Im Sturm: Thriller (German Edition)
Atem, hörte sie hin und wieder schluchzen, wußte aber nicht, was er ihr sagen sollte. Hatte er das Richtige getan? Hatte er einen Mord begangen, oder war die Tat ein Notbehelf gewesen oder ein Akt der Gerechtigkeit? Er verdrängte die vielen Fragen. Nun kam es nur aufs Überleben an.
»Zehn Minuten Rast!« rief er.
Sergeant Smith schaute sich nach den anderen um und setzte sich dann neben seinen Lieutenant. »Wir sind gut vorangekommen, Sir, vier oder fünf Meilen in zwei Stunden, und könnten jetzt ein bißchen langsamer gehen.«
Edwards lächelte schwach. »Bleiben wir doch einfach hier und bauen uns ein Haus.«
»Wär mir auch recht, Skipper«, erwiderte Smith lachend.
Der Lieutenant schaute kurz auf die Karte und verglich sie mit dem sichtbaren Gelände. »Umgehen wir dieses Moor links? Laut Karte ist dort ein Wasserfall, der Skulafoss. Die Klamm scheint recht tief zu sein. Wenn wir Glück haben, finden wir dort eine Höhle. Wenn nicht, sind wir in den tiefen Schatten der Klamm wenigstens vor Hubschraubern sicher. Wie weit wäre das? Fünf Stunden?«
»So ungefähr«, meinte Smith nickend. »Wären Straßen zu überqueren?«
»Nein, es sind nur Fußwege eingezeichnet.«
»Klingt gut.« Smith drehte sich zu dem Mädchen um, das sich gegen einen Felsen lehnte und ihnen stumm zuhörte. »Wie fühlen Sie sich?« fragte er sanft.
»Müde.« Ihr Tonfall sagte aber mehr, fand Edwards; sie klang ton- und emotionslos. War das gut oder schlecht? fragte er sich. Ihre Eltern waren vor ihren Augen ermordet worden, sie selbst hatte man brutal vergewaltigt. Was gingen einem da für Gedanken durch den Kopf? Er beschloß, sie abzulenken.
»Kennen Sie sich in der Gegend gut aus?« fragte er.
»Vater ging hier angeln und nahm mich oft mit.« Sie neigte das Gesicht in den Schatten. Ihre Stimme brach, und sie begann leise zu schluchzen.
Edwards hätte sie am liebsten in den Arm genommen und ihr gesagt, jetzt sei alles in Ordnung, befürchtete aber, das Ganze nur noch schlimmer zu machen. Und wer nahm ihm wohl ab, daß alles in Ordnung war?
»Wie steht es mit der Verpflegung, Sergeant?«
»Konserven für vier Tage, Sir. Ich habe das Haus gründlich abgesucht«, flüsterte Smith. »Ich fand auch zwei Angelruten und ein paar Köder. Wenn wir uns Zeit nehmen, können wir uns selbst versorgen. Die Gewässer hier sind fischreich, eine Menge Forellen und Lachse. Angeln macht Spaß, hab ich gehört. Aber ich konnte mir das nie leisten. Sagten Sie nicht, Ihr Vater sei Fischer?«
»Hummerfischer. Was konnten Sie sich nicht leisten?«
»Lieutenant, wer hier oben angeln will, muß zweihundert Dollar hinlegen«, erklärte Smith, »und das ist bei meinem Sold nicht drin. Aber wenn der Angelschein so teuer ist, muß es doch eine Menge Fische geben, oder?«
»Denkbar«, stimmte Edwards zu. »So, brechen wir wieder auf. Wenn wir den Berg da drüben erreicht haben, legen wir uns aufs Ohr und ruhen uns aus.«
»Soll mir recht sein, Skipper. Aber vielleicht kommen wir dann nicht rechtzeitig nach –«
»Zum Teufel, dann verspäten wir uns eben! Ab jetzt wird nach anderen Regeln gespielt. Es kann sein, daß der Iwan nach uns sucht. Also machen wir langsam. Und wenn das unseren Freunden am Radio nicht gefällt, haben sie Pech gehabt. Vielleicht kommen wir mit Verzögerung ans Ziel, aber wir schaffen es.«
»Genau, Skipper. Garcia! Sie gehen voran. Rodgers, Sie bilden die Nachhut. Fünf Stunden noch, Marines, dann können wir pennen.«
USS Pharris
Gischt peitschte Morris ins Gesicht, aber er genoß das Gefühl. Der Geleitzug mit Ballast beladener Frachter lief einem mit vierzig Knoten heranfegenden Sturm entgegen. Die See hatte einen häßlichen, schaumigen Grünton. Seine Fregatte erklomm die steilen Flanken endloser Wellenberge und stürzte dann wieder von ihnen herunter. Das ging nun schon seit sechs Stunden so. Die Bewegungen des Schiffes waren brutal. Jedesmal, wenn sich der Bug ins Wasser bohrte, hatte man das Gefühl, jemand sei voll auf die Bremse gestiegen. Die Männer hielten sich an Stützen fest und glichen breitbeinig das Schlingern aus. Wer an Deck stand, wie Morris, trug Schwimmweste und Jacke mit Kapuze. Ein Gutteil der Crew schlief.
Gefechte waren bei solchem Wetter praktisch unmöglich. U-Boote orteten ihre Ziele vorwiegend mit Sonar, und der Lärm der aufgewühlten See übertönte jegliche Schiffsgeräusche. Ein ganz besonders aggressiver U-Boot-Kommandant konnte versuchen, auf Sehrohrtiefe zu fahren und sein
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