Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Für jeden gab es einen Viertelbecher, einen Gaumen voll.
    Aus einem billigen Transistor-Radio plärrte eine Stimme. Es stand auf einem leeren Benzinfaß und war auf volle Lautstärke gedreht. Die Stimme des Ansagers war der einzige Laut in der gespensterhaften, durchgluteten Stille.
    »Die Wetteraussichten für Nord-Mexiko, Chihuahua, Ciudad Juárez und amerikanische Grenze: Es bleibt weiterhin sonnig und trocken.«
    So einfach kann man ein Todesurteil aussprechen.
    An diesem Tag erhielt der Landmaschinenhändler Pierre Porelle unverhofften und nicht besonders angenehmen Besuch. Er hatte lange geschlafen, sich gerade sorgfältig rasiert, mit französischem After shave eingerieben und sein schwarzes Haar mit einer Sprühflasche parfümiert, als es an der Tür klingelte. Pierre Porelle warf einen Blick auf die Uhr, die über der Spiegelwand im Badezimmer in die Reliefkacheln aus Italien eingelassen war.
    11.17 Uhr. Wer konnte es wagen, um diese Zeit Porelle zu stören, der gerade die Nacht von El Paso von sich gewaschen und den Duft einer Frau aus seiner Haut entfernt hatte. Jetzt würde ein Frühstück folgen mit frischen Croissons, duftender Butter, Orangenblütenhonig und einem ausgesuchten Käse aus der Normandie, dazu ein Kaffee, schwarz und heiß, die Morgenzeitung und die köstliche Ruhe, die den Genuß des Essens erst vollkommen macht. Wenn ein Franzose speist, hat die Welt stillzustehen. Porelle räusperte sich, bürstete seinen gepflegten Menjoubart, band den Gürtel seines seidenen Morgenmantels zu einer Schleife und ging zur Tür. Draußen stand ein mittelgroßer, schwindsüchtig wirkender, knochiger Mensch in einem Dreißigdollar-Anzug und grinste Porelle unverschämt an.
    »Sie stinken wie ein Puff, PP!« sagte der ungehobelte Kerl, schob Porelle zur Seite und ging in die Wohnung. Im weiträumigen Living-room ließ er sich in die weißlederne Couch fallen und legte die schmutzigen Schuhe auf den spanischen Glastisch. Porelle schloß die Tür, griff in die Tasche des Morgenmantels und schob den Sicherungsflügel seiner Pistole zur Seite.
    »Ich kenne Sie nicht«, sagte Porelle ruhig. »Nehmen Sie Ihre Dreckquanten von meinem Tisch, oder ich schieße Ihnen ein Loch durch die Zehen. Dann können Sie die Beine woanders aufhängen.«
    »Tommy läßt grüßen«, antwortete der Kerl, ohne die Schuhe vom Tisch zu nehmen. Für Pierre Porelle war Tommy ein Begriff. Er verzichtete auf den Beweis, daß ein Landmaschinenhändler aus Sainte Maxime an der französischen Riviera ebenso gut und schnell schießen kann wie ein amerikanischer Profi, aber er behielt doch die Hand am Pistolengriff.
    »Seit wann schickt Tommy solche Flaschen?« fragte er. »Überhaupt – ich kenne keinen Tommy.«
    »Er ist ein Kakteen-Liebhaber. Genügt das?«
    »Ja.« Porelle kam um die Couch herum. Der knochige Kerl zeigte mit ausgestrecktem Arm auf einen gläsernen Schrank. Hinter den Scheiben blitzten Batterien von Flaschen aller Größen und Formen; eine unsichtbare Kühlanlage temperierte sie. »Mann, Sie schlagen jede mittelgroße Bar! Krieg ich einen?«
    »Nein! Ich habe noch nicht gefrühstückt.«
    »Was hat das mit Ihnen zu tun?«
    »Alkohol auf nüchternen Magen ekelt mich an. Schon der Geruch ist widerlich.«
    »Glauben Sie, Ihr Puffgestank ist mir angenehm? Aber gut. Krieg ich eben keinen. Ich habe Sie mir ganz anders vorgestellt, PP.«
    »Auf Ihre Phantasie kann ich verzichten.« Porelle lehnte sich gegen einen altspanischen Kassettenschrank. »Kommen wir zur Sache. Was will Tommy?« Es war eine rein rhetorische Frage, er wußte genau, um was es ging. Eigentlich hatte er auf diesen Besuch längst gewartet. Daß man ihm allerdings ein solches Frettchen schickte, überraschte ihn denn doch.
    »Er läßt Ihnen sagen, daß es so nicht weitergeht.«
    »Das hat er schon am Telefon gesagt. Dazu braucht er keinen Boten.«
    »Außerdem ist er der Ansicht, Sie sollten mich genau ansehen.« Der schwindsüchtige Kerl räkelte sich, pfiff kurz durch die Zähne, und plötzlich lag in seiner Hand ein schöner, brünierter Revolver. Es grenzte an Zauberei.
    Porelle war ehrlich genug, zu sagen: »Alle Achtung! Das war gekonnt. Aber im Ernstfall würden Sie jetzt schon meine schöne Couch beschmutzen, denn ich hätte aus der Tasche geschossen.«
    »Im Ernstfall hätten Sie den Revolver gar nicht wahrgenommen, PP.« Der dürre, wie verhungert wirkende Mensch grinste breit. »Krieg ich jetzt einen?«
    »Für dieses Kunststück – ja.«
    »Einen

Weitere Kostenlose Bücher