Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
schweren Deckel und kramte in ihrer Kleidung herum.
Charlotta saß noch immer auf der Bettstatt, machte ein gleichmütiges Gesicht, doch im Stillen betete sie zu Gott, dass Dom Pedros Prüfung nur oberflächlich war und er den Ring mit dem Wappen der da Gamas, den sie zwar vor der Hochzeit abgelegt, aber immer bei sich getragen hatte, nicht fand.
»Und als solche müsstest du wissen, dass es Brauch ist, an manchen Abenden und bei Betreten des Landes festliche Kleidung anzulegen. Also, wo sind deine Kleider?«
»Ich wusste nicht, dass Ihr mit mir Staat machen wollt«, erwiderte Charlotta in aller Unschuld. Doch als sie sah, dass die Zornesader auf Dom Pedros Stirn anschwoll, trat sie neben ihn und zog von ganz unten ein Kleid aus kupferfarbenem Samt hervor.
»Nun, wünscht Ihr, dass ich dieses Kleid heute Abend trage?«, fragte sie. »Habt Ihr auch Wünsche hinsichtlich meiner Frisur? Möchtet Ihr auch mein Unterkleid begutachten?«
Dom Pedro antwortete nicht. Noch immer suchte er etwas, um seine Frau zu demütigen. Jetzt, ohne den Schutz ihres Vaters, würde er endlich ihren Stolz brechen und ihr zeigen, wer der Herr im Hause war.
Ein Lächeln überzog sein Gesicht. »Du wirst heute Abend nach dem Essen die Laute schlagen und die Männer mit Gesang unterhalten«, befahl er schließlich und sah seine Frau triumphierend an.
Empörung schoss in Charlotta hoch und färbte ihre Wangen rot. Ihre Augen funkelten wie grünes Feuer. Der Kapitän sah es mit Genugtuung. Ungeduldig wartete er darauf, dass Charlotta die Fassung verlor. Doch sie beherrschte sich. Dreimal atmete sie tief ein und aus, dann sagte sie gelassen: »Gut, wie Ihr wünscht. Wenn es Euch Freude bereitet, dass Eure Gemahlin wie eine Tavernenhure die Laute schlägt und die Seeleute unterhält, so werde ich es tun.«
Ihr wiedergefundener Gleichmut entfachte aufs Neue Dom Pedros Zorn. Sie war ihm ins Wort gefallen, schlimmer noch, in den Arm. Sie hatte ihn vor der gesamten Mannschaft bloß gestellt, hatte ihn hingestellt als einen Mann, der seine Frau nicht im Griff hat. Dafür würde sie büßen. So, wie sie ihn in aller Öffentlichkeit gedemütigt hatte, so würde er sie demütigen.
»Du wirst noch ganz andere Dinge tun, meine Liebe«, fauchte er, dann verließ er die Kabine. An der Tür hielt er inne: »Die Laute findest du im Mannschaftssaal. Dort, wo auch das Essen serviert wird. In einer halben Stunde will ich dich dort sehen. Und wage es nicht, dich zu drücken.«
»Ich werde nur das tun, was Ihr mir aufgetragen habt«, antwortete Charlotta und zwang sich, ihn anzulächeln.
Als sie später den großen Raum mit den angeschraubten Holztischen und Bänken betrat, waren die Männer bereits versammelt. Große Holzschüsseln standen auf dem Tisch, einige Körbe mit Brot und Krüge mit dünnem Bier.
Teller, wie Charlotta es von zu Hause gewohnt war, gab es hier nicht. Die großen Schüsseln standen in der Mitte und ein jeder tunkte seinen Löffel dort hinein und bediente sich. Auch die Krüge wurden ohne Becher herumgereicht und Charlotta sah, wie zahlreiche fettverschmierte Münder ihre Abdrücke am Rand hinterließen. Dom Pedro thronte am Kopf der Tafel. Als Einziger verfügte er über eine eigene Schüssel und über einen eigenen Becher. Als er sie sah, winkte er sie zu sich und platzierte sie neben sich auf der Holzbank neben einem alten, zahnlosen Schiffszimmerer, dem die Suppe aus den Mundwinkeln lief und auf die nackte Altmännerbrust tropfte.
Der Alte reichte ihr einen Löffel und wies auf die Schüssel. »Bedient Euch. Aber lasst Eile walten, die Männer sind hungrig.«
Und schon stieß er seinen Löffel mitten in den Suppentrog, fischte nach ein paar Fleischbrocken, schob sie sich in den zahnlosen Mund. Dann griff er nach der Kanne, nahm einen kräftigen Schluck daraus und reichte das Dünnbier an Charlotta weiter.
»Vielen Dank, Senhor. Ich habe weder Hunger noch Durst«, sagte Charlotta. Der Alte zuckte gleichmütig mit den Schultern und erkämpfte sich erneut einen Löffel voll Suppe.
»Ein Stück Brot vielleicht?«
Dom Pedro hatte mit großem Vergnügen den Ekel seiner Frau beobachtet. Jetzt gab er ihr einen Kanten grobkörnigen Graubrotes, von dem ebenfalls schon jemand abgebissen hatte, und hielt ihn ihr unter die Nase.
»Danke, ich bin wirklich nicht hungrig«, wiederholte Charlotta.
»Und ich bin gespannt, wie lange dein Hochmut anhält«, überlegte Dom Pedro so laut, dass es die Umsitzenden gut hören konnten. »Irgendwann
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