Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
angehalten, sich sein eigenes Ritual zu schaffen. Die Menschen sind verschieden und jeder muss das suchen, was ihm entspricht. Ich erzähle Euch deshalb, wie es bei Arabinda und mir zuging, als er mich in die geheimen Rituale einweihte.
Wie Ihr Euch sicher denken könnt, trafen wir uns wieder in demselben Raum. Arabinda entzündete einen Leuchter mit zwei Kerzen und bereitete eine aromatische Räuchermischung aus Weihrauch und anderen Beigaben zu. Ich machte es mir inzwischen auf dem Ruhelager bequem und trug dabei wieder ein leichtes Gewand, einem Nachthemd nicht unähnlich. Mein Körper war frisch gebadet und duftete nach kostbaren Ölen. Arabinda brachte eine Karaffe mit frischem Quellwasser, eine kleinere mit köstlichem Rotwein, ein Stück Brot, ein wenig geräucherten Fisch und ein paar Scheiben mageren Schinken, damit wir uns zwischendurch daran laben konnten. Der Wein, müsst Ihr wissen, symbolisiert bei uns das Feuer der Leidenschaft, das Fleisch ist das Symbol für das Element Luft, der Fisch für das Wasser und das Brot für die Erde. Die beiden brennenden Kerzen im Leuchter stehen für die beiden Seelen, die sich zur tantrischen Vereinigung zusammengefunden haben. Es ist die Aufgabe der Frau, für all dies zu sorgen, doch da ich noch Schülerin war und Arabinda überdies nicht nur mein Lehrer, sondern auch mein Diener, übernahm er dieses Mal diese Tätigkeiten.
Als er damit fertig war, hieß er mich, das Gewand abzulegen und entledigte sich ebenfalls seiner Kleidung. Wir saßen uns im Schneidersitz gegenüber, hielten uns an den Händen und sahen einander tief in die Augen. Dabei konzentrierten wir uns ganz auf den anderen, gestatteten Einblick in unsere Seele. Arabinda neigte den Kopf und begrüßte mich mit einem Mantra, einem gesprochenem Vers ›Om Nahma Shaktia‹. Er sprach damit zu den göttlichen Gaben, die in mir wohnten und huldigte dabei gleichzeitig unseren Göttern. Dann neigte ich den Kopf und sprach das Mantra ›Om Nahma Shivaya‹.
Nun kam es darauf an, sich auf den anderen einzulassen, ihn ganz dicht zu spüren, sich nahe zu sein. Die erste Handlung dazu ist das Öffnen des Herzens.
Ich streckte mich dazu lang auf dem Ruhelager aus und Arabinda kniete neben mir. Eine Hand legte er mir auf die Brust, genau über die Stelle, wo das Herz schlägt, die andere ruhte einen Fingerbreit über meinem Schamhügel. Zuerst ließ Arabinda seine Hände ganz ruhig dort liegen, doch bald begann er mit leisen Vibrationen und forderte mich auf, mir einen roten, hellen Lichtstrom vorzustellen, der vom untersten Ende meiner Wirbelsäule nach oben fließt.
Warm wurde mir dabei. Vor meinen geschlossenen Augen tanzten rote Kreise und wieder ich fühlte mich allen Dingen sehr verbunden und nahe.
Dann drehte mich Arabinda auf die Seite und legte sich hinter mich, so dass ich seinen nackten Körper an meinem Rücken spürte. Es war ein unvergleichliches Gefühl. Noch nie war so viel meiner Haut mit der Haut eines Mannes in Berührung gekommen. Hitze stieg in mir auf, füllte meinen Schoß und machte mich bereit, den Aufstieg zum Gipfel der Götter zu beginnen. Doch gleichzeitig hatte ich auch ein wenig Angst. Was würde geschehen in dieser letzten Stunde mit meinem Lehrer? Der Stunde, die mich auf die Hochzeitsnacht vorbereiten sollte, ohne die Vereinigung tatsächlich zu vollziehen? Ein Kribbeln in meinem Bauch setzte ein und ich schwebte zwischen Erwartung und leiser Bangigkeit.
Arabinda umschlang mit beiden Armen meinen Körper. Eine Hand ruhte auf meiner Brust, die andere ein wenig über dem Schamhügel.
»Wir werden versuchen, im selben Rhythmus zu atmen«, erklärte er leise, »damit unsere Herzen im gleichen Takt schlagen und wir uns nahe sind.«
Ganz ruhig wurde ich, konzentrierte mich auf die Atmung, die sehr schnell mit Arabinda gemeinsam gelang. Alle Angst und Bangigkeit fiel von mir ab und ich war bereit, an seiner Hand den letzten Schritt in den Liebestempel zu wagen. Ich hatte das Gefühl, dass das Vertrauen, das ohnehin zwischen uns herrschte, noch wuchs.
Nichts gab es, was zwischen uns stand. Wir waren eins, waren miteinander verwoben in diesem Augenblick. Wohl eine Viertelstunde lagen wir so und atmeten im selben Rhythmus, dann ließ Arabinda von mir ab und holte ein dunkelrotes Seidentuch unter einem der Kissen hervor.
»Ich werde dir jetzt die Augen verbinden«, sagte er und ich erschrak ein wenig.
»Diese Übung dient dazu, das Vertrauen zu stärken. Außerdem ziemt es sich nicht
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