Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
dass die Karavelle zügig voran kam. Dom Pedro war zufrieden. Sehr zufrieden sogar. So leicht war es ihm selten gelungen, mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Arabinda war ebenso wie Vasco da Gama in einer Kabine eingeschlossen und wurde gut bewacht. Madrigal verstand es, die Karte zu lesen, und auf offener See waren sie vor gefährlichen Klippen sicher. Später brauchte man den Inder wahrscheinlich wieder, doch bis dahin war es noch ein Stück.
Die beiden Frauen verbrachten die Nächte im Verschlag, bei Tag aber sorgten sie für das leibliche Wohl der Mannschaft. Und Nino sorgte dafür, dass Suleika und Charlotta nicht in Versuchung kamen, auch nur ein einziges Wort mit der Mannschaft zu sprechen.
Eine eigenartige Ruhe lag über dem Schiff. Hatten einst Lärm und Lachen im Mannschaftsraum geherrscht, so verliefen die Mahlzeiten jetzt meist schweigend. Auch das abendliche Kartenspiel fand nicht mehr statt.
Man konnte das Gefühl haben, dass jeder wartete. Aber worauf?
Auch Alonso Madrigal fühlte sich immer unbehaglicher. Mit jeder Faser seines Leibes spürte er die Anspannung. Nur Dom Pedro schien von alldem nichts mitzukriegen.
»Merkt Ihr nicht, dass hier irgendetwas vor sich geht?«, fragte er eines Abends den Kapitän, als sie gemeinsam im leeren Mannschaftsraum saßen. Madrigal hatte das Logbuch vor sich liegen und pustete gerade seine letzte Eintragung trocken.
Dom Pedro antwortete nicht, sondern malte mit den Fingern kleine Kreise mit Weinresten auf den fleckigen Tisch. Sein Gesicht drückte Zufriedenheit aus.
Wahrscheinlich zählt er in Gedanken schon die Dukaten, die die beiden Inder auf dem Sklavenmarkt bringen werden, dachte Madrigal und sah sich im Raum um. Auf dem Boden lagen Essensreste verstreut, die Tische starrten vor Dreck und glänzten fettig. Gerüche von ranzigem Fett, altem Schweiß, verdorbenen Speisen und saurem Wein waberten durch den Raum. Dom Pedro selbst sah nicht besser aus. Das Haar hing ihm in verfilzten, fettigen Strähnen ins Gesicht. Sein Bart wucherte wie Unkraut vor sich hin, die kleinen Augen waren rot vom Wein.
Auch die Männer rissen sich nicht gerade um die Arbeit. Ein Segel war erneut gerissen und musste dringend geflickt werden, doch niemand fühlte sich dafür zuständig. Auf dem Deck wuchsen die Haufen mit Fischabfällen immer höher, doch keiner fand sich, der die Abfälle über Bord warf.
Tagsüber brannte die Sonne unbarmherzig auf das Deck und die Männer suchten sich schattige Plätzchen unter den Segeln, dösten vor sich hin und ließen Gott einen guten Mann sein.
»Verkommen! Alles ist total verkommen hier!«, stieß Alonso Madrigal mit ungewohnter Heftigkeit hervor, fasste über die schmutzige Tischplatte und zog den Kapitän am Ärmel.
»Hört Ihr, Dom Pedro! Habt Ihr noch Augen im Kopf?«
Der Kapitän schrak auf und grinste. »Wenn es dir hier nicht passt, dann hole dir einen Eimer Wasser und einen Lappen und fange an zu putzen!«, erwiderte er.
»Wollt Ihr etwa alles so lassen?«, fragte Madrigal mit unüberhörbarem Zorn.
Dom Pedro zuckte mit den Achseln. »Ein paar Tage noch, dann sind wir an der indischen Küste. Wir werden irgendwo weit weg von Kalikut an Land gehen und uns dort ein paar Eingeborene holen, die hier klar Schiff machen. Weiberarbeit kann ich meinen Männern nicht zumuten.«
Alonso Madrigal zog scharf die Luft ein. »Und wie ist das auf anderen Schiffen, hey? Da putzt die Mannschaft auch. Es wird zwölf Stunden am Tag gearbeitet, dann gibt es zwölf Stunden frei. Eure Männer aber arbeiten zwei Stunden und machen den Rest des Tages frei.«
Dom Pedro grinste noch immer. »Was wollt Ihr, Madrigal? Ich verschaffe meinen Männern ein angenehmes Leben. Sie werden es mir danken.«
»Einen Teufel werden sie tun, Dom Pedro. Ihr lasst es an Zucht und Ordnung fehlen. Eure Männer tun, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Ihr werdet es schwer haben, sie wieder zum Gehorsam zu bringen. Ihr lasst die Zügel schleifen und werdet Euch eines Tages darüber wundern, dass niemand mehr Euren Befehlen gehorcht.«
»Nun mach mal nicht so einen Wind, Madrigal. Meine Männer tun, was getan werden muss. Wir haben doch alles erreicht, was wir wollten! Mehr sogar! Vasco da Gama ist festgesetzt, die Inder und Charlotta zur Ruhe gebracht. Was soll denn noch geschehen?«
»Das ganze Schiff sieht aus wie ein Schweinestall. Ihr kümmert Euch um nichts. Selbst die Kontrolle des Kurses habt Ihr inzwischen mir überlassen.«
»Die Aufgabe eines
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