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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Utes wissen, wer Einsamer Baum ist. Für sie bist du so eine Art Legende.«
    »Ich bin sicher, Wolfe hat etwas Besseres zu tun, als mir beim Angeln zuzuschauen«, sagte Jessica leise.
    Caleb schaute zuerst Jessica und dann Wolfe an. Er wußte nicht genau, was zwischen den beiden vorgefallen war, aber es war offensichtlich, daß es da etwas gegeben hatte. Wolfe hatte sich gewöhnlich bestens in der Gewalt, doch in letzter Zeit war er bei jeder x-beliebigen Gelegenheit sofort explodiert. Tagsüber arbeitete er wie ein Besessener, doch es sah ganz danach aus, als fände er nachts weder Frieden noch Schlaf. Jessica sah nicht viel besser aus. Als sie vor zehn Tagen hier ankam, war sie von der langen Reise erschöpft gewesen. An ihrem Zustand hatte sich inzwischen kaum etwas verändert.
    »Unfug«, sagte Caleb entschieden. »Eine kleine Ablenkung wird Wolfe guttun. Er hat für zwei gearbeitet.«
    »Ach was«, sagte Wolfe. »Das ist doch keine Arbeit, wenn ich mich um unsere Zuchtstuten kümmere; das macht mir Spaß.«
    »Genauso wie Zaunpfähle zu setzen, Wasserlöcher sauberzuma-chen, lawinengefährdete Stellen und Canons abzuzäunen, Feuerholz zu
    hacken...«
    »Ich sagte doch bereits, daß es mir nichts ausmacht«, unterbrach ihn
    Wolfe.
    »Seid doch leise, ihr werdet Willow noch wecken«, zischte Jessica. »Auf keinen Fall werde ich Willow jetzt allein lassen, während ihr irgendwo da draußen bei der Arbeit seid. Das Baby kann sich jeden Moment dazu entschließen, zur Welt zu kommen. Willow stehen schon genug Qualen bevor, da sollte sie nicht auch noch allein sein, wenn es soweit ist.«
    »Ich wäre an deiner Stelle lieber still«, sagte Wolfe mit eisiger Stimme. »Nicht jeder hat dieselben Vorstellungen von einer Geburt wie
    du.«
    »Nicht jeder«, antwortete Jessica mit ebenso kalter Stimme. »Dafür aber jede Frau.«
    »Es reicht!« sagte Wolfe.
    »Jessica hat recht«, sagte Caleb unvermittelt. »Gott steh mir bei, sie hat recht, was die Gefahren angeht. Wenn ich daran denke, wie Becky gestorben ist...« Sein Gesichtsausdruck verwandelte sich, während er seine Frau betrachtete, die so vertrauensvoll in seinen Armen schlief. »Willow ist mein Leben.«
    »Ich wollte nicht...«, sagte Jessica, aber niemand hörte auf sie. Caleb stand auf und nahm Willow auf den Arm. Ohne ein weiteres Wort trug er seine Frau ins Schlafzimmer. Die Tür schloß sich leise hinter ihnen.
    In der Stille, die Caleb zurückließ, war das Geräusch des Hagels zu hören, der gegen die Fenster prasselte. Der Wind heulte durchs Zimmer und füllte die Stille mit seiner gespenstischen Stimme. Alles, was Jessica ihr Leben lang zu vergessen versucht hatte, kehrte langsam wieder zu ihr zurück.
    Sie preßte die Finger zusammen, bis sie weh taten. Sie bemühte sich, die Angst zu unterdrücken, mit der sie so lange gelebt hatte, daß sie sich kaum noch erinnern konnte, wann ihr Leben einmal frei von dieser Angst gewesen war. Der Wunsch, laut aufzuschreien, brannte wie ein ständiger Schmerz in ihrer Kehle. Mit jedem Tag wurde es schwieriger, ihr Grauen zu verbergen. Die Nächte wurden zu einer einzigen Qual. Oftmals hörte sie nachts, wie sich das schaurige Heulen einer Frau in das des unbarmherzigen Windes mischte.
    Doch sie wußte nicht, ob es ihre Schreie waren, die sie hörte, oder die von Willow.

11
    »Was für feine, winzige Stiche du machen kannst«, staunte Willow, während sie dabei zusah, wie ihr Jessica ein kunstvoll verziertes B aufs Taufkleid nähte. »Als ich klein war, habe ich das auch zu lernen versucht, aber mir fehlte dazu einfach die Geduld. Das ist bis heute so geblieben.«
    »Ich wüßte lieber, wie man Brötchen bäckt.«
    »Dein Eintopf war gar nicht so schlecht«, sagte Willow und mußte ein Lächeln unterdrücken.
    »Er ist genießbar«, gab Jessica widerwillig zu, »was ich dir zu verdanken habe. Ohne deine Hilfe würde ich bestimmt nur das Stinktier mit meinen Kochkünsten glücklich machen. Du hast wirklich eine Menge Geduld mit mir gehabt.«
    »War mir ein Vergnügen. Es hat Spaß gemacht, dich hier bei mir zu haben. Seitdem meine Mutter gestorben ist, gab es nie eine Frau, mit der ich richtig reden konnte.«
    Jessica zögerte. »Du mußt sehr einsam gewesen sein.«
    »Nicht seitdem ich Caleb gefunden habe.«
    Mit einem Seufzer setzte sich Willow neben Jessica aufs Sofa.
    »Wenn es noch irgend etwas gibt, was du über das Leben als Hausfrau von mir lernen willst, dann brauchst du nur zu fragen«, sagte Willow gähnend.

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