Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Ausflug lockermachen kannst?«
»Ein mehr oder weniger ehrlicher, Mag.«
»Schon kapiert«, sagte sie mit hochgezogenen Brauen. »Du glaubst, das wird sich eines Tages auszahlen, oder wie?«
»Nee, Mag, ich bin vielleicht nett, aber nicht bekloppt.« Er trank noch einen Schluck Bier und grinste. »Ich mach ihr ein Bett aus Tannennadeln und brate ihr eine Regenbogenforelle frisch aus dem Bach.«
»Klingt gut«, meinte Nicole. »Aber ich war schon öfter mit dir fischen, und ich hab nie gesehen, wie du wirklich einen Fisch gefangen hast.«
»In den Ouachitas fang ich bestimmt einen«, sagte er. Shade hatte ein paar Narben zu viel, um wirklich gut auszusehen; um seine Augen herum erschienen blasse Lachfältchen, und der eigentlich hohe Nasenrücken war ziemlich flachgehauen. Aus den blauen Augen sprachen Temperament und Hartnäckigkeit; der geschmeidige Körper bewies physische Disziplin. Die langen braunen Haare wurden schon ein wenig schütter. Obwohl er sich in letzter Zeit manchmal ein etwas eleganteres Äußeres wünschte, kleidete er sich immer noch wie ein arbeitsloser Hafenarbeiter: Am liebsten trug er enganliegende, dunkle T -Shirts, Khakihosen und weiße Seemannsslipper ohne Socken. »Ich hab in der Zeitung gelesen, dass die Forellen in den Ouachitas den unachtsamen Angler praktisch hinterrücks überfallen.«
»Wie aufregend«, sagte Maggie. »Ich glaube, bei Kroger’s kann man sie bereits gezähmt und tiefgefroren kaufen. Ist gar nicht weit weg von hier.«
Aus den Lautsprechern erklang jetzt eine Johnny Hodges-Version von Don’t Get Around Much Anymore, und der Kneipenlärm vermischte sich mit dem flotten Saxophon zu einem angenehmen Klangteppich. Zwei Frauen auf einem kleinen Sofa bei der Bar diskutierten ernsthaft über die jeweiligen Verdienste von Krystle und Alexis, während ein anderes lautstarkes Pärchen mit leeren Biergläsern anstieß und dazu »Heim-wärts! Heim-wärts!« intonierte.
»Ach«, entgegnete Shade. »Weißt du, das da oben ist einfach eine andere Welt. Genau das will ich im Urlaub. Ich brauche keine Strandausgabe von St. Bruno. Ich will fünf Tage lang eine andere Welt. Der Fluss da oben hat nicht wie hier die Farbe von Schuhleder. Nee. Er ist klarer als Babypisse und kühl. Wenn man ’nen Sixpack reinstellt, hat man in zehn Minuten perfekt temperiertes Bier.« Er leerte sein Glas. »Und ich hab auch ein kleines Zelt. Für den gemütlichen Teil.«
Shades Vorstellung von Gemütlichkeit, die er ihnen da so unverblümt auftischte, brachte das Kichern der beiden Frauen zum Verstummen, und sie betrachteten ihn mit einer mitleidig-herablassenden Miene, als hätte er gesagt, Kekse aus der Packung seien ihm lieber als selbst gebackene. Ihre ernsten, aber zärtlichen Blicke maskierten ihre inneren Stimmen, die sagten: »Sportsfreund, in Geschmacksfragen hast du keinen Schimmer. Aber es wäre zu grausam, dir das zu sagen.«
Shade seinerseits weilte in Gedanken schon mehrere Autostunden entfernt an einem flinken, kühlen, nicht sehr tiefen Bach, schnupperte den würzigen Geruch der Kiefernnadeln und luchste mit instinktiver Anglerschlauheit Mütterchen Natur ein paar Fischfilets ab. Er würde nach den Adlern Ausschau halten, die dort in dieser rauen Gegend angeblich nisteten. Ständig würde er darauf gefasst sein müssen, dass ihn ein Blick auf den elegant dahinsegelnden Raubvogel, das Nationalsymbol, vor Ehrfurcht erstarren ließ.
»Hab ich euch schon erzählt, dass es da oben Adler gibt?«, fragte er. Weil ihm offenbar niemand zuhörte, sagte er lauter: »Hey, gib mir noch ’n Bier.«
Dann sah er zu, wie die attraktive Nicole, die längste Romanze seines Lebens, in ihrem Top mit nackten Armen und Schultern zum Zapfhahn ging, ihn zurückzog und bei dieser Bewegung eine faszinierende Aussicht auf ihre Achselhaare freigab, die sie nie rasierte – eine Eigenart, die sie angenommen hatte, als sie mit neunzehn ein Jahr in Triest gelebt und so getan hatte, als wäre sie eine europäische Bäuerin. Als sie ihm sein Glas wieder brachte, beobachtete er das vertraute Auf und Ab ihrer reizenden, frechen Titten, und auf einmal schossen ihm schweißgebadete Nacktszenen auf einem weichen Bett durch den Kopf.
»Wann lässt Maggie dich gehen, Nic?«
Sie stellte das Bier auf einen viereckigen Bierdeckel vor ihm.
»Oh, Carol müsste eigentlich in ein paar Minuten kommen. Um Mitternacht. Dann hab ich frei.« Sie stützte die Ellbogen auf den Tresen und legte das Kinn in die Hand. Ihr Gesicht
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