Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
verbiete dir ...«, setzte er an, doch Charlotta war bereits aufgestanden, zu Suleika gegangen und half ihr nun, den schweren Kessel in den Raum zu schaffen, die Schüsseln von den Tischen zu holen und zu füllen.
»Ich danke Euch«, flüsterte Suleika und lächelte Charlotta an.
Mit unbewegten Gesichtern arbeiteten die beiden Frauen. Schon bald verstummten die anzüglichen Bemerkungen und einige der Männer brachten sogar das seltene Wort »Danke« über die Lippen, wenn ihnen eine gefüllte Schüssel gereicht wurde. Charlotta hatte nicht gedacht, dass es so einfach sein würde, eine wilde Horde ungehobelter Kerle in den Griff zu bekommen. Doch ein Lächeln und ein freundliches »Lasst es Euch wohl schmecken« bewirkten mehr als die Befehle des Kapitäns und sorgten für Ruhe im Raum. Die Männer saßen und warteten, bis sie an der Reihe waren und die meisten von ihnen hofften, dass auch ihnen ein Lächeln geschenkt wurde.
Als die Mahlzeit beendet war, hieß der Kapitän die beiden Frauen barsch, die Tische abzuräumen. »Beeilt Euch, meine Männer haben schwer gearbeitet«, herrschte er sie an, ohnmächtig vor Wut beim Anblick der beiden, die ihre Arbeit trotz der Anstrengung mit einem Lächeln für jeden erledigten. Er spürte, dass die Sympathien der Mannschaft bei den Frauen lag und er wusste nicht, wie das geschehen konnte.
Ohne ein Wort räumten die Frauen mit flinken Händen auf, wischten die Tische sauber, sparten auch jetzt nicht an freundlichen Worten und erstickten jede Anzüglichkeit mit einem leichten Hochziehen der Augenbrauen.
Kaum war die letzte Schüssel fortgeschafft, hieß Dom Pedro seine Frau, die Laute zu nehmen und darauf zu spielen. Suleika aber, so wollte es der Kapitän, sollte dazu tanzen.
Die Frauen verständigten sich mit einem Blick, dann rückte Charlotta einen Schemel in die Mitte des Raumes, so dass sie von jedem Platz aus gut zu sehen und zu hören war, jedoch so viel Abstand zu den Männern wahrte, dass niemand sie berühren konnte.
Sie begann zu spielen und beinahe augenblicklich wurde es still. Sie spielte einen Fado, ein traditionelles und überaus bekanntes Lied der iberischen Halbinsel. Dazu sang sie die süße, traurige Geschichte von der Liebsten, die ihren Bräutigam begraben hat und mit ihren Tränen versucht, die Blumen auf seinem Grab zum Blühen zu bringen. Ganz still wurden die Männer bei diesem Lied. Diejenigen, die zu Hause Frauen oder Geliebte hatten, weilten in Gedanken jetzt bei ihnen, und diejenigen, die die Liebe noch nicht gefunden hatten, träumten von ihr.
»Hör auf mit dem Trauergesang«, bellte Dom Pedro und zerstörte die wehmütige Stimmung. »Spiel etwas Fröhliches. Spiel etwas, wozu Suleika tanzen kann.«
Charlotta sah die Prinzessin an, dann nickte sie und spielte ein Lied, das an den italienischen und französischen Höfen gerade in Mode war. Und Suleika tanzte dazu, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Mit den Füßen klopfte sie den Rhythmus der Laute auf den Boden, die Arme hielt sie zur Seite gestreckt, bewegte sie in schlängelnden Bewegungen hin und her, wiegte sich dabei anmutig in den Hüften. Es dauerte gar nicht lange, da nahm der erste seinen Holzlöffel und trommelten damit auf den Holztisch. Die anderen folgten, klatschten in die Hände, trampelten mit den Füßen und bald wurde Suleikas Tanz von einem ganzen Orchester begleitet.
Als sie zu Ende war, verbeugte sie sich, dankte Charlotta mit einem Lächeln, wünschte allen eine angenehme Nachtruhe und verschwand mit einem Lächeln aus dem Raum. Charlotta tat es ihr nach. Sie stellte die Laute zur Seite, nickte den Männern freundlich zu und ging.
Sie hatte erwartet, dass Dom Pedro protestieren und sie zurückhalten würde, doch nichts geschah. Unbehelligt gelangte sie in den Gang, der zu ihrer Kabine führt.
»Psst!«
Plötzlich spürte sie, dass jemand nach ihrem Ärmel fasste. Es war Suleika, die in einer Nische auf sie gewartet hatte.
»Ich danke Euch noch einmal für Eure Hilfe, Doña Charlotta«, sagte sie. »Vasco da Gama hatte Recht, als er Euch beschrieb. Ihr seid von edler Gesinnung, klug und schön dazu.«
»Und Ihr, Prinzessin von Kalikut, seid es nicht weniger. Wir haben uns heute Abend gemeinsam tapfer geschlagen. Doch was wird sich Dom Pedro morgen ausdenken?«
Suleika hob die Schultern und schüttelte leicht den Kopf. »Ich weiß es nicht. Er wollte mich als Lotse anstellen, um sicher durch die gefährlichen Gewässer und rasch ins Land der
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