Im Sturm: Thriller (German Edition)
sich an ihn gewöhnen«, tröstete Ensign Ralston.
Island
Zwei Tage Rast konnten sie alle gebrauchen. Sergeant Nichols konnte wieder fast normal auftreten, und die Amerikaner, die keinen Fisch mehr sehen mochten, stopften sich mit von den Royal Marines mitgebrachten Extrarationen voll.
Edwards suchte erneut den Horizont ab. Es war schwer, ja unmöglich, nicht hinzuschauen. Und der Gipfel war, daß Vigdis das noch komisch fand. Die englischen Soldaten hatten unter anderem Seife mitgebracht, und ein rund eine Meile von ihrem Berglager entfernter winziger See war zum Badeplatz erklärt worden. Da sich im feindlichen Land niemald allein so weit von den anderen entfernte, war es selbstverständlich dem Lieutnant zugefallen, auf Vigdis aufzupassen. Sie mit geladenem Gewehr beim Baden zu bewachen, kam ihm aber absurd vor. Wie er feststellte, waren ihre Blutergüsse fast verheilt.
»Fertig, Michael.« Handtücher gab es keine, aber man roch wenigstens wieder menschlich. Sie kam mit feuchtem Haar auf ihn zu und lächelte schalkhaft. »War das peinlich? Tut mir leid.«
»Dafür können Sie nichts.«
»Ich werde dick.« Edwards konnte kaum etwas sehen, aber es war schließlich nicht seine Figur, die sich veränderte.
»Ich finde, daß Sie gut aussehen. Verzeihung, ich hätte nicht gucken dürfen.«
»Was ist da so schlimm?«
Edwards rang um Worte. »Tja, nach dem, was Ihnen passiert ist, wollen Sie wohl kaum von Fremden angestarrt werden, wenn Sie, na ja, nichts anhaben.«
»Michael, Sie sind anders als dieser Mann. Sie würden mir niemals etwas tun. Selbst nach dem, was er mit mir gemacht hat, finden Sie mich noch hübsch – obwohl ich dick werde.«
»Vigdis, ob schwanger oder nicht, für mich sind Sie das hübscheste Mädchen, das ich je gesehen habe. Sie sind stark und tapfer.« Außerdem glaube ich, daß ich dich liebe, dachte er, traute sich aber nicht, das zu sagen. »Wir sind uns eben nur unter ungünstigen Umständen begegnet.«
»Für mich war unsere Begegnung ein Glück. Sie haben mir das Leben gerettet.« Sie griff nach seiner Hand und lächelte. »Und Sergeant Smith hat mir verraten, daß Sie eigentlich den Befehl hatten, sich von Russen fernzuhalten. Sie haben also nur meinetwegen eingegriffen, obwohl Sie mich überhaupt nicht kannten.«
»Ich tat, was ich tun mußte.« Nun hatte er ihre beiden Hände ergriffen. Was soll ich jetzt sagen? fragte er sich. Plötzlich fühlte sich Edwards wieder so unbeholfen und linkisch wie als Sechzehnjähriger. »Vigdis, ich weiß nicht, wie ich das sagen soll – ach, reden kann ich überhaupt nicht gut. Ich beschäftige mich mit Wetterkarten und spiele mit Computern. Gewöhnlich habe ich erst nach ein paar Bier den Mut –«
»Ich weiß, daß du mich liebhast, Michael.« Ihre Augen funkelten, als sie das Geheimnis verriet.
»Hm, stimmt.«
Sie reichte ihm die Seife. »So, jetzt bist du dran. Und ich will versuchen, nicht zu oft hinzugucken.«
Fölziehausen , BRD
Major Sergetow händigte seine Unterlagen aus. Die Leine war an einer zweiten Stelle überquert worden – bei Gronau, fünfzehn Kilometer nördlich von Alfeld –, und nun nahmen sechs Divisionen an dem Vorstoß auf Hameln teil. Weitere versuchten, die Lücke zu verbreitern. Dennoch wollte die Offensive nicht so recht vorankommen. Auf den wenigen Vormarschstraßen in diesem Teil Deutschlands hatten die Verstärkungskolonnen schwer unter Artillerie- und Luftangriffen zu leiden, ehe sie in der Kampfzone eingesetzt werden konnten.
Was mit dem Versuch dreier Mot-Schützendivisionen, eine Bresche für eine Panzerdivision zu schlagen, begonnen hatte, war nun zum operativen Schwerpunkt für zwei komplette sowjetische Armeen geworden. Ursprünglich war man gegen zwei dezimierte deutsche Brigaden vorgegangen; jetzt hatte man es mit einem Sammelsurium von Einheiten aus praktisch allen Mitgliedstaaten der Nato zu tun. Alexejew grämte sich um vertane Chancen. Wenn seine Raketenwerfer die Leinebrücke nun nicht zerstört hätten? Hätte er dann die Weser, wie er damals glaubte, in einem Tag erreichen können? Vergangen, vorbei, dachte Pascha und sah sich die Informationen über die Verfügbarkeit von Treibstoff an.
»Nur für einen Monat?«
»Beim gegenwärtigen Tempo der Operationen, ja«, erwiderte Sergetow grimmig. »Und selbst hierzu mußten wir schon praktisch die ganze Wirtschaft lahmlegen. Mein Vater läßt fragen, ob wir den Treibstoffverbrauch an der Front reduzieren könnten –«
»Aber
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