Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Also, du weißt doch, dass du stirbst, oder? Wenn du Rankin nicht für uns aus dem Weg schaffst.«
»Hab so was schon vermutet.«
»Tja, das ist ’ne Tatsache.«
Crane richtete sich auf und ging zur Tür. »Ich rede mit Steve«, sagte er. »Ich weiß, dass ich in der Klemme stecke.«
»Deine ganze Scheißfamilie steckt drin.«
Jetzt steckt er nicht mehr in der Klemme, dachte Ledoux grimmig, während er die Münzen in den Telefonschlitz warf und die Nummer wählte. Er fühlte sich noch mieser als zuvor an diesem Tag.
Nach dem dritten Klingeln nahm jemand ab.
»Phillips Construction. Powers Jones am Apparat.«
»Ich möchte Phillips sprechen.«
»Ist nicht da. Wer sind Sie?«
»Niemand.«
»Pete Ledoux, stimmt’s?«
»Und?«
»Wenn Sie was zu sagen haben, dann sagen Sie’s.«
Eine lange Pause trat ein, denn Ledoux brauchte Zeit, um die ganze Schmach der vergangenen Jahrzehnte herunterzuschlucken.
»Ja, ich hab was zu sagen. Und Sie sorgen dafür, dass Phillips es auch erfährt. Es geht um Folgendes …«
12
Die Menschenmenge drängte gegen den Polizeikordon. In den Gesichtern der Schaulustigen spiegelte sich eine Mischung aus Schrecken und Sensationsgier. Mit offenstehenden Mündern starrten sie alle, vereint in ihrer Freude an anderer Leute Unglück, auf die Leiche von Teejay Crane.
Um siebzehn Uhr sechsundvierzig trafen Detective Shade und Detective Blanchette am Tatort ein. Als sie sich einer Gruppe uniformierter Beamter und hemdsärmeliger Detectives näherten, die um die Leiche herumstanden, packte ein junger Streifenpolizist, der gerade gehen wollte, Shade am Arm.
»Die absolute Sauerei«, sagte der junge Polizist.
»Noch nie ein Gehirn gesehen?«, fragte Blanchette.
»Nicht an so vielen Stellen gleichzeitig.«
Detective Tom Gutermuth, ein leberfleckiger, abgeklärter Mann vom Raubdezernat, der zufällig als Erster zum Tatort gekommen war, informierte Shade, dass es eigentlich nicht allzu viel zu berichten gab. Ein blonder, junger Mann mit Elvis-Ambitionen hatte aus einer Schrotflinte mit abgesägtem Lauf aus nächster Nähe zwei Schüsse abgegeben. Die Waffe hatte man bereits gefunden, und Streifenwagen waren ausgeschwärmt, um nach dem Täter Ausschau zu halten. Das Opfer war der Besitzer und Betreiber des Olde Sussex Theatre, und es gab mehrere Augenzeugen.
»Ein Pornokönig«, sagte Blanchette.
»Richtig«, bestätigte Shade. »Wir sollten alle hochnehmen, die in fleckigen Regenmänteln rumlaufen.«
»Und alle mit Klopapier an den Schuhen.«
Herumzustehen und die Leiche zu begutachten brachte offensichtlich nicht viel, also beschloss Shade, das zu tun, was er seiner Meinung nach am besten konnte: auf der Suche nach Gefahr die harten Straßen und unberechenbaren Gassen von Saint Bruno zu durchstreifen. Vielleicht konnte man so wenigstens irgendwas zutage fördern – jedenfalls mehr, als durch Rumsitzen und Nachdenken.
Blanchette blieb am Tatort, während Shade sich allein auf den Weg machte, zu Fuß.
Der blonde Kerl hatte offensichtlich Eindruck gemacht. Man erinnerte sich an ihn, und Shade hatte keinerlei Schwierigkeiten, seine Route vom Olde Sussex Theatre bis zur Second Street zu verfolgen. Er brauchte nur an die Fenster zu klopfen und Leute auf der Straße zu fragen, ob sie einen panischen jungen Weißen mit irrem Blick gesehen hätten. In der Gegend wohnten zwar nicht nur Schwarze, aber sie beherrschten das Bild. Die wummernden Bässe, die aus den Stereoanlagen dröhnten, waren sepiafarbene Kunst, und selbst die Stimmen der weißen Anwohner klangen wie schwarzer Rap. Alle erinnerten sich an den Blonden, sagten aber nicht viel, sondern deuteten nur nach »da lang« – zum Fluss hinunter.
Shade durchmaß im Laufschritt die Straßen; er wusste, dass seine Spur fast eine Stunde alt war. Die Geschäfte hatten größtenteils schon geschlossen, nur die Kneipen, Woolworth und die Spielhallen waren noch geöffnet. In Letzteren machte Shade halt, um Fragen zu stellen, und gab damit jedem Klugscheißer und Halbstarken die Chance, leidlich komische Bemerkungen oder unoriginelle Unverfrorenheit zur Schau zu stellen. Da Shade für so was keine Zeit hatte, machte er sich schnellen Schrittes auf den Weg zum Fluss.
Allmählich schlängelte er sich auf Frogtown zu. Der Blonde hatte anscheinend Kurs auf den Fluss genommen, und von dort aus konnte er nur nach Süden laufen – oder eben nach Norden in Richtung Frogtown. Instinkt und Erfahrung bewogen Shade, in nördliche Richtung zu
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