauchwolke im Wind hatten sie sich zurückgezogen und waren spurlos verschwunden.
Wolfe lud nach und ritt auf die Wiese hinaus. Er sah, wie Luzifer auf den Stall zutrabte und sich der Reiter tief über das Fohlen beugte. Eine von Calebs großen Montana-Stuten folgte ihnen.
Obwohl er Willows Mut bewunderte, sich dem schrecklichen Sturm und den Wölfen entgegenzustellen, hatte er gehofft, daß sie die Situation auch ohne Willows Hilfe in den Griff bekommen konnten. Doch was geschehen war, war geschehen. Sie mußten für jeden dankbar sein, der mithalf, selbst wenn es eine Frau war, die eigentlich bei ihrem Neugeborenen sein sollte, statt im Sattel zu sitzen und ein hilfloses Fohlen in Sicherheit zu bringen.
Bei Sonnenuntergang ließ der Sturm endlich nach und verschaffte Mensch und Tier gleichermaßen Erleichterung. Die Stuten waren mit ihren Fohlen im Stall, die Kühe mit ihren Kälbern auf der Koppel, und , die Männer wechselten sich damit ab, die Herde zu bewachen. Die Temperatur stieg mit jeder Stunde, die Wolfe bei der Herde verbrachte.
Der Wind drehte, und diesmal war es eine sanfte Brise, die von Süden kam. Als der Mond aufging, hatte der Schnee unter dem warmen Hauch dieser Brise angefangen zu schmelzen. Wolfe stellte sich in die Steigbügel und ließ seinen Blick über das weite Land schweifen, das im Mondlicht sanft schimmerte. Er streckte sich und gab einen tiefen Seufzer von sich; er war hundemüde.
»Du kannst zum Haus zurückreiten«, rief ihm Caleb aus der Dunkelheit zu. »Das Vieh kann von jetzt an auf sich selbst achtgeben. Jedes Tier, das bei diesem milden Wetter immer noch zugrunde geht, ist sowieso zum Überleben zu schwach. Und davon abgesehen sind wir so erschöpft, daß wir uns wahrscheinlich eher in den Fuß schießen, als einen Wölf zu treffen.«
»Von denen ist keiner mehr zu sehen. Und bis wieder so ein höllischer Sturm aufkommt, werden sie sich nicht noch einmal zusammenrotten.«
Als Caleb hörte, wie sicher Wolfe sich seiner Sache war, entspannte er sich merklich. Er legte den Kopf auf die Seite und betrachtete den Mann, der ihm wie ein Bruder ans Herz gewachsen war, auch wenn er ihn nicht immer durchschaute.
»Wie lange wird es dauern, bis wieder so ein höllischer Sturm aufkommt?« fragte er.
»Die Mutter meiner Mutter hat als Kind einen miterlebt. Deine Enkelkinder werden den nächsten zu sehen bekommen, wenn sie alt genug werden.«
»Wünschen wir ihnen, daß sie gute Freunde wie dich haben, die ihnen helfen.«
»Und Frauen wie Willow«, sagte er leise.
Doch Caleb hörte ihm nicht zu. Er hatte bereits sein Pferd gewendet und trottete auf die Koppel mit den Pferden zu, die von Reno und Rafe bewacht wurde. Wolfe ritt zurück zum Haus, wo ihn helle, warme Lichter in jedem Fenster willkommen hießen.
Weil Wolfe genau wußte, wie erschöpft Willow sein mußte, war er beim Hereinkommen um so überraschter, daß ihm aus der Küche ein angenehmer Duft entgegenwehte. Ein Topf mit heißem Wasser stand auf dem Herd; daneben lagen ein frisches Handtuch und ein Stück Seife. Er lächelte und begann, Hut und Handschuhe auszuziehen, dann seine dicke Jacke und die feuchten Stiefel, Weste, Hemd und Unterhemd. Er wusch sich so gut er konnte und genoß dabei das angenehme Gefühl des warmen Wassers und des frischen Handtuchs auf seiner Haut.
Als er hinter sich einen Rock rascheln hörte, wußte er, daß er nicht länger allein war. Schon als er sich umdrehte, begann sein Blut bei dem Gedanken daran schneller zu fließen, Jessica in den Arm zu nehmen und sie fest an sich zu drücken. Er mochte ihren frischen, sauberen Duft. Sie im Arm zu halten war genauso, als läge er an einem schönen Sommertag mitten in einem Rosengarten.
Doch diesmal war es der Duft nach Lavendel und nicht nach Rosen, der Wolfe entgegenschlug. Willow lächelte und hielt ihm ein sauberes Hemd hin.
»Wenn deine Sachen auch nur im entferntesten so dreckig sind wie die von Caleb, können sie wahrscheinlich von allein aufstehen und loslaufen.«
Wolfe zog sich das Hemd über. Der saubere, weiche, warme Flanell fühlte sich unbeschreiblich gut an. Er betrachtete den Topf mit Suppe, der leise auf dem Herd vor sich hin brodelte, und den Berg von Brötchen und schüttelte voll stiller Bewunderung den Kopf.
»So etwas wie dich gibt es wirklich
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