Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
fertig, da sprang sie schon wieder auf und lief, um Suleika zu holen. Sie fand sie in der Kombüse, wo sie mit einem riesigen Holzstab den schweren Kessel mit Grütze umrührte.
»Geht und esst«, sagte Charlotta. »Setzt Euch an meinen Platz neben den Kapitän. Eine eigene Schüssel wartet dort auf Euch.«
Suleika schüttelte den Kopf. »Dom Pedro wird es nicht gefallen, wenn ich Euren Platz einnehme und aus Eurer Schüssel esse.«
Charlotta lachte. »Ihr braucht keine Angst zu haben. Mein Gatte ist ein Langschläfer. Bevor die Sonne am Himmel ihren höchsten Punkt erreicht hat, werden wir ihn nicht zu Gesicht bekommen. Und die eigene Schüssel ist wohl ein Geschenk der Mannschaft. Wir würden die Männer beleidigen, nähmen wir es nicht an.«
Suleika schüttelte erneut den Kopf. »Ich muss rühren, denn die Grütze brennt sehr schnell an. Sorgt dafür, dass etwas übrig bleibt. Ich esse, wenn die anderen fertig sind.«
Charlotta nahm Suleika den Löffel aus der Hand und sagte sehr ernst: »Prinzessin von Kalikut, bei uns essen die Hunde, wenn die Herren fertig sind. Ich dulde nicht, dass Ihr Euch so erniedrigt. Ihr seid nicht allein. Geht jetzt und esst. Ich werde die Grütze rühren.«
Suleika wischte sich die Hände an einem fadenscheinigen Handtuch ab, dann wandte sie sich um. Doch bevor sie die Kombüse verließ, verharrte sie einen Augenblick und sagte: »Der Kerker hat Vasco da Gama keinen bleibenden Schaden zugefügt. Er ist so gesund und kräftig wie zuvor.«
»Danke, Suleika«, murmelte Charlotta, drehte sich um und sah die Frau an. Ihre Blicke trafen sich und jede las in den Augen der anderen. Sie liebt ihn genauso sehr wie ich, erkannte Charlotta. Und sie leidet um ihn. Wie ich.
Von diesem Tag an halfen sie einander, wo es nur ging. Dom Pedro, der diese Entwicklung mit Sorge zur Kenntnis nahm, tat alles, um dieses frische Bündnis zu entzweien.
»Ich will nicht, dass meine Frau sich aufführt wie eine Küchenmagd. Ab sofort werden wir zwei an einem Einzeltisch speisen. Du wirst einen Teller bekommen, ein eigenes Messer und ein eigenes Trinkgefäß. Die Nahrung holst du dir nicht aus den Trögen der Mannschaft, sondern lässt sie dir von Suleika an den Tisch bringen.«
Charlotta widersprach nicht, doch bei der nächsten Mahlzeit saß sie wieder auf der langen Holzbank am Tisch der Mannschaft neben dem zahnlosen Alten und schöpfte aus dem Gemeinschaftstrog ein paar Löffel in ihr wackeliges Schüsselchen, nahm Brot aus dem großen Korb für alle und trank tapfer aus dem Krug mit Dünnbier, der von Mund zu Mund ging.
Dom Pedro schäumte, als er das sah, doch er konnte nichts dagegen unternehmen. Hätte er sie an den Haaren vom Mannschaftstisch wegzerren sollen? Hätte er so seinen Männern demonstrieren sollen, dass seine Frau zu schade war für ihre Gesellschaft? Nein, hier auf hoher See galten andere Regeln als am Hofe König Manuels. Er konnte es nicht riskieren, die Mannschaft zu verärgern. Schon lange spürte er, dass einige unter ihnen ihm nicht allzu wohl gesinnt waren. Also hielt er auch den Mund, als Charlotta nach dem Essen ihren Platz mit Suleika tauschte und den Kessel beaufsichtigte.
Ihre Widerspenstigkeit bringt mich noch zum Wahnsinn, dachte er. Ich werde andere Wege finden müssen, um sie gefügig zu machen. Dann lächelte er ihr zu und setzte sich neben sie, um sie wenigstens einigermaßen unter Kontrolle zu haben.
Es dauerte nur drei Tage, da war in dem Kapitän bereits ein neuer Plan gereift. »Ich überlege, ob ich dich auf den Kanaren von Bord gehen lasse. Es gibt dort genügend Handelsschiffe und Fischfänger, die regelmäßig den Hafen von Rastello anlaufen.«
»Warum?«, wollte Charlotta wissen.
»Nun, die Gründe sind so zahlreich wie deine Launen. Die Seefahrt bekommt dir nicht. Du bist nicht bereit, dich in das Leben an Bord einzugliedern. Deine ewigen Sonderwünsche versetzen die Mannschaft in Unruhe. An einem Tag brauchst du eine eigene Schüssel, am nächsten Tag ist dir ein Einzeltisch nicht gut genug. Zum Arbeiten bist du nicht zu gebrauchen, von deinen Pflichten als Ehefrau wollen wir gar nicht sprechen.«
Dom Pedro lehnte an der Wand ihrer Kabine, betrachtete seine Fingernägel in aller Ausführlichkeit und wartete auf Charlottas Reaktion.
»Ich arbeite so viel wie jeder andere auch«, erwiderte sie. »Außerdem habe ich nicht den Eindruck, dass die Mannschaft mich ablehnt. Nein, Dom Pedro, ich habe diese Reise begonnen und ich werde sie auch zu Ende
Weitere Kostenlose Bücher