Im Sturm: Thriller (German Edition)
zum Schiff zu lotsen – zum einen, weil O’Malley selbst betrunken war, zum anderen, weil Morris das Bewußtsein zu verlieren drohte. Vom Kai gesehen sah die Gangway sehr steil aus.
»Haben Sie Schwierigkeiten?«
»Guten Abend, Master Chief.«
»Guten Abend, Commander. Ist der Kommandant bei Ihnen?«
»Allerdings. Packen Sie mal mit an?«
Gemeinsam schafften sie den Kommandanten an Bord. Das größte Hindernis war die Leiter zu Morris’ Kammer. Für diese Operation wurde ein weiterer Matrose zur Hilfe gerufen.
»Donnerwetter«, meinte der junge Mann. »Der Alte hat ja ganz schön einen in der Krone.«
»So kann sich nur ein echter Seebär besaufen«, stimmte der Master Chief zu. Zu dritt bugsierten sie Morris die Leiter hoch, und oben legte O’Malley ihn in seine Koje. Der Kommandant schlief fest. O’Malley konnte nur hoffen, daß er von nun an von seinen bösen Träumen verschont blieb.
Northwood, England
»Nun, Commander?«
»Jawohl, Sir, ich glaube, das klappt. Wie ich sehe, sind unsere Einheiten praktisch an Ort und Stelle.«
»Die Erfolgschancen des ursprünglichen Plans waren geringer. Er würde sie zwar aufgeschreckt haben, aber mit Hilfe dieser Methode könnte es uns gelingen, ihren Bombern schwere Verluste zuzufügen.«
Toland schaute hoch auf die Karte. »Der richtige Zeitpunkt ist noch eine trickreiche Angelegenheit, aber auch nicht kniffliger als bei dem Angriff auf die Tanker. Mir gefällt der Plan, Sir. Er würde in der Tat einige Probleme lösen. Wie sieht es bei den Geleitzügen aus?«
»In New York sind achtzig Schiffe versammelt, die in vierundzwanzig Stunden auslaufen sollen. Starker Geleitschutz, Träger zur Unterstützung, sogar ein neuer Aegis-Kreuzer. Und der nächste Schritt wäre natürlich –« Beattie sprach weiter.
»Jawohl, Sir. Und Doolittle ist der Schlüssel dazu.«
»Genau. Fliegen Sie zurück nach Stornoway. Wir halten Sie über alle Entwicklungen auf dem laufenden. Vergessen Sie nicht, daß diese Informationen nur für direkt Beteiligte bestimmt sind.«
34
Fühler
USS Reuben James
Der Wecker ging um sieben Uhr, viel zu früh für Jerry O’Malley. Er hatte die untere Koje in dieser Zweierkammer – sein Kopilot schlief oben – und seine erste bewußte Handlung war, drei Aspirin zu nehmen und sich dann wieder hinzulegen. Sein Schädel brummte. Als die Tabletten zu wirken begannen, ging er duschen, erst kalt und dann warm. Nun hatte er einen einigermaßen klaren Kopf.
Die Messe war voll, aber still. Die Offiziere saßen in Altersgruppen beinander und unterhielten sich flüsternd. Die Jüngeren hatten noch keine Gefechtserfahrung, und ihr anfängliches Draufgängertum war einer nüchternen Einschätzung ihrer Aufgabe gewichen. Schiffe waren versenkt worden. Kameraden lebten nicht mehr. Für diese jungen Männer war die Furcht eine Unbekannte und viel bedrohlicher als die technischen Aspekte des Gefechts. Er sah Fragen in ihren Gesichtern, die nur die Zeit beantworten konnte. Sie mußten lernen, die Ungewißheit zu ertragen. O’Malley war gefechtserfahren. Diese jungen Kerls würden Angst haben und versuchen, sie zu überwinden, so gut sie konnten. Sinnlos, sich jetzt darüber zu verbreiten.
»Guten Morgen, IO!«
»Morgen, Jerry. Ich wollte gerade zum Kommandanten.«
»Der hat Schlaf nötig.« Der Pilot hatte Morris’ Wecker abgestellt.
Frank Ernst verstand O’Malleys Wink. »Na gut, vor elf brauchen wir ihn ja nicht.«
»Ich wußte ja, daß Sie ein guter Erster sind, Frank.«
»Ich habe gestern abend die Übung an den Torpedos überwacht. Die Männer unterboten den Rekord um eine Minute – im dunkeln.«
»Nicht übel«, lobte O’Malley. »Wann ist die Einsatzbesprechung?«
»Um vierzehn Uhr. Es nehmen Befehlshabende, Erste Offiziere und ausgewähltes anderes Personal teil. Und Sie bestimmt auch.«
»Richtig.«
Ernst senkte die Stimme. »Ist der Kommandant auch bestimmt gesund?« Auf einem Schiff gibt es keine Geheimnisse.
»Seit dieser Zirkus losging, war er im Gefechtsdienst. Er mußte sich mal richtig einen ansaufen – das ist eine uralte seemännische Tradition«, erwiderte O’Malley und fuhr lauter fort: »Ein Jammer nur, daß diese Knaben hier zu grün zum Mitmachen sind. Hat vielleicht jemand eine Zeitung besorgt? Die Mannschaften der Football-Liga gehen ins Trainingslager, und es ist keine Zeitung an Bord? Saustall!«
»Echt, so einen Dinosaurier hab ich noch nie erlebt«, merkte ein junger Ingenieur sotto voce an.
»Sie werden
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