Im Sturm: Thriller (German Edition)
Tatsache ändern, daß die Nato schwerste Verluste erlitten hat. Ich schlage vor, den Stab des Oberkommandos West auszutauschen und –«
»Moment, dazu möchte ich etwas anmerken«, unterbrach Sergetow.
»Lassen Sie uns Ihre Meinung hören, Michail Eduardowitsch«, sagte der Verteidigungsminister sichtlich gereizt.
»Marschall Bucharin, Sie wollen den gesamten Stab ablösen?« Die praktischen Konsequenzen für die Betroffenen sind ja wohl klar, dachte Sergetow.
»Mein Sohn gehört dem Stab des Stellvertretenden OB West, General Alexejew, an«, fuhr Sergetow fort. »Diesem Mann gelangen die Durchbrüche bei Alfeld und Rühle. Er wurde zweimal verwundet; feindliche Jäger schossen seinen Hubschrauber ab – er entkam, requirierte ein Fahrzeug, raste an die Front und leitete einen weiteren erfolgreichen Angriff. Diesen General, den besten, den wir meines Wissens haben, wollen Sie durch jemanden ersetzen, der mit der Lage nicht vertraut ist. Das ist doch der helle Wahnsinn!« rief er zornig.
Der Innenminister beugte sich vor. »Nur weil Ihr Sohn zu seinem Stab gehört –«
Sergetow wurde dunkelrot. »Nur meines Sohnes wegen? Mein Sohn kämpft an der Front, dient dem Staat. Er wurde verwundet und entkam bei dem Hubschrauberabschuß an der Seite seines Generals knapp dem Tode. Wer sonst in dieser Runde kann das von sich behaupten? Wo sind Ihre Söhne? « Er hieb auf den Tisch. Sergetow schloß in milderem Tonfall und traf seine Kollegen an der verletzlichsten Stelle: »Wo sind hier die Kommunisten?«
Ein kurzes, aber tödliches Schweigen. Sergetow wußte, daß er seine politische Karriere nun entweder ruiniert oder sehr weit vorangebracht hatte. Wer als nächster das Wort ergriff, würde über sein Schicksal entscheiden.
»Im Großen Vaterländischen Krieg«, ließ sich Pjotr Bromkowski würdevoll vernehmen, »lebten die Mitglieder des Politbüros an der Front. Viele verloren Söhne. Selbst Genosse Stalin gab seine Söhne dem Staat, und sie dienten Seite an Seite mit den Söhnen gewöhnlicher Arbeiter und Bauern. Michail Eduardowitsch hat wohl gesprochen. Genosse Marschall, darf ich Sie um eine Beurteilung des Generals Alexejew bitten? Ist Genosse Sergetows Einschätzung korrekt?«
Bucharin sah unbehaglich drein. »Alexejew ist ein junger, intelligenter Offizier. Jawohl, auf seinem gegenwärtigen Posten hat er Gutes geleistet.«
»Warum wollen Sie ihn dann ablösen?«
»Vielleicht war der Entschluß zu übereilt«, gestand der Verteidigungsminister zu und stellte fest, daß die Stimmung am Tisch dramatisch umschlug. Das zahle ich dir heim, Michail Eduardowitsch, dachte er. Schlägst dich auf die Seite des ältesten Mitglieds – na schön, der alte Pjotr lebt nicht ewig. Und du auch nicht.
»Gut, das wäre dann beschlossen«, meinte der Generalsekretär. »Nun, Bucharin, wie ist die Lage auf Island?«
»Meldungen zufolge landete der Feind Truppenteile, aber wir griffen die Nato-Flotte sofort an und erwarten nun die Beurteilung der Verluste, die wir ihr zugefügt haben.« Bislang kannte Bucharin nur die sowjetischen Verluste und wollte diese erst bekanntgeben, wenn er gleichzeitig günstige Resultate des Luftangriffs zu melden hatte.
Stendal, DDR
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit kamen sie, KGB-Offiziere im Kampfanzug. Alexejew arbeitete an der Aufstellung der neu eingetroffenen Divisionen der Kategorie III und sah sie nicht. Fünf Minuten später wurde er herbeizitiert.
»Genosse General, Sie sind ab sofort Oberbefehlshaber des Operationsgebietes West«, sagte sein Vorgesetzter schlicht. »Viel Glück.«
Beim Tonfall des Generals sträubten sich Alexejew die Nackenhaare. Links und rechts von dem Mann standen Oberste des KGB im Kampfanzug.
Was soll ich sagen, was kann ich tun? dachte er. Dieser Mann ist mein Freund.
Der ehemalige OB West nahm ihm das ab. »Leben Sie wohl, Pascha.«
Sie führten den General ab. Alexejew schaute ihm nach, sah ihn an der Tür stehenbleiben. Sein Blick war resigniert, sein Pistolenhalfter leer. Alexejew wandte sich ab und sah auf dem Schreibtisch ein Fernschreiben, das ihn in seiner neuen Funktion bestätigte und ihm versicherte, er habe das volle Vertrauen der Partei, der Politbüros und des Volkes. Er knüllte den Fetzen zusammen und warf ihn an die Wand.
Wieviel Zeit habe ich? dachte Alexejew und rief seinen Fernmeldeoffizier.
»Geben Sie mir General Beregowoy!«
Brüssel
Der SACEUR gönnte sich eine Mahlzeit. Seit Kriegsausbruch hatte er sich von Kaffee und
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