Im Tal der bittersüßen Träume
der Kirche …«
»Ich gehe hinaus!« sagte Pater Felix.
»Halt! Sie bleiben hier!« Dr. Högli hielt ihn am Ärmel der weißen Soutane fest. »Welche Dämlichkeit von euch Priestern, immer den Märtyrer zu spielen!«
»Ich sehe nach!« Paddy straffte sich. Seine bullige Gestalt drückte Entschlossenheit aus, aber in den Augen lag, wie bei den anderen, eine erschreckende Hilflosigkeit. »Ich möchte nur eines feststellen: Ich habe ihn nicht herkommen lassen! Ich wollte« – er wandte sich an Felix – »Ihrem Gott das überlassen. Kein Regen, Durst bis zur Verzweiflung … In zehn Tagen hätten sich alle Probleme gelöst. Mein Verbündeter war allein die Sonne.«
»Und jetzt sind Sie, armer Schuft, ein Gefangener wie wir!« sagte Dr. Högli. »Jetzt haben sogar Sie Angst!«
Paddy antwortete nicht. Er drehte sich schroff um und ging durch die Kirche, vorbei an den betenden Indios, hinaus ins Freie. Seine Capatazos, die ebenfalls in den Bänken knieten, senkten die Gesichter tief über ihre gefalteten Hände. Aber Paddy hatte keine Augen mehr für seine Mexikaner, die auf Befehl ein Dorf verdursten ließen, aber dennoch in der Kirche beteten.
Nach wenigen Minuten war Paddy wieder zurück. »Er ist mit meinem Wagen weg!« schrie er. »Hat einen Indio gefischt, ihn geohrfeigt und als Führer mitgenommen. Das fängt ja gut an!«
»Er hat nur ganz harmlos seine Visitenkarte abgegeben!« sagte Dr. Högli. »Was mich erstaunt, Paddy: Auch ein so vollkommener Satan wie Rick Haverston begeht Fehler. Sogar gleich am Anfang. Mit diesen Ohrfeigen hat er ganz Santa Magdalena gegen sich. Ein Weißer schlägt heute keinen Indio mehr.«
»Wahrhaftig!« Pater Felix klatschte in die Hände. »Ich werde gleich von der Kanzel predigen, daß jemand gekommen ist, mich zu töten, und der Doktor wird bei jeder Tablette, die er ausgibt, sagen: ›Das war die letzte, da der fremde Mann mich morgen töten wird!‹ Paddy, geben Sie Rick Haverston noch eine Chance?«
»Kaum!« Paddy zeigte nach oben. »Aber der Sonne! Es bleibt dabei, meine Herren: wir vernichten uns auf natürliche Art!«
Mit großen Augen starrte Mendoza Femola dem wegstampfenden Paddy nach. Irgend etwas hatte er auf der Seele, man sah es am Zucken seines Gesichtes, sein Blick wanderte zu Emanuel Lopez, und da man nicht wie Sergeant und Polizeichef miteinander verkehrte, sondern eher wie zwei ausgekochte Kumpane, deren jeder vom anderen einen ganzen Sack voll Geheimnisse kennt, zwinkerte Lopez seinem Chef zu.
»Können Sie uns segnen, Pater?« fragte Femola stockend.
»Natürlich. Immer! Warum?«
»Wir möchten uns intensiv um diesen Fremden kümmern.«
»Kniet nieder!«
Femola und Lopez knieten, senkten die Köpfe und empfingen den Segen.
Er schien ihnen gut zu tun, denn sie verließen sehr schnell und sehr mutig die Kirche.
»Das ist ein starkes Stück, Felix!« sagte Dr. Högli. Er kam gerade von Tenabo zurück. Sechs Indios trugen ihn zu einem Eselskarren, um ihn ins Hospital zu bringen. Paddy war mit dem schweren Geländewagen Rick Haverston nachgefahren. »Sie segnen zwei Männer, die auf Menschenjagd gehen!«
»Ich weiß.« Pater Felix senkte den Kopf. »Ich schäme mich auch. Aber, verdammt nochmal, ich bin auch nur ein Mensch! Ich habe mir eingeredet, daß Haverston unmöglich ein Geschöpf Gottes sein kann. Beruhigt mich das? Nein! Ich werde es einmal vor Gott verantworten müssen!«
In den Felsenkessel von Santa Magdalena schob sich die Nacht. Die Indios und Capatazos aber blieben in der Kirche. Ein kleiner Trupp Freiwilliger ließ sich vor dem Hospital nieder und entfachte große Feuer, die die Umgebung hell erleuchteten. Irgend jemand mußte in Santa Magdalena den Befehl über die Indios übernommen haben; sie benahmen sich wie geschulte Soldaten und besetzten alle wichtigen Punkte im Talkessel.
Schützt den Doktor und den Padre! Rettet Seele und Gesundheit!
Und das Wasser? O Amigos, das Wasser holen wir uns auch noch!
Geduld, Geduld! Haben wir nicht fünfhundert Jahre gelernt, geduldig zu sein?
Bildet einen Kreis um Kirche und Krankenhaus! Laßt den Padre und den Doktor nie allein!
Um zehn Uhr läutete Pater Felix die Glocke. Man hörte den armseligen Klang durch die klare Nacht bis zur Hacienda. Auch Rick Haverston hörte ihn. Er putzte gerade mit großer Sorgfalt seine Waffen.
Am nächsten Morgen wurde Mendoza Femola gefunden.
Das heißt: Man fand auch Emanuel Lopez, den Sergeanten, nur, im Gegensatz zu seinem Polizeichef, lebte er
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