Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
blickte er von einem Gesicht zum anderen, starrte dann auf seine Füße, blinzelte hektisch und sagte schließlich: »Dieses Spiel steht unter Schutz. Ich sag Ihnen …«
»Halt den Mund, Gerry«, unterbrach ihn der Mann mit dem Korsett. »Wenn du an der Tür gewesen wärst, wie …«
Jadick donnerte mit dem Schrotflintenschaft auf den Tisch.
»Der ist hier wohl der Aufpasser«, sagte er. »Nehmt ihm die Pistole ab.«
Aber noch während er das sagte, schob der blonde Mann, der mit einer Hand seine Hose festhielt, die andere hinter den Rücken, wo man für gewöhnlich ein Pistolenhalfter befestigt, und drehte sich ächzend und japsend um.
»Na klar!«, schrie Pugh und schoss dem Mann, noch bevor der die Pistole unter dem Hemdzipfel hervorziehen konnte, eine Kugel in den Bauch, eine in den Oberschenkel, eine ins Handgelenk und die letzte übers linke Ohr.
Der Mann sackte gegen die Wand und blieb dort in einer verdrehten Haltung liegen, die kein lebendiges Wesen ausgehalten hätte. Aus dem zerschossenen Handgelenk spritzte Blut an die Wand und bildete sofort eine große Pfütze.
»Sonst noch jemand?«, fragte Pugh und erntete das erwartete Schweigen. Da standen die Lackaffen in ihren Unterhosen, gelähmt von dem Knall, dem Blut und dem Korditgestank, den die Schüsse hinterlassen hatten.
»Raus hier«, sagte Jadick unfreundlich, und deutete mit der Waffe auf die Tür. »Gehen wir.« Der Mord machte ihm nicht weiter zu schaffen, denn auf kurze Sicht – und das war seiner Meinung nach die einzig wichtige – war er vielleicht sogar ein nützlicher Präzedenzfall. Yeah, jetzt wussten diese Dorftrottel wenigstens, dass ein frischer, ein rauerer Wind in ihrer Stadt wehte. »Ich komm gleich nach.«
Pugh und Byrne verdrückten sich durch die Tür; Jadick übernahm die Rückendeckung. Wie er so durch seine Sehschlitze spähte, sah er in diesen noblen, ehrfürchtigen, halbnackten Geldsäcken so vieles von dem, was er schon immer gehasst hatte, dass er sich die Chance auf eine straffreie Rache nicht entgehen lassen konnte.
Der Silberhaarige, den er vorhin als Ablage für die Flinte benutzt hatte, stand günstig, also machte Jadick einen Schritt vorwärts und schlug den blauen Stahl über das edle, schwerreiche Riechorgan, hörte Knacken und Knirschen und wusste, dass der Gentleman in Zukunft mit einer ganz ordinären Boxernase rumlaufen und sein Leben lang Hohn und Spott dafür einstecken würde. Zutiefst befriedigt sah er den Fatzke auf die Knie sinken, während ein roter Wasserfall seine geschmackvolle Feinstrickkombination ruinierte. Dann vollführte Jadick eine elegante kleine Drehung, wedelte ein bisschen mit seiner Kanone, und alle Männer fielen bäuchlings auf den Teppich, die Hände hilflos über den Kopf gestreckt, und Jadick ballerte – als Zeichen seines Zorns – auf den schicken Tisch, dass die Karten und Whiskeygläser nur so durch die Gegend flogen. Hier explodierte ein Liter Rebel Yell, dort ein halber Liter Maaloxan und mittendrin die Fassung der auf dem Boden Liegenden. Der blaue Filz war ruiniert; niemand würde mehr ein Spielchen auf ihm riskieren. Als Jadick ging, sagte er: »Das Universum schuldet mir ’ne ganze Menge, ihr Motherfucker, und ich hab vor, alles zu kassieren!«
2
So ähnlich sieht’s wahrscheinlich im Paradies aus, dachte Shade und rutschte auf seinem Barhocker herum. Jedenfalls wenn das Paradies eine längliche, schmale Kneipe im Norden eines verdrießlichen Städtchens flussabwärts mit vorwiegend weiblicher Kundschaft war, die trank, quatschte, rauchte, sich zur Schau stellte, aber nicht abgeschleppt werden wollte. Hier hörte man selten zweideutige Angebote, und Männer ohne Begleitung wurden geduldet, waren aber nicht sonderlich gern gesehen. Kosmetikerinnen, Sekretärinnen, ein paar Anwältinnen, abgearbeitete Hausfrauen und Prostituierte mit schmerzenden Füßen saßen auf den Polstersesseln und Bambusstühlen an der Wand, die Drinks vor sich auf kleinen weißen Tischen. Viele blätterten in Zeitschriften – Vogue, True Romance, Sports Illustrated und People ‚ –, die aufgestapelt auf einer Ecke der schwarzen Bar lagen. Über der Pyramide aus Weingläsern hinter dem Tresen hing ein Schild: Maggies Keyhole, Ladies welcome.
Aus dem Kassettenrekorder drang Jazz aus romantischeren Tagen und wehte lieblich aus den Lautsprechern unter der Decke. Hochhackige und flache Schuhe, Cowgirlstiefel und Tennisschuhe klopften auf dem polierten Holzfußboden verträumt, aber
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