Im Sturm erobert
hielt sich die Schulter.
Beatrice beobachtete erschrocken, wie er langsam seinen Stiefel aus dem Steigbügel zog und vorsichtig vom Pferd glitt.
Sicher am Boden angelangt, hielt er sich zwar auf den Beinen, aber Beatrice sah, wie er den Sattel packte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Als spüre er, daß sie ihn beobachtete, sah er hoch zum Fenster.
Sie trat rasch zurück, drehte sich um, nahm eine Kerze und eilte zur Tür. Was immer Leo getan hatte, er hatte es geschafft, sich zu verletzen. Sie fragte sich, ob ihn das Pferd abgeworfen hatte.
Aber diese Möglichkeit ließ die wichtigste Frage unbeantwortet. Was hatte den Irren Monk of Monkcrest überhaupt aus dem Haus gelockt?
Sie erreichte den oberen Treppenabsatz, als eine Stimme aus der Eingangshalle nach oben dröhnte.
»Hör auf, so ein Theater zu machen, Finch. Der Dreckskerl hat mich nur ein bißchen angesengt. Ich werd’s überleben. Es war meine eigene verdammte Schuld.«
»Mylord, ich muß mir die Freiheit nehmen, Euch zu sagen, daß ein Mann in Eurem Alter wirklich die exzessiven Aufregungen etwas drosseln sollte.«
»Danke für den Rat«, sagte Leo in einem so eisigen Ton, daß er ein Höllenfeuer damit hätte einfrieren können.
»Sir, Ihr blutet. Die Wunde muß verbunden werden.«
»Um Himmels willen, Mann, dämpfe deine Stimme. Wir wollen Mrs. Poole nicht wecken. Sie würde von jetzt bis Sonnenaufgang Erklärungen verlangen.«
»Ja«, sagte Beatrice und schritt die Treppe hinunter. »Mrs. Poole wird auf jeden Fall eine Erklärung verlangen. Was, in aller Welt, geht hier vor? Als Gast in Eurem Haus hab ich ein Recht auf eine Erklärung.«
Leo stöhnte, als er ihre Stimme hörte, aber er drehte sich nicht um. »Verdammt. Man möchte meinen, ich hätte heute nacht schon genug Pech gehabt.«
Beatrice hatte die unterste Stufe erreicht. »Was ist denn mit Eurem Arm, Monkcrest?«
Er blieb an der Tür zur Bibliothek stehen und sah sie über seine unverletzte Schulter an. Im Schein der Lampen der Ein-gangshalle schien sein Gesicht noch abweisender als früher an diesem Abend. Schmerz und schlechte Laune hatten ein gefährliches Feuer in seinen Augen entfacht.
»Es ist gar nichts mit meiner Schulter, Mrs. Poole.« »Unsinn.« Sie stellte die Kerze auf einen Tisch und ging quer durch die Halle zu ihm. »Das ist doch Blut auf Eurem Umhang, nicht wahr?«
»Ich empfehle Euch, zurück ins Bett zu gehen, Madam.« »Seid nicht komisch. Ihr braucht Hilfe.«
»Finch wird sich schon um meine Schulter kümmern.« Leo stolzierte in die Bibliothek. Elf heftete sich leise winselnd an seine Fersen.
Finch eilte hinter ihm her. »Wirklich, Mylord, diese Geschichten müssen aufhören. Es war eine Sache, als Ihr noch zwanzig wart, aber es ist eine ganz andere Geschichte, jetzt, wo Ihr schon vierzig seid.«
»Ich bin noch nicht vierzig«, knurrte Leo.
»Die paar Jährchen bis dahin spielen keine Rolle.« Finch zündete eine Lampe an und entfachte das Feuer.
Beatrice stand in der Tür. »Ich habe einige Erfahrung in solchen Dingen, Finch. Bitte bringt sauberes Leinen und heißes Wasser.«
»Ignorier sie, Finch.« Leo ließ sich erschöpft auf einen Hocker vor dem Kamin nieder. »Wenn dir deine Stellung in diesem Haushalt lieb ist, wirst du Mrs. Poole nicht beachten.«
Beatrice setzte ihr beschwichtigendstes Lächeln auf und sah Finch an. »Seine Lordschaft ist im Augenblick nicht er selbst. Macht, was ich sage. Und rasch bitte.«
Finch zögerte kurz und traf dann offensichtlich eine Entscheidung. »Ich bin gleich wieder zurück, Madam.« Er eilte in Richtung Küche davon.
Beatrice trat mit energischen Schritten in die Bibliothek. Elf legte den Kopf auf Leos Knie und beobachtete sie eindringlich.
»Laßt mich Eure Schulter sehen, Sir.«
Leo starrte sie grimmig an. »Setzt Ihr immer Euren Kopf durch, Mrs. Poole?«
»Wenn mir die Sache wichtig genug ist, bestehe ich darauf.« Sie zog vorsichtig den Umhang von seinen Schultern und warf ihn beiseite.
Leo biß die Zähne zusammen, aber er wehrte sich nicht. Beatrice stockte der Atem, als sie das Blut auf seinem weißen Leinenhemd sah.
»Gütiger Himmel.«
»Wenn Ihr vorhabt, in Ohnmacht zu fallen, Mrs. Poole, habt die Güte, das woanders zu tun. In meinem augenblicklichen Zustand kann ich Euch, glaube ich, nicht auffangen.«
»Ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht in Ohnmacht gefallen.« Sie sah mit Erleichterung, daß der rote Fleck bereits trocknete. »Ihr habt Glück gehabt. Die Blutung hat
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