Im Sturm erobert
der Leinenbinde verknotete. »Werden sie überrascht sein, von Euren Aktivitäten zu erfahren?«
»Ich bin sicher, daß sie verstehen werden, daß ich unter diesen Umständen keine andere Wahl hatte, als nach Onkel Reggies Mörder zu suchen und Arabellas Erbe zurückzuholen.« »Natürlich. Gehört alles zur täglichen Arbeit für den Leser von Schauerromanen, was, Mrs. Poole?«
»Man tut, was man tun muß.«
Leo grunzte und trank einen Schluck Brandy. »Wie lange seid Ihr schon Witwe, Mrs. Poole?«
Die Frage überraschte sie. Dann wurde ihr klar, daß Leo zweifellos versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf den Schmerz in seiner Wunde.
»Ich war drei Jahre verheiratet, Sir, und bin seit fünf verwitwet.«
»Wie alt ward Ihr, als Ihr geheiratet habt?« »Einundzwanzig.«
»Dann seid Ihr jetzt neunundzwanzig?«
»Ja.« Sie fragte sich, worauf er hinauswollte.
»Verdammt nahe an dreißig.«
»In der Tat, Sir.« Sie zog energisch an seinem Verband.
Er biß die Zähne zusammen und trank noch einen Schluck Brandy. »Irgendwelche Gelüste, sich wieder zu verheiraten?«
»Keine.« Beatrice lächelte kühl. »Wenn eine Frau einmal die metaphysische Vollkommenheit der harmonischsten Vereinigung, die ein Mann und eine Frau haben können, erlebt und das Ambrosia körperlicher, spiritueller und intellektueller Kommunikation mit ihrem wahren Seelenverwandten gekostet hat, kann sie sich nie mehr mit weniger zufriedengeben.«
»So gut war es?«
»Es war vollkommen, Mylord.«
»Bis Euer Mann starb«, sagte er.
»Vollkommenheit kann nie von Dauer sein. Aber man lebt weiter mit der Erkenntnis, daß man privilegiert war, zu lieben, wie es nur wenige Leute je erleben.« Sie unterbrach kurz ihre Arbeit an dem Verband. »Ich bin überzeugt, daß Ihr mich versteht. Ich habe gehört, daß Eure eigene Ehe auch ziemlich ungewöhnlich war.«
»Meine Frau war der Inbegriff von Anmut und Schönheit«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Sie war treu, sanft und eine liebevolle Mutter für meine Söhne. Kein Mann kann von einer Frau mehr verlangen. Sie hatte das Gesicht und die Natur eines Engels.«
Aus irgendeinem Grund wurde Beatrice’ Herz bei diesen Worten schwer. Sie rang sich ein höfliches Lächeln ab. »Ihr könnt Euch glücklich schätzen, Sir.«
Er hob sein Brandyglas. »Genau wie Ihr, Mrs. Poole. Wie Ihr schon sagtet, so wenige erfahren je, was echte Liebe ist, wenn auch nur für kurze Zeit. Auch ich habe nicht den Wunsch, die Flammen der Erinnerung durch eine zweite Ehe zu dämpfen, die der ersten nie gleichkommen könnte.«
»In der Tat.« Beatrice gefiel der grüblerische Unterton nicht, der sich in seine Worte eingeschlichen hatte. Sie zermarterte sich den Kopf nach etwas Aufmunterung. »Vielleicht ist es so am besten. Wie wir beide durch unsere eigenen Tragödien erfuhren, kann eine große Liebe einen großen Preis fordern.«
»Wißt Ihr, Mrs. Poole, daß Ihr genauso wie einer der Charaktere aus den Schauerromanen, über die wir gestern geredet haben, klingt?«
»Dann sind wir quitt, Sir.« Sie nahm die Schere und schnitt das Ende des Verbandes ab. »Ihr habt eine frappierende Ähnlichkeit mit einem Charakter in einem dieser Romane, all diese Heimlichkeiten um Mitternacht und auch noch angeschossen werden.«
»Zur Hölle damit. Vielleicht hat Finch recht. Vielleicht werde ich tatsächlich zu alt für solche Dinge.«
Beatrice lächelte zuckersüß. »Wie er schon sagte, ab einem gewissen Alter muß ein Gentleman exzessive Aufregungen meiden.«
Er zuckte zusammen. »Touche, wie Eure Zofe sagen würde.« Unglücklicherweise konnte Sally es nicht mit einem so aus-gezeichneten Akzent sagen, dachte Beatrice. Sie begutachtete ihre Arbeit im Schein des Feuers. Ein leichtes Kribbeln durchströmte ihren Körper. Natürlich war es lange her, seit sie einen Mann ohne Hemd gesehen hatte. Trotzdem war sie eine reife Frau, und solche Dinge sollten sie nicht interessieren.
Mit einem Mal erschien Justins schlanker Körper vor ihrem inneren Auge. Seltsam, bis jetzt war ihr nie in den Sinn gekommen, daß die Brust und die Schultern ihres Mannes ein wenig zu schmal gewesen waren.
Natürlich war Justin viel jünger gewesen, und hatte noch viel von einem Jüngling gehabt. Leo dagegen war ein Mann in den besten Jahren. Gestählt, mit geschmeidigen Muskeln, sehr breiten Schultern und einem kräftigen Brustkorb.
Es war nicht nur der Anblick von soviel nackter, männlicher Haut, der sie durcheinanderbrachte, stellte
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