Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
Vom Netzwerk:
rhythmisch exakt den Takt zu Sidney Bechet oder Johnny Hodges, Fletcher Henderson, The Duke, The Count, The Hawk oder The Prez.
    Shade war einer von nur drei männlichen Kneipengästen. Er wurde aus seinen Beobachtungen gerissen, als die Barkeeperin Nicole Webb ihn ansprach: »Schon was Interessantes gefunden, Rene?«
    »Oh«, sagte Shade strahlend, »ich finde alle hier interessant.«
    »Wirklich?«, sagte Nicole. »Dann such dir mal die aus, die dir gefallen, und ich stell dich ihnen gern vor, du Hengst.«
    »Das ist ein sehr fortschrittlicher Vorschlag«, grinste Shade und drehte sich zu ihr um. »Aber ich warte bloß auf dich, Nic.«
    Nicole ging munter auf die dreißig zu und hatte eine wilde schwarze Mähne, die ihr in Kaskaden über die Schulter fiel und bisher noch von keiner Bürste gebändigt werden konnte. Ihre Augen waren grün und standen weit auseinander in dem schmalen Gesicht mit dem spitzen Kinn, was ihr das listige Aussehen einer Füchsin verlieh. Sie war groß und braungebrannt. Nichts an ihr war schlaff, und jede Bewegung vermittelte geballte Energie. Obwohl Baseball-Saison war, trug sie ein rotes Basketball- T -Shirt mit der Aufschrift Maggies Keyhole Peepers.
    »Warum siehst du dann nicht zwischendurch mal mich an?«, fragte sie.
    Shade klopfte mit dem Finger an sein leeres Glas und zuckte die Achseln. »Wenn du dich öfter bücken würdest …«, antwortete er.
    Nicole richtete sich auf, krümmte den Rücken, streckte theatralisch den Hintern heraus und strich sich mit der Hand über die enge Jeans an ihrer Hüfte.
    »Hübsches Fahrgestell, was, Chef?«
    »Du weißt Bescheid«, meinte Shade. »Privatbesitz.«
    »Komisch«, erwiderte sie, während sie sich wieder aufrichtete und das leere Glas von der Theke nahm. »Culligan sagt das Gleiche. Ihr solltet euch mal kennenlernen.« Sie stellte das Glas ins Spülbecken, trocknete sich die Hände ab und zog ein Kartenspiel hervor. »Ein Spielchen um den nächsten Drink?«
    »Du gibst.« Shade gewann drei Spiele nacheinander und stellte dabei unter Beweis, dass er kürzlich zu Cocktails konvertiert war, indem er statt des üblichen Rums erst einen Manhattan, dann einen Wodka Martini und schließlich einen Sidecar bestellte. »Das ist ’ne Glückssträhne, das hab ich im Urin. Ich weiß nur noch nicht, ob das gut oder schlecht ist.«
    Während Nicole austeilte, kam Maggie Gallant aus dem Hinterzimmer und stellte sich hinter sie. Obwohl Maggie schon über siebzig war, hatten ihre Haare eine so jugendlich dunkle Farbe, dass höchstens eitle alte Damen oder Präsidenten noch versucht hätten, sie als Geschenk der Natur auszugeben. Wie üblich trug Maggie ein bodenlanges schwarzes Outfit, das ihr breites Kreuz und ihre nicht mehr ganz glatten Beine versteckte und ihr eine seriöse Ausstrahlung verlieh.
    »Schätzchen, nimm noch eine«, sagte sie nach einem kurzen Blick auf die Karten zu Nicole.
    »Mit siebzehn Punkten, Mag?«
    Nicole befolgte ihren Rat, und als die Karten auf dem Tisch lagen, stellte sich heraus, dass sie Shades relativ sichere Neunzehn mit einer riskanten Drei übertrumpft hatte.
    »Ha ha«, machte Maggie, ohne wirklich zu lachen. »Versuch das aber nicht mit deinem eigenen Geld, Honey.«
    »Meine Glückssträhne ist wohl vorbei«, konstatierte Shade. »Anscheinend muss ich mir jetzt tatsächlich ein Bier kaufen.« Er legte einen Dollar auf den Tresen, Nicole zapfte ihm eins und schob ihm das Glas hin. »Bois-sec«, sagte er, hob sein Glas und nahm einen kräftigen Schluck.
    Maggie legte einen ihrer Finger mit den spitzen Nägeln auf seinen Unterarm, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. »Hör mal, Herzbube«, sagte sie mit ihrer tiefen, heiseren Stimme, »ich hab gehört, dass du mein Mädchen mit in die Wälder schleppen willst, und dass du sie im Schlamm schlafen lässt, wo sich die Schlangen rumtreiben. Angeblich nennst du so was Urlaub.«
    »Es ist ein Angeltrip, Maggie.«
    »Wenn man angeln geht, muss man dann im Dreck übernachten?«
    »Das gehört dazu.«
    Maggie schüttelte den Kopf und seufzte. Es klang beinahe mitleidig.
    »Ist ja kein Wunder«, sagte sie. »Ihr Cops seid die armseligsten Wichser, die mir je über den Weg gelaufen sind. Jeder kleine Pferderennspieler würde sie wenigstens nach Biloxi Beach mitnehmen und im Motel Six einquartieren.«
    »Stimmt«, meinte Shade. »Und alles mit einer geklauten Kreditkarte bezahlen.«
    »Ach ja? Was für ein Cop bist du denn, dass du nicht mal ein paar Extra-Dollar für ’nen

Weitere Kostenlose Bücher