Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
kleine Holzhäuser, die unter der Last der hundert Jahre, die sie auf dem Buckel hatten, fast zusammenbrachen, und neuere dreistöckige Gebäude, bei denen die Hälfte der Wohnungen aber auch schon vermoderte Fensterrahmen hat.
Verfall also und somit begehrte Spekulationsobjekte.
Der Großteil der Bevölkerung ist allerdings in Frogtown zu Hause, einem dem Feuchtgebiet abgetrotzten Viertel und so genannt, weil sich hier einst die Franzosen, die Frogs, angesiedelt haben. Doch inzwischen ist die Zahl der kriminellen Deutschen, ehrgeizigen Iren und Hillbilly-Gauner ebenso groß wie die der Franzosen. Und damit nicht genug.Was die Alteingesessenen wirklich beunruhigt, ist dieser neue Zustrom illegaler Einwanderer aus Mexiko. Diese Leute verpesteten die Straßen mit dem Gestank von Paprika und verbrannten Bohnen, und sie kapierten einfach nicht, wer hier das Sagen hatte. Wenn die Einwohner von Frogtown nicht bald aus ihrem süßen Schlummer erwachten, dann würden sie demnächst feststellen müssen, dass sie am Pancho Villa Boulevard wohnten. Okay, aber so weit kommt es dann doch nicht.
St. Bruno heißt diese an dem großen, schmierigen Fluss liegende Stadt im südlichen Louisiana.
Sie ist aber auf keiner Landkarte verzeichnet. Und in den Reiseführern findet man sie erst recht nicht.
St. Bruno ist eine Fiktion.
Ein Autor aus der wohl härtesten Gegend Amerikas hat sich diesen Ort ausgedacht, in den er auf etlichen hundert Seiten seiner Bayou Trilogie abgedrehte Gangster schickt, die mit beiden Händen tief in den sagenumwobenen Geldtopf dieser Stadt greifen wollen .
Here we go!
Daniel Woodrell wuchs in den Ozarks auf, einer zerklüfteten Hochlandregion, die sich über die südliche Hälfte von Missouri und einen großen Teil des nordwestlichen und zentralen Arkansas erstreckt. Es ist Amerikas trostloser Hinterhof. Die Welt der Underdogs, der White-Trash-Familien und debilen Hinterwäldlern, die vom American Way of Life ausgeschlossen sind, hat ihn geprägt. Woodrell spricht die Sprache der Outlaws, der Verlorenen und Verdammten.
Mit siebzehn geht er zu den Marines – weniger, um dem Vaterland ehrenhaft zu dienen, scheiß drauf, vielmehr, um ordentlich Kohle zu greifen. Schotter, Asche, dicke Bündel Greenbacks, Bucks. Allzu lange muss sich Woodrell bei den Marines nicht drillen lassen. Er hat was mit Drogen laufen, hat Stress und zeigt der Armee schließlich den Mittelfinger.
Sein Ziel ist, sich als Schriftsteller zu etablieren. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Der stämmige Typ aus den Ozarks nimmt jeden ihm sich bietenden Job an, um Zeit für seine ersten Storys frei zu hauen. Letztlich kommt er nach Iowa und nimmt an einem Uni-Workshop für kreatives Schreiben teil.
Beharrlich arbeitet Woodrell an einem Roman, einem Krimi. Handlungsort Louisiana. In den Bayous: »Born on the bayou, born on the bayou, born on the bayou …«, singt John Fogerty ( Creedence Clearwater Revival).
Woodrell erzählt die Geschichte von Rene Shade, Detective im fiktiven St. Bruno. Geboren und aufgewachsen als mittlerer von drei Söhnen der Billardsalon-Betreiberin Ma Blanquis. Der Vater John X, ein Glücksspieler und Frauenheld, hat sich verdrückt. Rene kennt in der Stadt ’ne Menge Leute, die meisten seit seiner Kindheit. Sein jüngerer Bruder Francois ist Rechtsanwalt und hat reich geheiratet. Shade mag ihn nicht sonderlich. Und auch seinem älteren Bruder Tip gegenüber hegt er gemischte Gefühle. Tip ist Besitzer der Catfish Bar und pflegt Umgang mit Gangstern, Dieben und deren Freunden . So zählt auch der Auftraggeber eines von auswärts angereisten Möchtegern-Killers zu seinen Gästen.
Also: Welcome to Frogtown.
Cajun Blues, der Auftakt der Bayou Trilogie , ist Daniel Woodrells literarisches Debüt. Der Roman erschien 1986, ein Jahr bevor James Lee Burke seine ebenfalls in den Bayous angesiedelten Dave-Robicheaux-Serie begann. Der Krimikritiker Martin Compart schreibt, dass einige Rezensenten Woodrell damals »als eine Art James Lee Burke ohne Abitur« bezeichnet haben. Woodrell soll darüber so wütend gewesen sein, dass er angeblich vier Jahre nichts mehr schrieb. Er wollte diese Leute nur einmal persönlich treffen »und ihnen die Scheiße aus dem Leib prügeln«.
Wenn aber überhaupt, kann er sich nach Erscheinen seines zweiten Rene-Shade-Krimis nur für einige Zeit Schreibabstinenz auferlegt haben. Der Boss wird nämlich schon 1988 veröffentlicht und setzt die Geschichte des Südstaaten-Detective
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