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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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wieso ich für irgendjemanden ein Problem sein sollte.«
    »Solange der Junge ein Problem ist, bist du auch eins.«
    »Der Junge hat nicht mehr lang zu leben.«
    »Klar«, antwortete Roque. »Aber halt du dich da raus. Du hast die Sache in den Sand gesetzt, und jetzt können wir uns nicht mehr in seine Nähe trauen. Er ist zu heiß für uns.«
    »Vielleicht kann ich seinen Vetter dazu bringen, dass er ihn aus dem Weg schafft. Dass er sich das Mädchen ein-, zweimal vornimmt und dem Jungen dann das Licht ausbläst.« Ledoux zog hoffnungsvoll die Augenbrauen hoch und blickte zu Roque. »Könnte sogar als Verbrechen aus Leidenschaft durchgehen, wenn der Schwanz von seinem Vetter noch nass ist, verstehst du. Das könnte klappen.«
    »Nein. Bei der einfachen Scheiße bist du irre clever, aber die Idee hier ist für ’n Arsch.«
    Jetzt stand Roque unter der nackten Glühbirne und machte Übungen zum Abkühlen. Auf seinem Rücken waren mehrere rote Furchen zu sehen, außerdem schmale Narben kreuz und quer auf dem Brustkorb.
    »Wo hast du dich denn so ins Kreuz beißen lassen?«
    »Das war in Korea. Mörserfeuer.«
    »Ah. Toll, ehrlich. Mich haben sie damals nicht genommen.«
    »Herzprobleme, oder was?«
    »Nee. Ich bin seit Geburt ein Gauner. Und die wollen keine Gauner, die zugeben, dass sie welche sind. Das hättest du ihnen auch sagen sollen.«
    »Ja. Nur war ich damals noch gar kein Gauner.«
    »Der Krieg hat dich erwachsen werden lassen, was?«
    »Irgendwas war’s, ja.«
    »Man muss immer das tun, wozu man Talent hat«, meinte Ledoux. »Das ist keine Sünde.« Er deutete auf Roques behaarte Brust. »Und die Schlitze da in deinen Titten – sind die auch von den Granaten?«
    »Nee. Das waren Rasierklingen, hier in unserem Viertel. Ich hatte das Recht auf meiner Seite, aber das hätte ich lieber für mich behalten sollen.«
    Nachdem er mit den Dehnübungen fertig war, setzte sich Roque auf die Gewichtebank. Sein Gesicht war glatt, entspannt durch die Anstrengung, und von der Nase tropften verspätete Schweißperlen.
    »Ich sag dir, was du jetzt machst, du Arschgeige. Und das wirst du auch tun.«
    »Du weißt, dass ich es tue. Wenn’s geht.«
    »Ich hab dich noch nie mit Superman verwechselt, das kannst du mir glauben. Aber das, was ich vorhabe, schaffst sogar du. Wir können nicht einfach zu dem Jungen gehen und ihn uns da vornehmen, wo er wohnt. Dort kennt uns jeder. Du wirst also Folgendes tun: Du rufst Sundown Phillips an und gibst ihm einen Tipp, wo er den kleinen Spinner finden kann. Sag, du willst keine Missverständnisse, weil der Junge in Frogtown wohnt.«
    »Warum soll ich das denn tun?«
    »Du bist so ein Trottel, dass ich noch nicht mal über dich lachen kann. Benutz doch zur Abwechslung mal dein blödes Hirn, ja? Du erzählst ihm, du hättest erfahren, dass der Junge ihn erschossen hat, bei ’nem Einbruch oder so, und dass du ihn um des lieben Friedens willen ausliefern willst. Mehr nicht.«
    »Dann gehen die hin und legen den Grünschnabel um.«
    »Ach, ehrlich? Hab ich schon mal erwähnt, wie saublöd du bist? Ich meine, ehrlich, Pete – ja, wenn wir Glück haben, dann legen die ihn um.«
    Ledoux stand auf etwas wackeligen Beinen da und nickte seinem Chef zu.
    »Du bist der Boss«, sagte er schließlich. »Ich tu, was du willst. Aber ich muss sagen, dass es mir nicht gefällt, einen Nigger nach Frogtown zu holen, weißt du, damit er ’nen Weißen kaltmacht.«
    »Werd endlich erwachsen, Pete. Vergiss deine Nigger-Albträume und werd erwachsen. Es geht ums Geschäft.«
    »Ich weiß, aber es gefällt mir nicht, wenn sie einfach hierherkommen und einen Weißen umbringen. Das wird noch zur Gewohnheit. Das passt mir nicht. Aber ich tu’s trotzdem, weil du es sagst.« Er wandte sich ab. »Sonst könnte mich nichts und niemand dazu bringen.«
    Roque legte sich auf seiner Bank zurück und bedeckte die Augen mit den Händen.
    »Bis dann, Pete«, sagte er. »Zeit, ’nen frischen Köder auszulegen und im Tiefen zu fischen. Aber fall bloß nicht ins Wasser.«
    Im Wagen war es immer noch brütend heiß, und Ledoux hatte das Gefühl, als liefe ihm alle Flüssigkeit, die er in sich hatte, den Nacken hinunter.
    Er fuhr die Kopfsteinpflasterstraße entlang, wo geparkte Autos die Gehwege säumten und Kinder zwischen den vorbeifahrenden Fahrzeugen Ball spielten. Alte Backsteinhäuser, herumlungernde, muskelbepackte Kerle, zwölf Jahre alte Autos, uralter Müll. Das war sein Zuhause. Schon so oft in seinem Leben hatte

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