Im Sturm erobert
unterdrückte ihn mit Logik. »Wenn Ihr Euch da eine Mordgeschichte zusammengetrickst habt, um mich dazu zu überreden, Euch zu helfen, die Ringe zu finden, Mrs. Poole, dann muß ich Euch warnen: Ich gehe nicht sehr höflich mit Menschen um, die mich hinters Licht führen wollen.«
»Ihr habt die Wahrheit verlangt, Sir. Ich versuche, sie Euch zu geben.«
Er ließ sie nicht aus den Augen. »Es wäre wohl das beste, wenn Ihr mir den Rest der Geschichte erzählt.«
Beatrice wandte sich vom Fenster ab und begann auf und ab zu laufen. »Vor drei Wochen brach Onkel Reggie zusammen und starb unter ziemlich peinlichen Umständen.«
»Tod ist immer peinlich.« Leo neigte den Kopf. »Mein Beileid, Mrs. Poole.«
»Danke.«
»Wer war Onkel Reggie?«
»Lord Glassonby.« Sie hielt mit wehmütiger Stimme inne. »Er war ein entfernter Verwandter meines Vaters. Die übrige Familie hielt ihn für ziemlich exzentrisch, aber ich habe ihn sehr gerne gemocht. Er war gütig, voller Begeisterung und, nachdem er letztes Jahr unerwartet etwas erbte, sehr großzügig.«
»Ich verstehe. Warum sagt Ihr, die Umstände seines Todes wären peinlich gewesen?«
Sie fing wieder an, auf und ab zu laufen und die Hände am Rücken zu verschränken. »Onkel Reggie starb nicht zu Hause.«
Das wurde immer interessanter. »Wo war er denn?«
Beatrice räusperte sich. »In einem Etablissement, das, soweit ich informiert bin, von Gentlemen mit ziemlich ungewöhnlichen Vorlieben frequentiert wird.«
»Nennt das Kind doch beim Namen, Mrs. Poole. Ich werde mich bestimmt nicht mit dieser spärlichen Erklärung abspeisen lassen.«
Sie seufzte. »Onkel Reggie starb in einem Bordell.«
Leo amüsierte es, wie sie errötete. Vielleicht war sie doch keine so welterfahrene Frau, wie sie vorgab. »In einem Bordell.« »Ja.«
»In welchem?«
Sie blieb stehen und warf ihm einen erbosten Blick zu. »Wie bitte?«
»In welchem Bordell. In London gibt es eine ganze Reihe davon.«
Sie konzentrierte sich auf das Muster des Perserteppichs unter ihren Füßen. »Ich glaube, das Etablissement ist bekannt als das -« sie hüstelte. »Das Haus der Peitsche.«
»Ich hab davon gehört.«
Beatrice riß den Kopf hoch und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Ich würde mich an Eurer Stelle nicht damit brüsten, Sir. Es gereicht Euch nicht zur Ehre.«
»Ich versichere Euch, ich war nie Kunde im Haus der Peitsche. Mein Geschmack in solchen Dingen tendiert nicht in diese Richtung.«
»Ich verstehe«, murmelte Beatrice.
»Es ist, glaube ich, ein Bordell, das die Ansprüche von Männern befriedigt, deren sinnliche Gelüste von verschiedenen Formen von Disziplin stimuliert werden.«
»Mylord, bitte.« Beatrice klang, als würde sie gleich ersticken. »Ich versichere Euch, es ist nicht nötig, weiter ins Detail zu gehen.«
Leo verkniff sich ein Lächeln. »Fahrt mit Eurer Geschichte fort, Mrs. Poole.«
»In Ordnung.« Sie drehte sich um und schritt zum hinteren Ende der Bibliothek. »Nach Onkel Reggies Tod entdeckten wir zu unserem Entsetzen, daß er in den letzten Tagen seines Lebens eine große Summe Geld ausgegeben hatte. Er stand sogar am Rande des Bankrotts.«
»Hattet Ihr damit gerechnet, ein Vermögen zu erben?« fragte Leo.
»Nein, die Sache ist weit komplizierter.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Ich habe Euch gesagt, daß Onkel Reggie sehr großzügig sein konnte.« Beatrice drehte sich um und ging in entgegengesetzter Richtung zurück. »Ein paar Monate vor seinem Tod verkündete er seine Absicht, meiner Cousine Arabella eine Ballsaison zu finanzieren. Ihre Familie hat sehr wenig Geld.« Sie hielt inne. »Ehrlich gesagt hat keiner in meiner Familie sonderlich viel Geld.«
»Außer Onkel Reggie?« »Er war die Ausnahme, und das Vermögen, das er letztes Jahr geerbt hatte, konnte man bestenfalls als bescheiden bezeichnen. Trotzdem war es wesentlich mehr, als irgendein anderer meiner Verwandten sein eigen nannte.«
»Ich verstehe.«
»Wie dem auch sei. Arabella ist sehr hübsch und ausnehmend charmant.«
»Und ihre Eltern hoffen darauf, sie an einen wohlhabenden jungen Gentleman aus der feinen Gesellschaft verheiraten zu können.«
»Nun, ehrlich gesagt, ja.« Sie fixierte ihn mit finsterer Miene. »Diese Art von Hoffnung ist nichts Ungewöhnliches, Mylord. Es ist der sehnlichste Wunsch vieler Familien, die knapp bei Kasse sind.«
»In der Tat.«
»Onkel Reggie hat sich netterweise bereit erklärt, die Kosten für Arabellas Debüt zu übernehmen und ihr
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